Das Rote Palais - Die Totenwächterin / Der Gottvampir / Die Schattenpforte: Special-eBook-Edition Trilogie (German Edition)
Maroteaux-Lamy-Syndrom le i den?“
„Ich würde auf klassische Gargoyles tippen.“
„Gut, danke Leyla. Dann kannst du jetzt Feierabend machen. Grüß Cecilie von mir.“
„Nicht der Rede wert.“ Leyla zog den Plastikoverall aus und knäuelte ihn zu einem kle i nen Bündel, das sie sich unter den Arm klem m te. Sie winkte den Kollegen im Vorbeigehen zu und stapfte über das unebene Gelände der Gleise. Sie erreichte die Rückseite des Hauptbahnhofs, den sie durchqueren musste, um zu ihrem Wagen zu gelangen. Der G e ruch von frisch gebrühtem Kaffee strömte trotz später Stunde aus dem Stehcafé, sodass die wenigen Nachtreisenden jederzeit zu ihrem Muntermacher kamen. Wac h sam betrachtete sie die Gesichter der Menschen, die sich in der Halle aufhielten. Da die Sonne erst vor kurzer Zeit untergegangen war, würde ihr kein Vampir begegnen. Es waren keine Drogensüchtigen oder Obdachlose zu sehen, weil die Sicherheitsvorkehru n gen im Stadtbereich seit der angehenden Gesetzesänderung verstärkt worden waren. Sie nickte zwei Sicherheitsb e amten zu, die den Vorplatz des Bahnhofs und des daneben gelegenen Multiplexkinos A u rodom patrouillierten. Die Nachmittagsvorstellungen in den ersten beiden Etagen des Kinos endeten. In diesen Sälen wurde das aktuelle Kinoprogramm gespielt und vorwiegend von Me n schen besucht. Im oberen Teil des Gebäudes befand sich noch eine Ebene mit speziellen Filmangeboten für Vamp i re. Das Rote Palais.
Die Menschen strömten aus dem erleuchteten Filmpalast. Um diese Uhrzeit handelte es sich um Mütter mit Kindern und Sch ü ler. Nicht wenige trugen ein Kruzifix über ihren Mänteln und Jacken. Kruzifixe verkauften sich gut in den letzten Jahren, obwohl es keinen Beweis gab, dass sie gegen einen Vampirangriff schützten. Der tiefe Glaube daran war in den Köpfen der Menschen vera n kert, wie der hartnäck i ge Erhalt von Ammenmärchen. Ein altes Relikt aus der Zeit der Inquisition im 13. Jahrhundert. Vampire trieben seit Menschengedenken ihr Unwesen auf der Erde, und die Kirche ging seinerzeit ohnehin rigoros gegen Glaubensabtrü n nige vor. Von der Existenz der Untoten fühlte sie sich um ihre unsterbliche Seele betrogen. Sie mus s te nicht mehr beweisen, dass es sich bei Vampiren um Bestien handelte, dafür sorgten diese schon selbst. Die Kirche fand einen Weg, den chris t lichen Glauben als einzig wahren Schutz gegen diese Dämonen zu festigen. Es wurden öffentliche Folterungen veranstaltet, bei denen Vampiren gl ü hende Kruzifixe auf die Haut gebrannt wurden oder siedendes Weihwasser sie verbrannte. Es war nicht ma ß geblich, dass derartige Folterungen auch Menschen trafen, sobald weltliche Machthaber erkannt hatten, dass sich diese Verfahren bestens einse t zen ließen, um politische Interessen zu verfolgen. Tatsächlich hatte es später Fälle gegeben, in denen ein Vampir vor einem Kruzifix zurückg e schreckt war. Das lag daran, dass er das Brandmal eines Kre u zes auf seinem Körper trug und es für die Dauer seines Daseins nicht mehr loswerden würde. Der Glaube an die Schutzfunktion von christlichen Gegenständen war unbeugsam; auch in einem aufg e klärten Zeitalter. Doch Kreuze schadeten niemandem, weder Mensch noch Vampir und die Hersteller erfreuten sich eines bo o menden Geschäftszweiges. Tatsächlich distanzierten sich die Menschen, die sichtbar ein Kreuz trugen, von Vampiren. Eine Form von stillem Protest gegen die geplante Legal i sierung.
Leyla ergriff unwillkürlich die goldene Kette, die um ihren Hals hing. Sie trug das Kruzifix seit ihrer Kommunion. Ihre Großmu t ter hatte darauf bestanden. Aber Cecilie glaubte auch daran, dass es U n glück brachte, wenn eine schwarze Katze ihren Weg kreuzte. Leyla hatte ihren Wagen auf den Parkstreifen vor dem Aurodom abgestellt und ging an dem stuckverzierten Altbau des Bahnhofs vorbei. Abg e stellte Fahrräder lehnten wie vergessen an den alten Mauern. Leyla blieb stehen und blickte auf das Aurodom. Hoch ragte das weitläufige ornamentlose Gebäude aus Spannbeton und Glas auf der anderen Seite des Platzes auf und bildete ein ästhet i sches Gegenstück zu dem alten Hauptbahnhof. Das Kino war seit vielen Jahren inoff i ziell in Vampirhänden. Das Gebäude stand auf dem Fundament uralter K a takomben.
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achdem Leyla ihrer Großmutter ein paar Hörbücher gegen ihre Langewe i le gebracht hatte, sah sie Evelyn von Weitem auf dem Gang des Krankenhauses vor ihrem Büro im Erdgeschoss stehen. Sie trug ihren Arztki
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