Das Reich des Lichts
und Harmonie leben können.
Ich sitze im Sprechzimmer von Doktor Jean Batiste. Er hat mich herbestellt, um sich meine Verletzung anzusehen.
„Hallo, Doktor Batiste“, begrüße ich ihn, als er die Tür öffnet.
„Hallo, Arturo! Mach’s dir bequem“, fordert er mich auf. „Ich will nur schnell deine Verletzung anschauen. Dein Vater hat mir erzählt, dass du stark geblutet hast … Er behauptet, die Wunde stammt von einem Schwert …“
„Ja, ich habe in der Stiftung ein paar Waffen gereinigt und …“
Er sieht sich die Verletzung aufmerksam an.
„Du siehst ja aus, als wärst du unter die Räder gekommen!“, sagt er schließlich. „Setz dich mal auf die Liege, ich muss mir die Prellungen genauer anschauen. Deine Verletzung ist so gut wie verheilt. Die Adragóns scheinen ja dafür bestimmt, verprügelt zu werden und sich schnell wieder davon zu erholen.“
„Wie meinen Sie das?“
„So, wie ich’s sage. Die Adragóns genesen im Rekordtempo. Schau dir deinen Vater an! Jeder andere wäre ein paar Stockwerke höher eingeliefert worden.“
„Ich glaube immer noch, dass Sie ihn wiederbelebt haben. Ich frage mich, was Sie eigentlich sind: ein hervorragender Arzt, ein Alchemist oder ein Hexenmeister“, sage ich halb im Scherz.
„Wir sind nicht mehr im Mittelalter, Arturo“, erwidert er. „Alchemisten und Hexenmeister sind aus der Mode.“
„Sie wissen genau, was ich meine!“
Er zögert eine Weile, bevor er antwortet.
„Komm mit!“, fordert er mich schließlich auf. „Ich zeig dir was, das wird deine Zweifel beseitigen.“
Wir gehen zum Aufzug. Doktor Batiste drückt auf den Knopf für den Keller.
„Wo bringen Sie mich hin?“, frage ich ihn. „Was wollen Sie mir zeigen?“
„Du sollst dir etwas ansehen, das dir Klarheit verschafft“, antwortet er geheimnisvoll. „Hab Geduld.“
Unten angekommen, gehen wir durch einen langen, schlecht beleuchteten Gang. Schließlich öffnet Batiste mit einem dieser Schlüssel, die nicht mehr hergestellt werden, eine Tür. Über eine Treppe gelangen wir noch ein Stockwerk tiefer, und plötzlich stehen wir vor einer uralten, schweren Holztür.
„Wo sind wir, Doktor?“, frage ich, während ich mit der Hand über die Steinwände streiche. „In den Katakomben?“
„Im Mittelalter!“, sagt er und öffnet die Holztür. „In der Welt, die dich interessiert. In deiner Welt!“
Wir gehen durch einen sehr engen Flur in einen Raum mit dicken Wänden und gewölbter Decke. Alles erinnert an die düsteren Kerker aus dem Mittelalter. An den Wänden stehen Regale, die mit Büchern und Dokumenten vollgestopft sind. Auf mehreren Tischen entdecke ich Reagenzgläser und andere Arbeitsgeräte, wie Wissenschaftler sie verwenden.
„Sieht aus wie ein Laboratorium für Alchemisten!“, rufe ich überrascht aus. „Seit wann gibt es das hier?“
„Seit tausend Jahren. Es ist mein Labor. Hier verbringe ich die meiste Zeit“, erklärt er.
„Im Ernst?“
„Ja, Arturo. Ich arbeite nämlich als Alchemist“, gesteht er. „Natürlich heimlich.“
„Sie haben doch gerade gesagt, dass es keine Alchemisten mehr gibt.“
„Ich habe gesagt, dass sie aus der Mode gekommen sind, nicht, dass es sie nicht mehr gibt. Verstehst du? Hier hast du den Beweis!“
Wände, Möbel und Arbeitsgeräte deuten tatsächlich darauf hin, dass es sich hier um das Laboratorium eines Alchemisten handelt. Alles sieht genau so aus wie in meinen Träumen. Wie bei Arquimaes im Turm von Drácamont!
„Es ist eine Kopie des Laboratoriums von Arquimaes“, sagt er, als hätte er meine Gedanken erraten. „Ich setze seine Arbeit fort. Ich bin sein Nachfolger, eine Art Gehilfe in der Zukunft. Tatsächlich bin ich ein Schüler eines seiner Gehilfen, eines gewissen Rías. Sagt dir der Name was?“
„Ja, natürlich! Aber was genau machen Sie denn nun wirklich?“, frage ich ihn.
„Ich erforsche die Geheimnisse des Lebens und des Todes. Ich fühle mich Arquimaes, Rías und anderen Weisen verpflichtet, die wie sie hart gearbeitet haben, um Unsterblichkeit zu erlangen.“
In dem Labor ist es ungewöhnlich dunkel. Aus irgendeinem Grund fühlt sich Batiste im Dämmerlicht wohl. Mir macht es ein wenig Angst.
„Gibt es hier kein vernünftiges Licht?“, frage ich ihn.
„Helles Licht schadet den chemischen Produkten, die ich für meine Arbeit brauche“, antwortet er. „Ist dir nicht gut, Arturo?“
„Dunkelheit macht mich immer so nervös.“
„Keine Angst, hier gibt es weder Ratten noch
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