Das Schloß
nur die ganze Pracht herunterwirft und sie sich für immer unerreichbar macht – ich weiß nicht ob es so ist, aber daß es eher so ist, als wie Du es erzählst, das weiß ich gewiß.« »Nun ja«, sagte Pepi, »Du bist verliebt in Frieda, weil sie Dir weggelaufen ist, es ist nicht schwer in sie verliebt zu sein wenn sie weg ist. Aber mag es sein, wie Du willst, und magst Du in allem recht haben, auch darin, daß Du mich lächerlich machst, – was willst Du jetzt tun? Frieda hat Dich verlassen, weder nach meiner Erklärung noch nach Deiner hast Du Hoffnung, daß sie zu Dir zurückkommt und selbst wenn sie kommen sollte, irgendwo mußt Du die Zwischenzeit verbringen, es ist kalt und Du hast weder Arbeit noch Bett, komm zu uns, meine Freundinnen werden Dir gefallen, wir werden es Dir behaglich machen, Du wirst uns bei der Arbeit helfen, die wirklich für Mädchen allein zu schwer ist, wir Mädchen werden nicht auf uns angewiesen sein und in der Nacht nicht mehr Angst leiden. Komm zu uns! Auch meine Freundinnen kennen Frieda, wir werden Dir von ihr Geschichten erzählen, bis Du dessen überdrüssig geworden bist. Komm doch! Auch Bilder von Frieda haben wir und werden sie Dir zeigen. Damals war Frieda noch bescheidener als heute, Du wirst sie kaum wiedererkennen, höchstens an ihren Augen, die schon damals gelauert haben. Nun wirst Du also kommen?« »Ist es denn erlaubt? Gestern gab es doch noch den großen Skandal, weil ich auf Euerem Gang ertappt worden bin.« »Weil Du ertappt wurdest; aber wenn Du bei uns bist, wirst Du nicht ertappt werden. Niemand wird von Dir wissen, nur wir drei. Ah, es wird lustig sein. Schon kommt mir das Leben dort viel erträglicher vor, als vor einem Weilchen noch. Vielleicht verliere ich jetzt gar nicht so viel dadurch, daß ich von hier fort muß. Du, wir haben uns auch zu dritt nicht gelangweilt, man muß sich das bittere Leben versüßen, es wird uns ja schon in der Jugend bitter gemacht, damit sich die Zunge nicht verwöhnt, nun wir drei halten zusammen, wir leben so hübsch, als es dort möglich ist, besonders Henriette wird Dir gefallen, aber auch Emilie, ich habe ihnen schon von Dir erzählt, man hört dort solche Geschichten ungläubig an, als könne außerhalb des Zimmers eigentlich nichts geschehn, warm und eng ist es dort, und wir drücken uns noch eng aneinander, nein, trotzdem wir auf einander angewiesen sind, sind wir einander nicht überdrüssig geworden, im Gegenteil, wenn ich an die Freundinnen denke, ist es mir fast recht, daß ich wieder zurückkomme; warum soll ich es weiterbringen als sie; das war es ja eben, was uns zusammenhielt, daß uns allen drei die Zukunft in gleicher Weise versperrt war und nun bin ich doch durchgebrochen und war von ihnen abgetrennt; freilich ich habe sie nicht vergessen und es war meine nächste Sorge, wie ich etwas für sie tun könnte; meine eigene Stellung war noch unsicher – wie unsicher sie war, wußte ich gar nicht – und schon sprach ich mit dem Wirt über Henriette und Emilie. Hinsichtlich Henriettes war der Wirt nicht ganz unnachgiebig, für Emilie, die viel älter als wir ist, sie ist etwa in Friedas Alter, gab er mir allerdings keine Hoffnung. Aber denk nur, sie wollen ja gar nicht fort, sie wissen, daß es ein elendes Leben ist, das sie dort führen, aber sie haben sich schon gefügt, die guten Seelen, ich glaube, ihre Tränen beim Abschied galten am meisten der Trauer darüber, daß ich das gemeinsame Zimmer verlassen mußte, in die Kälte hinausging – uns scheint dort alles kalt, was außerhalb des Zimmers ist – und in den großen fremden Räumen mit großen fremden Menschen mich herumschlagen müsse zu keinem andern Zweck, als um das Leben zu fristen, was mir doch auch in der gemeinsamen Wirtschaft bisher gelungen war. Sie werden wahrscheinlich gar nicht staunen, wenn ich jetzt zurückkomme und nur um mir nachzugeben, werden sie ein wenig weinen und mein Schicksal beklagen. Aber dann werden sie Dich sehn und merken, daß es doch gut gewesen ist, daß ich fort war. Daß wir jetzt einen Mann als Helfer und Schutz haben, wird sie glücklich machen und geradezu entzückt werden sie darüber sein, daß alles ein Geheimnis bleiben muß und daß wir durch dieses Geheimnis noch enger verbunden sein werden als bisher. Komm, oh bitte, komm zu uns! Es entsteht ja keine Verpflichtung für Dich, Du wirst nicht an unser Zimmer für immer gebunden sein, so wie wir. Wenn es dann Frühjahr wird und Du anderswo ein Unterkommen
Weitere Kostenlose Bücher