Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Ritterdrama von Schreckenstein

Das Ritterdrama von Schreckenstein

Titel: Das Ritterdrama von Schreckenstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Hassencamp
Vom Netzwerk:
ist!“

Das Pfingstkaninchen

    Es kamen noch einmal Ostereier — wie der Rex vermutet hatte. Der offene Brief in der Zeitung hatte das schlechte Gewissen säumiger Eltern wachgerüttelt und sie zu sofortiger Nachlieferung veranlasst.
    „Noch einmal mach ich euch den Osterhasen nicht!“ sagte der Rex.
    „Dann versteckt sie das Pfingstkaninchen!“ alberte Mücke.
    Was er sich darunter vorstellte, war niemand klar. Ihm selber auch nicht. Noch nicht.
    Die Empfänger der verspäteten Pakete hatten deren Inhalt in einen großen Korb zusammengekippt und dabei nachgezählt.
    „Kommen auf jeden fünf Eier, oder besser gesagt, fünf süße Einheiten!“ stellte Fritz fest.
    „Dann verteil sie!“ meinte Strehlau .
    „Das soll das Pfingstkaninchen machen! Vielleicht fällt dem noch was Besseres ein“, erwiderte Pummel.
    Diesem Vorschlag schloss sich die Mehrheit an. Der Appetit auf lächerliche fünf süße Einheiten war nicht mehr so groß, dass es eilte. Die Ritter stellten den Korb in die Speisekammer. Auf diese Weise kam Mücke mit seinem Wortspiel in Zugzwang. Dem Pfingstkaninchen musste etwas einfallen.
    Gewohnheitsmäßig, wie schon oft in ähnlicher Lage, traf sich der Ritterrat spät am Abend in der Folterkammer. Dampfwalze lag wie immer auf der Streckbank, Mücke ließ die Beine vom steinernen Richtertisch baumeln.
    „Nun erzähl uns mal, wie es aussehen soll, dein Pfingstkaninchen!“ witzelte Klaus.
    „Es ist riesig und schmeckt auch so“, erwiderte der schlagfertige Chefredakteur.
    Dass diese Antwort die Grundlage zu einem lustigen Streich bilden sollte, ahnten die Ritter in diesem Augenblick noch nicht. Sie blödelten mehr, als dass sie ernsthaft nachdachten.
    Schließlich waren Ferien, und lächerliche fünf süße Einheiten pro Kopf, nach der gerade erst endgültig verdauten Osterschlemmerei, kein besonders aufregender Anreiz.
    Ideen aber pflegen sich gern dann einzustellen, wenn man nicht nach ihnen sucht. Treibend war hier die ordnende Kraft. Hans-Jürgen, der Dichter, der immer alles aufschrieb, behielt auf Grund seiner Notizen den Überblick und trieb die Unterredung voran. Punkt für Punkt.
    „Wenn es riesig sein und auch so schmecken soll, das Pfingstkaninchen, dann müssen die fünf süßen Einheiten pro Kopf alle drin sein.“
    „Eine gewaltige Kugel oder Riesendampfnudel!“ schwelgte Ottokar.
    „Sag bloß, du kannst kochen!“ nahm Andi ihn hoch. Die Verneinung dieser Frage gab den Ausschlag für den Streich.
    Dampfwalze holte den Nachschlüssel aus seinem Zimmer; durch den Rittersaal schlichen die acht Großen hinüber in Mauersäges Trakt und die Treppe hinauf zu dem Zimmer, das Elfriede derzeit bewohnte. Sie verhielten sich nicht gerade unhörbar, immerhin aber leise genug, um keinen der hier untergebrachten Lehrer zu wecken. Gießkanne schlief direkt daneben.
    Stephan drückte die Klinke, die Tür war abgeschlossen. Ottokar versuchte es mit einem Dietrich. Doch von innen steckte der Schlüssel, ohne den sich das alte Ziehschloss nicht öffnen ließ.
    Dieter trommelte mit den Fingerspitzen gegen die Tür. Nichts rührte sich. Klaus versuchte es mit leisem Klappern der Türklinke. Nichts. Dieter trat mit den Turnschuhen dumpf gegen das Holz. Wieder nichts. Andi leuchtete mit der Taschenlampe durch das ziemlich große Schlüsselloch. Auch nichts.
    „Moment!“ Stephan verschwand. Nach Minuten kam er mit einem Handblasebalg und einer Zigarette zurück. „Aus der Bibliothek!“ flüsterte er.
    Er steckte die Zigarette in die Blechnase des Blasebalgs — die Schreckensteiner rauchten ja bekanntlich auch in den Ferien nicht —, Mücke hielt das Streichholz davor, während Stephan den Balg auseinander zog. Dann nahm Mücke die Zigarette heraus, Stephan steckte die Blechnase in das von Ottokar angeleuchtete Schlüsselloch und drückte den Balg zusammen. Diesen Ablauf wiederholten sie. Vor dem achten Mal sah Hans-Jürgen, dass drinnen Licht eingeschaltet wurde. Jetzt genügte ein Trommeln mit den Fingernägeln, der Schlüssel drehte sich, eine verschlafene, aber keineswegs erschreckte Elfriede öffnete die Tür „Was ist denn?“
    „Wir suchen dringend eine Nachtköchin! Sie bekommt auch morgen frei!“ alberte Mücke und erklärte ihr, worum es ging.
    „Meinetwegen“, antwortete sie. „Weil ihr’s seid! Geht schon vor und heizt den großen Herd an, ich zieh mir nur was über.“
    Zu siebt zogen sie ab. Mücke wartete vor der Tür, um Elfriede hinüberzubegleiten. Vorsichtshalber

Weitere Kostenlose Bücher