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Das Schapdetten-Virus

Das Schapdetten-Virus

Titel: Das Schapdetten-Virus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juergen Kehrer
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Blessuren nicht zur Anzeige gebracht hatten, handelte es sich um reinen Diebstahl. Normalerweise kein Delikt, das Polizistenärsche auf Trab brachte. War die Epidemie unter den Kapuzinern gefährlicher, als ich bislang angenommen hatte? Konnte die Krankheit möglicherweise auf andere Tiere oder – mir gefror für einen Moment das Blut in den Adern – auf Menschen übertragen werden?
    Kurze Zeit schwankte ich, ob ich Stürzenbecher das Versteck des Veganen Kommandos Münsterland verraten sollte, ließ den Gedanken jedoch wieder fallen. Ich war jetzt fast vierundzwanzig Stunden auf der Flucht. Kein Wunder, dass mein adrenalinübersäuertes Gehirn Horrorvisionen produzierte. Außerdem hatte ich Franka mein Wort gegeben. Und dann gab es noch etwas. Ich wusste nicht, ob die Veganer bewaffnet waren. Falls sie es waren, konnte ein Trupp anrückender Polizisten zu einer Katastrophe führen.
    Nein, ich wollte sie selbst zum Aufgeben überreden. Aber vorher musste ich herausfinden, was der Grund für die ganze Aufregung war. Und ich hatte auch schon eine Idee, wo ich mit der Suche anfangen musste.
     
    Über Bad Iburg und die B 51 fuhr ich nach Münster zurück. In einem Berufsbekleidungsgeschäft an der Hammer Straße verschaffte ich mir einen weißen Kittel und dazu passende weiße Lederlatschen, wie geschaffen für das Schlurfen über lange, linoleumbelegte Flure. Derart verkleidet, sah ich nicht nur völlig unerotisch aus, sondern auch wie jemand, der für sein Leben gern Ratten foltert oder seine Nase in frische Affenleichen steckt.
    Zuerst versuchte ich es beim Veterinärmedizinischen Untersuchungsamt. Vor der Pathologie hielt ich einen jungen, rothaarigen Burschen in Gummistiefeln auf, murmelte etwas von Regierungspräsidium und fragte nach den Kapuzinerkadavern, die vor Kurzem angeliefert worden seien. Er guckte mich schräg an, und ich guckte regierungspräsidial zurück. Ja, da sei mal was mit Affen gewesen, aber die seien an die Uni-Klinik weitergegangen.
    »Warum?«
    »Spezielle Tests, was weiß ich. Fragen Sie doch Doktor Wang, der hat die Untersuchung geleitet.« Er stutzte. »Das heißt, das geht nicht, Doktor Wang ist auf Dienstreise.«
    Ich zog die Mietvereinbarung für den Hymercar aus der Kitteltasche und studierte sie eingehend. »Was für eine Schlamperei! Hier steht nichts von der Uni-Klinik. Wissen Sie, welches Institut der Klinik damit befasst ist?«
    Er zog die Schultern nach oben. »Unsere Verwaltung kann Ihnen sicher weiterhelfen. Soviel ich mitgekriegt habe, ging es um Viren. Doktor Wang vermutete eine virale Infektion.« Er wurde gesprächiger. »Das war eine Aktion, sag ich Ihnen. Zuerst hat Doktor Wang nur eine Probe hingeschickt. Und einen Tag später stehen hier zehn Mann auf der Matte, mit einem riesigen Lkw. In null Komma nix haben die alle Affen eingepackt. So was habe ich noch nicht gesehen.«
    Ich dankte ihm, und er zeigte mir den Weg zur Verwaltung. Um ihn nicht misstrauisch zu machen, blieb ich eine Weile im Treppenhaus stehen und studierte die neuesten Mitteilungen des Personalrates. Es war beruhigen zu erfahren, dass es Probleme gab, von denen ich noch keine Ahnung gehabt hatte.
     
    Am Aasee vorbei fuhr ich über den Kardinal-von-Galen- und den Rishon-Le-Zion-Ring. Die Uni-Klinik war so groß wie ein mittleres Dorf. Im Schatten der beiden runden Bettentürme gab es Dutzende von roten Backsteingebäuden, die Fachkliniken und Institute beherbergten.
    Ich entdeckte ein Institut für Medizinische Mikrobiologie, eins für Molekulare Virologie und eins für Infektiologie. Alle drei sahen nicht nach dem aus, was ich suchte. Außerdem fürchtete ich, dass ich hier mit meiner Regierungspräsidiumsnummer und dem Automietvertrag nicht weiterkommen würde. Ich brauchte eine bessere Legitimation.
    Mein Blick fiel auf die Augenklinik. Sie war etwas größer als die anderen Kliniken. Ein neuer Weißkittel würde nicht besonders auffallen.
    Ich schritt durch das Eingangsportal, trieb mich eine Weile im Laborbereich und der Ambulanz herum, stieg dann die Treppe zu den Stationen hinauf. Nach einer Viertelstunde traf ich auf eine Gruppe von Studenten, für die ein weißhaariger Professor das Zentralgestirn bildete. Jetzt kam alles auf Schnelligkeit und Überraschung an. Mit gesenktem Kopf rannte ich geschäftig auf die Gruppe zu, blieb am Fuß des ersten Studenten hängen, geriet ins Stolpern, hielt mich an zwei oder drei Schultern fest, bis ich schließlich an der Brust des Professors

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