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Das Schicksal der Zwerge

Das Schicksal der Zwerge

Titel: Das Schicksal der Zwerge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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PROLOG
    Das Jenseitige Land, die Schwarze Schlucht, 6491. Sonnenzyklus, Winter.
    Der Geruch von Knochenstaub, eiskaltem Stein und feuchtem Frost lag in der Luft.
    Das Wesen mit den langen, dünnen Armen trat vorsichtig aus dem Schatten des Felsvorsprungs und blinzelte. Zehn Schritte vor ihm erhob sich ein Flimmern und machte die Umgebung jenseits davon undeutlich. Wie immer.
    Das Wesen, das keinen Namen trug, leckte sich mit seiner dünnen grünen Zunge über die hundeartige Schnauze, sodass nadelspitze Zähne zum Vorschein kamen. Dann fuhr es mit zweien seiner insgesamt sechzehn Finger unter die von Schmutz überzogene Rüstung und kratzte sich gähnend über das kurze, dunkle Fell. Es zerrte ein wenig an seiner Rüstung, die im Schritt unangenehm auf sein Gemächt drückte. Erleichtert atmete er auf und gähnte ein weiteres Mal. Von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang musste er auf Befehl des Stärksten Wacht halten und hatte sofort Meldung zu machen, wenn die Luft nicht mehr zitterte und vibrierte. Er mochte seine Aufgabe nicht, weil sie langweilig und undankbar war.
    Nach einer Weile bückte er sich, hob einen gelben Käfer vom Boden auf, der unter einen halb verrotteten Oberschenkelknochen kriechen wollte, und steckte ihn ins Maul. Kauend dachte er einmal mehr, dass niemand unter den Hunderten seinesgleichen sich daran entsann, wann die Luft überhaupt nicht geflimmert hatte.
    Knurrend trat er gegen die schwarze Felswand, schlenderte vorwärts bis zum Rand; in der Rechten hielt er den Griff eines überlangen Schwertes, das achtlos hinter ihm herschleifte. Das von einer rostbraunen Schicht überzogene Metall schabte über den Stein, die Schneide bekam weitere Scharten.
    Er setzte sich neben dem Flimmern auf den Boden, gähnte wieder und warf ein Steinchen. Zischelnd flammte die Luft auf, wurde für einen winzigen Augenblick milchig wie trübes Wasser und ließ das Geschoss nicht weiterfliegen. Das Steinchen prallte ab und landete vor seinen Stiefelspitzen. Er seufzte; dies war ein Ritual, wie es seit er denken konnte stets gleich vonstattenging. Weshalb er Steine schleuderte, lag auf der Hand: Sie vergingen nicht sofort, wenn sie auf das Flimmern trafen.
    Es hatte Zeiten gegeben, da war die unsichtbare Barriere nichts anderes gewesen als eine unzerstörbare Wand. Es war schmerzhaft gewesen, gegen sie anzurennen, aber mehr hatte sich nicht ereignet. Dann plötzlich hatte sie alles vernichtet, was mit ihr in Berührung kam: Mit einem Knistern wurde derjenige, der sie anfasste, mit Feuer überzogen und zu hellem Pulver verbrannt, das der Wind davontrug. Aber seit ungefähr sieben Weltaltern dauerte es sehr lange, bis man durchs Anfassen starb. Wer schnell war und sich rechtzeitig vom Flimmern lösen konnte, kam mit einer Verbrennung davon.
    Auf der anderen Seite erkannte er eine seltsame, aufrecht stehende Konstruktion aus eisernen Ringen, in deren Mittelpunkt es schimmerte, wenn die Sonne hoch am Himmel stand. Von Zeit zu Zeit liefen kleine, dickliche Zweibeiner zu diesem Konstrukt, gingen drumherum und verschwanden wieder. Das hatte er ebenso mit eigenen Augen gesehen wie die mächtigen, hohen Mauern mit den eckigen Türmen, über denen bunte Fahnen wehten, doch das Flimmern verzerrte die Umrisse. Er wusste, dass sie weiter entfernt standen.
    Wenn er sich sehr anstrengte, konnte er Zweibeiner sehen, die auf den Befestigungen hin und her gingen. Sie sahen anders aus als diejenigen, welche zum Konstrukt marschierten und es in Augenschein nahmen. Auch deren Aufgabe war gewiss sehr langweilig bis die Luft irgendwann nicht mehr solche Wellen schlug wie an einem sehr heißen Sommertag.
    Darauf wartete der Stärkste ebenso wie zahllose andere, Große und Kleine, Zweibeinige und Vielbeinige, Kreischgeister, Seelenreißer und der Kordrion! Vor ihm hatte sogar der Stärkste Angst, und deswegen gehorchten alle dem fliegenden Schrecken. Wenn das Flimmern endete, würde sich ihnen ein neues Reich öffnen, hatte ihnen der Stärkste versprochen, mit frischem, leckerem Fleisch und Schätzen für alle. Das hatte schon der Stärkste vor ihm versprochen, und der Stärkste davor,

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