Das Rascheln von Rosmarin (Historische Romane) (German Edition)
Wildheit, und diesmal war es kein Spiel mehr für ihn. „Ich weiß es nicht! Was bedeutet er Euch denn?“, entgegnete sie ihm, denn jetzt bekam sie es wirklich mit der Angst zu tun. „Ihr tut mir weh, Dirick.“
Mit einem Fluch, als wäre ihm erst da seine Stärke klar geworden, ließ er ihren Arm los. Maris wich zurück und rieb sich die Stelle, wo er sie gepackt hatte, starrte ihn entsetzt an. Was war nur über ihn gekommen?
„Wo habt Ihr diesen Dolch her?“, fragte er noch einmal, beherrscht, aber immer noch wie gebannt von der kleinen Waffe.
„Ich sagte es Euch bereits – er gehörte meinem Papa. Ich fand ihn in einer Truhe, als ich meine Truhen für die Reise zum Hof herrichtete“, erklärte Maris ihm. Sie hatte immer noch Angst vor seinem plötzlichen Ausbruch und schlich sich daher an der Wand entlang, etwas weg von ihm.
„Habt keine Angst, ich werde Euch nichts mehr tun“, sprach er sehr erschöpft zu ihr. Dann schaute er sie wieder mit der gleichen Intensität an. „Wenn ich ihn Euch ersetze, dürfte ich diesen hier dann behalten?“
Sie schüttelte den Kopf. „Nein, um das bittet mich bitte nicht. Er ist eines der wenigen Dinge, die mir von meinem Papa geblieben sind.“ Sie wusste, dass er ihn behalten würde, wenn er es wollte, daher stieß sie einen erleichterten Atemzug aus, als er ihn ihr wieder aushändigte.
„Ich habe Euch niemals mein Beileid zum Tode Eures Vaters ausgesprochen“, sprach Dirick, das Gesicht ganz ernst. „Er war ein guter Mann. Er erinnerte mich an meinen eigenen Vater.“
Maris nickte, denn jäh schnürten ihr Tränen den Hals ab. Sie hatte mittlerweile viel Übung darin, die Tränen der Trauer zu unterdrücken – jetzt, über drei Monate nach Papas Tod... Aber der Schmerz hatte nicht nachgelassen. „Ich vermisse ihn schrecklich“, gestand sie da.
„So wie ich meinen Vater vermisse.“
„Ich wusste nicht, dass auch Ihr Euren Vater verloren habt“, sagte sie. In dem Moment ging ihr auf, wie wenig sie wusste: über seine Familie oder woher er kam. Nur dass der König ihm viel Vertrauen zu schenken schien.
„Ein Messer wie dieses“, sagte Dirick, „dessen Verarbeitung und die Art von Kunsthandwerk ich vorher noch nie gesehen hatte, noch seither sah, hat man am Schauplatz eines Mordes gefunden ... und dieser Schauplatz glich aufs Haar dem, wo man meinen Vater fand.“ In Diricks Augen stand unverhohlen der Schmerz. „Auf Geheiß des Königs bin ich auf der Suche nach dem Mann, der nun schon sieben Menschen getötet hat und drei Orte hinterließ, die von der sinnlosesten Schlächterei in England zeugen.“
„Ich habe nichts von derlei Tötungen gehört“, sagte sie zu ihm.
Er nickte. „Und ich glaube nicht, dass Ihr je etwas anderes hören werdet. Sprecht hiervon zu niemandem, bis der Mann gefunden ist ... ich wünsche nicht, dass er weiß, dass ich ihm auf den Fersen bin. Kommt“, plötzlich war er fast barsch, „ich will Euch zu Euren Gemächern bringen.“
Victors Umhang, der immer noch in einem erbärmlichen Haufen auf dem kalten Boden lag, beachtete Maris gar nicht mehr, als sie sich umdrehte, die Röcke ordnete und ihm gestattete, ohne dass sie dabei ein weiteres Wort gewechselt hätten, sie zu ihren Gemächern zu bringen.
KAPITEL NEUNZEHN
„Lady Maris, Ihre Majestät verlangt Euch zu sehen.“ Ein Page stand an der Tür der Kemenate, wo die Frauen ihren diversen Arbeiten nachgingen. Er machte eine kleine Verbeugung und sagte, „sie bittet darum, dass Ihr Eure Tasche mit den Kräutern und Arzneien mitbringt, denn sie muss Eure Künste als Heilerin in Anspruch nehmen.“
Maris sprang sofort auf und war zwar gleich nervös, dass man ausgerechnet sie darum bat, sich um das leibliche Wohl der Königin zu kümmern, aber auch dankbar, dass sie etwas anderes zu tun bekam, als in einem Zimmer an einer Stickerei zu sitzen, umgeben von lauter schnatternden Frauen. Judith war schlau genug gewesen sich heute von den Näharbeiten zu entschuldigen, um ihrem Falken einen kurzen Jagdausflug zu gönnen, was Maris auf den Gedanken gebracht hatte, ob sie sich vielleicht auch einen Jagdfalken zulegen sollte.
„Bitte teilt Ihrer Majestät mit, dass ich Ihr unverzüglich zu Diensten sein werde“, sagte sie zu dem Pagen.
Er verbeugte sich erneut und blieb an der Tür stehen. „Ich werde Euch zu Ihr bringen, Mylady.“
Mit einem kurzen Lächeln zu den anderen Frauen, die ihrem Gespräch
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