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Das Schapdetten-Virus

Das Schapdetten-Virus

Titel: Das Schapdetten-Virus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juergen Kehrer
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als Thomas, aber der Stress der letzten Tage und die vegane Fastenkur hatten mich mindestens zwei Kilo gekostet. Der Anzug passte wie angegossen.
    Ich hatte meinen Hymercar magic auf einem Aasee-Parkplatz abgestellt, keine zweihundert Meter von Brendas Apartment entfernt. Unterwegs rauchte ich einen Zigarillo und nebelte mich kräftig mit Tabakrauch ein. Ich würde aussehen und stinken wie ein Mann, der seit anderthalb Stunden im Auto gesessen hat.
    Um Punkt halb sieben drückte ich auf ihre Klingel. Vermutlich hatte sie noch geschlafen, denn es dauerte drei Minuten, bis sich die Tür öffnete. Das entsprach genau meinen Vorstellungen. Ich wollte sie im Zustand morgendlicher Benebeltheit erwischen.
    Statt des Aufzugs nahm ich die Treppe. Leicht verschwitzt und atemlos kam ich oben an. Brenda Schulte stand barfuß, nur mit einem grünen Bademantel bekleidet, in der Tür. Ihr dunkelblondes Haar hing ungekämmt herunter. Zum ersten Mal sah ich sie aus der Nähe. Ich schätzte sie auf Mitte bis Ende zwanzig. Sie hatte ein schmales Gesicht mit einem kantigen Kinn, dessen gerade Linie von einem Grübchen unterbrochen wurde. Ihre Augen sahen fast schwarz aus, weil sich die Pupillen stark erweitert hatten. Beim Versuch, mich zu fixieren, verengten sich die Augen zu Schlitzen. Ich nahm an, dass Brenda noch nicht dazu gekommen war, ihre Kontaktlinsen einzusetzen.
    »Entschuldigen Sie den frühen Überfall. Mein Name ist Prokopp, vom Gesundheitsministerium in Düsseldorf.« Ich zeigte ihr kurz den grünen Ausweis eines Großhandels, mit dem man verbilligt einkaufen konnte. »Darf ich eintreten?«
    »Ja … äh …, natürlich.«
    Sie wich zur Seite, und ich stampfte zielstrebig an ihr vorbei. Das Apartment bestand aus drei Räumen, einer Wohnküche, einem Schlafzimmer und einem Badezimmer. Ich blieb in der Mitte der Wohnküche, dem hintersten Raum, stehen und drehte mich um.
    »Sie haben mich geweckt.« Ihre Stimme klang ein bisschen vorwurfsvoll.
    »Kein Problem.« Ich schaute auf meine Armbanduhr. »Ich habe zwar nicht viel Zeit, aber Sie können sich ruhig frisch machen.«
    Sie nickte, als sei das ein faires Angebot. »Möchten Sie einen Kaffee?«
    »Ein Kaffee wäre wundervoll.«
    Ich ließ mich in einen von zwei verchromten Polstersesseln fallen, die mit einem genauso schlicht gearbeiteten Sofa den Wohnteil des Kombi-Zimmers bildeten, und schaute zu, wie sie Kaffeepulver in die Kaffeemaschine schaufelte. Während die Maschine das handelsübliche Blubbern von sich gab, zog sich Brenda für ein paar Minuten in die vorderen Räume zurück.
    Als sie zurückkam, schimmerten ihre Augen grünlich. Sie trug jetzt eine verwaschene Jeans und einen grauen Rollkragenpulli.
    Nachdem sie mich kurz von oben bis unten gemustert hatte, schenkte sie uns zwei Tassen Kaffee ein. »Wieso …«
    »… ich so früh bei Ihnen auftauche?«, führte ich ihre Frage zu Ende. »Das ist ganz einfach. Ich bin dazu verdonnert worden, die Koordinierung zu übernehmen, und hatte keine Zeit, mich in die Materie einzuarbeiten. Selbstverständlich bin ich in groben Zügen informiert. Aber Sie werden verstehen, dass ich nicht belämmert herumstehen oder ständig dumme Fragen stellen möchte. Deshalb dachte ich, Sie könnten mir einen Kurzbericht des Forschungsstandes geben. Sie sind mir als eine sehr begabte und verantwortungsbewusste Wissenschaftlerin geschildert worden.«
    »Danke.« Der Anflug eines Lächelns huschte über ihr Gesicht. »Was wollen Sie genau wissen?«
    Ich nahm einen Schluck Kaffee. »Alles, hätte ich fast gesagt. Schießen Sie einfach los! Ich hake dann an Punkten ein, die mich näher interessieren.«
    Sie überlegte. »Die Kurzversion?«
    »Die Kurzversion ist okay.«
    »Nun, wir sind definitiv sicher, dass es sich um ein Filovirus handelt, das mit Ebola und Marburg verwandt ist. Die gezüchteten Stämme, die wir aus den Affenzellen entwickelt haben, zeigen unter dem Elektronenmikroskop das typische Bild. Allerdings gibt es kleinere Abweichungen.«
    Während sie weiter über DNA, RNA, Proteine, Knoten, Schlaufen, Brezeln und Schäferstäbe redete, wurde mir siedendheiß. Von Filoviren und einer Krankheit namens Marburg hatte ich noch nie etwas gehört, aber über Ebola hatte ich vor Jahren einen Zeitungsartikel gelesen. Das war eine Epidemie, die sich schon ein paar Mal in Zaire oder Kongo ausgebreitet hatte. Soweit ich wusste, eine mit großer Wahrscheinlichkeit tödliche Krankheit, gegen die es kein Gegenmittel gab. Die infizierten

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