Das Salz im See 1: Ein teuflischer Plan (German Edition)
Ihr Wort gehalten haben, werde ich meines einlösen und Sie in den Berg führen. Erst dann! Das ist der Deal!“
Die letzten Worte kamen schärfer herüber, als es Igors Absicht war. Er war über seine plötzliche Emotionalität erschrocken. Zu einer Korrektur war es jedoch zu spät, was gesagt war, stand nun irreversibel im Raum. Damit mußte der Amerikaner leben. Zu seiner Überraschung reagierte dieser äußerst beherrscht, fast einfühlsam. „Ich gab mein Wort, also stehe ich dafür gerade. Fehlt nur das Rezept. Aber ich arbeite daran. Ich schwöre, ich werde es finden!“ Seine Rechte suchte in der untersten Schreibtischschublade nach einer neuen Zigarettenpackung. Den Oberkörper nach unten gebeugt, lugte er über die Schreibtischplatte und lächelte dem Russen zu. „Verlassen Sie sich darauf! Ich hole Ihre Familie ‘raus!“
Saeed schaute auf die Uhr. „Wir müssen los! Igor muß sich auf dem Flughafengelände noch einweisen lassen. Außerdem kriegt er dort seine persönliche Ausstattung. Er fliegt mit einem Montagetrupp zurück; dem muß er, sollte er angesprochen werden, seine Legende verkaufen. Er ist ab sofort der für das Pakistan Steelworks Expansion Project abgestellte Beauftragte der russischen Regierung. In dieser Funktion will vermutlich keiner mit ihm sprechen, also erwarte ich keine Probleme.“
Bassett grinste fast vergnügt. „Muhammad, ich bin stolz auf dich! Das hast du dir prima ausgedacht. Habt Ihr alle Papiere?“ Saeed klopfte mit der Zeitung auf die Mappe in seiner Linken. „Reisepaß, Werksausweis, Tätigkeitsbeschreibung und Autorisierung, unterschrieben von General Suhail, dem Stahlwerkschef höchstpersönlich. Dann noch zweitausend Dollar Startkapital, damit er nach Nowokusnezk fliegen kann, von dort aus beweglich ist und uns nicht verhungert.“
Bassetts Miene verriet seine Anerkennung. Er erhob sich, um sich von Igor zu verabschieden, doch sein Blick wechselte hinüber zu General Saeed. „Kommst du nachher hierher zurück?“
Der General nickte. Er zeigte auf Sander, der die ganze Zeit teilnahmslos auf seinem Besucherstuhl eher gekauert denn gesessen hatte. Ihn schien der Abschied von seinem russischen Leidensgenossen zu betrüben. „Wir haben noch zu besprechen, wie‘s mit dem da weitergeht.“ Sander bemerkte, daß es um ihn ging und schien plötzlich aufzuwachen. Auch er erhob sich. Bassett wollte sie gerade zum Fahrstuhl begleiten, als das Telefon läutete. Er bedeutete ihnen, nicht auf ihn zu warten. Mit einer freundlichen Geste verabschiedete er sich von dem Russen, bevor er das Telefongespräch, knapp, wie gewohnt, eröffnete: „Ich höre ...“ Sie drängten zur Tür.
Die Vorfahrt lag verwaist in der Morgensonne. „Verdammt, der Wagen sollte schon hier sein!“ Saeed schaute auf die Uhr. „Einen Moment! Ich kümmere mich darum. Bleiben Sie hier, ich komme gleich zurück.“ Er machte kehrt und hastete in das Gebäude.
Igor nutzte die Gelegenheit. Er faßte Sander beim Arm. „Horst, ich habe Angst, daß meiner Familie etwas zugestoßen ist. Ich habe ein ungutes Gefühl, das um so schlimmer wird, je näher der Termin des erhofften Wiedersehens rückt. Hoffentlich sehe ich sie überhaupt wieder! Haben sie noch die Wohnung? Die wurde uns vom Staat gestellt. Vermutlich hat man sie dort herausgeworfen, es würde mich nicht wundern. Wie und wo werde ich sie in diesem Fall finden? Wie geht es weiter, falls man mich festnimmt? Kann Bassett überhaupt etwas für mich, für meine Familie tun? Ist der Amerikaner wirklich koscher? Das alles ist mir in den letzten Stunden in den Sinn gekommen. Je näher die Stunde der Rückkehr kommt, desto panischer werden meine Ängste!“
Sander hatte mit zunehmender Beklemmung Igors Gedankenspielen zugehört, beschrieben sie doch nur zu genau, daß sie – wieder einmal – ganz am Anfang eines neuen Kapitels dieses unsäglichen, nie enden wollenden Horrors standen. Nicht sie bestimmten das Geschehen, sondern unbekannte Kräftegruppierungen, deren Absichten nur zu erahnen waren, die Handelnden weder sicht- noch greifbar, unheilvollen Phantomen gleich. Nur eines war gewiß: Ihre Gegner würden vor keiner Untat zurückschrecken! Igor holte ihn aus der Tiefe seiner Gedanken. „Horst, wir bleiben doch in Kontakt? Passiert mir etwas, informierst du dann meine Familie, wofür wir eingetreten sind, so, wie ich deine Familie informieren werde, sollte dir etwas zustoßen? Wie bleiben wir in Verbindung? Du sagtest im Berg, daß du dich in
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