Das scharze Decameron
den Augen in die Stirn schlagen; denn so waren auch die Narben Njelles beschaffen. Dann sagten sie zu Buge Korroba: »Nun haben wir gerecht gestraft; nun gib uns unsere Kühe.« Buge Korroba sagte zu seinem Weib: »Weshalb haben dich die Frauen Kalles erniedrigt?« Njelle sagte: »Die Frauen Kallas haben mich erniedrigt, weil du mich aus Liebe nicht verläßt und immer bei mir bleibst, statt in den Krieg zu ziehen.« Buge Korroba sagte: »Ihr hört, was es gegeben hat. Ich habe eure Kühe. Wenn ihr eure Kühe wiederhaben und morgen Milch trinken wollt, so laßt eure Frauen den Sklaventanz hier aufführen.«
Die Frauen saßen auf ihren Schemeln. Als sie das wieder hörten, streckten sie abweisend und voll Abscheu die rechte Hand hoch, und die linke in die Seite stemmend schrien sie: »Nie!« Nun ist das aber die erste Stellung des Geschlechtertanzes (Die Linke in die Seite, die Rechte hochgehoben!) Buge Korroba lachte und rief: »Ihr sagt: ›Nie!‹ Dabei habt ihr eben schon die erste Stellung eingenommen!« Da mußten alle Leute lachen.
Der Held Gossi
Sahel
Gossi gilt als der tapferste aller Fulbe, die je gelebt haben. Er ertrug jeden Schmerz. Wenn er sich einen Dorn in den Fuß trat, so schmerzte ihn das nicht. Wurde er angerufen, so hörte er das erstemal nie darauf; denn gleich sich umzuwenden ist das Zeichen wenn auch leichten Erschreckens. Auf alles, was hinter ihm vorging, achtete er nicht, und man mußte, wenn man seine Aufmerksamkeit erwecken wollte, an ihm vorübergehen und ihn von vorn anrufen.
Gossi erschrak, seitdem er erwachsen war, nur dreimal. Aber niemand als Gott und er haben wahrgenommen, daß er erschrak.
Eines Tages nach 6 Uhr nachmittags, als es schon dunkel war, riß draußen am Brunnen vor der Stadt die Leine, an der die Kalebasse zum Schöpfen angebunden war, und nun wußten sie nicht, wie sie für den Abend Wasser bekommen sollten. Niemand getraute sich in der Dunkelheit in den Brunnen zu steigen, denn alle Welt wußte, daß da unten im Brunnen eine gefährliche Korongo (eine Schlangenart) hauste. Alle Leute standen um den Brunnen. Es wußte niemand, was zu tun sei.
Gossi kam des Weges. Er sagte: »Was gibt es?« Die Leute sagten: »Wir haben kein Wasser im Dorf, die Leine ist gerissen, die Schöpfkalebasse hinuntergefallen; – man wird warten müssen, bis es Morgen und hell ist, denn jetzt ist es schwarze Nacht, und außerdem ist die Korongo da unten.« Gossi sagte: »Ach was, bindet mir die Leine um den Leib und laßt mich hinab. Ich will die Kalebasse heraufholen.« Einige sagten: »Aber es ist ja dunkle Nacht!« Andere sagten: »Und da unten ist die Korongo!« Gossi sagte: »Ach was! Laßt mich jetzt hinunter.« So ließen sie denn Gossi hinunter in das tiefe Brunnenloch.
Unten hatte die Korongo sich schon behaglich in der Kalebasse eingelagert. Gossi ergriff das Schnurende, zog und suchte sie herauszuschleudern. Es gelang aber nicht. Dreimal versuchte es Gossi und es gelang nicht. Inzwischen war aber das durstige Vieh zum Brunnen gedrängt und wartete auf den Trank. Im tierischen Spiel suchte ein Bulle auf eine Kuh zu springen. In der Dunkelheit nahmen sie das Brunnenloch nicht wahr und so stürzten beide hinein. Sie zwängten sich oben nahe dem Eingang fest und verstopften das Loch vollkommen. Nunmehr saß Gossi ganz fest. An der Schnur war nicht zu ziehen, über sich hatte er den Bullen und die Kuh, unter sich das Wasser und die Schlange, und ringsum war es stockdunkle Nacht. Entsetzt schrien die Leute auf.
Die Leute sagten: »Wir müssen von der Seite her schräg nach unten ein Loch machen und Gossi so das Herauskommen ermöglichen.« Gossi hörte das und rief: »Macht euch nicht diese unnötige Arbeit; denn ich würde nicht herauskommen. Laßt mich nur bis morgen früh hier unten. Dann bei Tageslicht könnt ihr Kuh und Bullen wegziehen und dann ist der gegebene Augenblick. Jetzt gehe ich nicht heraus.« Die Leute sagten: »Wenn Gossi es nicht anders will, können wir nichts tun.«
Am anderen Morgen kamen sie wieder und zogen erst den Ochsen und die Kuh heraus und riefen dann: »Gossi.« Aber Gossi hörte nie darauf, wenn er das erstemal angerufen wurde. Man rief nochmals: »Gossi, lebst du?« Gossi rief: »Ja, ich lebe. Die Schnur ist diese Nacht noch einmal gerissen und ich bin in das Wasser gefallen.« Die Leute banden ein starkes Ende daran, ließen es herunter und riefen: »Schlinge die Schnur jetzt um den Leib und laß dich heraufziehen!« Gossi antwortete: »Nein,
Weitere Kostenlose Bücher