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Das scharze Decameron

Das scharze Decameron

Titel: Das scharze Decameron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Frobenius
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deinem Tod kannst du schlafen?« Gossi sagte: »Gewiß. Wie soll ich morgen etwas bestehen können, wenn ich heute nicht schlafe?« Bakari sagte: »Wenn es dir paßt, wollen wir doch jetzt entfliehen. Ich wiederhole: wenn es dir paßt, denn ich habe schon sehr wohl gesehen, daß du deinen Kopf für dich hast.« Gossi sagte: »Ärgere mich nicht! Wie sollen wir wohl fort, da wir doch angeschmiedet sind. Wenn du solchen Unsinn noch einmal sagst, rufe ich den Gefangenenaufseher.« Bakari sagte: »Nun, sei doch nur gut ich meine, wir könnten doch nur ...« Gossi wollte rufen, aber Bakari hielt ihm den Mund zu.
    Es begann ein heftiges Gewitter. Der Sturm jagte starke Staubwolken über die Stadt hin. Bakari sagte nach einer Weile zu Gossi: »Höre, Gossi, wir können so einfach fortkommen. Wir sind ja beide zusammengeschmiedet, aber wir können doch zusammen gehen, wenn wir die Füße vorsichtig setzen. Wir können hier hinüber und können dann über die Mauer. Willst du mich begleiten, daß wir es ansehen?« Gossi sagte: »Es ist gut. Wir wollen gehen.« Beide gingen dahin, wo die Mauer war. Es war ganz dunkel. Aber im Gewittersturm kamen häufig Blitze nieder, die beleuchteten den Weg. Gossi und Bakari gingen Schritt für Schritt langsam zur Mauer.
    Sie kamen an die Mauer. Bakari sagte: »Da brauchen wir nur hinunterzuspringen. Dann sind wir draußen.« Gossi sagte: »Nein, das mache ich nicht. Das Fußeisen können wir nicht zerbrechen. Wenn wir aber hinunterspringen, werden wir die Füße brechen und ewig wird man dann an meinem Fuß die Narbe, die vom Fußeisen kommt, wahrnehmen. Dann werden sich die Fulbefrauen über uns lustig machen. Nein, das will ich nicht. Eher sterbe ich morgen über dem Baschi des Königs.« Das Gewitter brauste über die Mauer hin. Der Donner rollte. Der Regen prasselte zur Erde. Blitze zuckten herunter. Da gab Bakari Gossi einen Stoß. Beide stürzten von der Mauer herab.
    Unten war eine Löwin, die hatte lange Zeit nichts zum Fressen gehabt, so daß ihre Brust leer war. Sie stand unten mit ihren Jungen. Als Bakari und Gossi die Mauer herunterstürzten, fielen sie auf die Jungen und unter dem Aufschlagen der Fußeisen wurden die beiden Jungen getötet. – Die Löwin aber stürzte sich auf Bakari und biß ihm die Kehle durch.
    Die Blitze zuckten vom Himmel herab. Die Löwin hatte sich auf Bakari gestürzt und begann ihn zu fressen. Wenn die Blitze aufleuchteten, wandte sie sich gegen Gossi, der an Bakari angeschmiedet war und zeigte ihm die blutigen Zähne. Gossi schlug ihr alsdann ins Gesicht, so daß sie wieder und immer wieder ihre Zähne in den Leib Bakaris bohrte und ihn zermalmte. Die Blitze zuckten nieder. Gossi schlug die Löwin. Die Löwin fraß Bakari. Gossi lag daneben. Endlich hatte die Löwin die Füße Bakaris durchgebissen. Gossi konnte mit dem Fußeisen aufstehen und gehen. Er gab der Löwin noch einen Schlag, dann machte er sich auf den Heimweg. Er konnte nicht schnell gehen, aber er konnte vorwärtskommen. So kam Gossi heim.
    Das war das dritte Mal, daß Gossi erschrak. Aber außer Allah, der Löwin und ihm selber hatte es niemand gemerkt. Nachher erschrak Gossi nie wieder.
     
    Gossi lebte im Lande Bakunu. Zu Gossis Zeit war Hamadi König der Fulbe von Bakunu. Hamadi hielt in zwei Punkten auf strenge Innehaltung der alten Gebräuche des Landes. Die eine Fürsorge galt einem heiligen Stier. Diesen Stier durfte niemand schlagen oder stoßen, und es stand auf Zuwiderhandlung einfach Todesstrafe. Zum zweiten aber war der König strengstens auf die Respektierung der Frauen seines Hofes und Hauses bedacht. Nicht weniger als siebenhundert Soldaten bewachten ständig die Tore, die zu seinem Häuserviertel führten.
    Zweimal in der Woche, am Montag und am Freitag, wurden die Frauen von den gesamten Soldaten zum Fluß hinabbegleitet. Wenn der Zug kam, mußte jedermann schnell beiseite laufen, und wer es dennoch wagte hinzuschauen oder stehenzubleiben, der war auch der Todesstrafe verfallen. Wer zufällig auf dem Hof des Königs oder sonst wo eine Frau seines Haushaltes sah, der mußte sich abwenden und das Gesicht mit den Händen oder mit dem Mantel bedecken. – Zumal eine seiner Frauen liebte der Herrscher über alle Maßen. Das war Njelle. Der konnte er die Erfüllung keines Wunsches versagen, und sie war Hüterin aller seiner wichtigsten Schätze.
    Es war ein Fulbe, der hieß Bulloballi. Der hatte von Gossis Taten gehört und machte sich auf den Weg, um den Helden persönlich

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