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Das Schweigen der Laemmer

Das Schweigen der Laemmer

Titel: Das Schweigen der Laemmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Harris
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Starling klammerte sich an diesen Gedanken, um leichter in dieser immer kleiner werden-den Flugzeugkabine sitzen zu können, den Schoß voller entsetzlicher Informationen. Sie könnte helfen, seinem Tun ein Ende zu setzen. Dann könnten sie diese etwas klebrige Akte mit dem glatten Einband in die Schublade zurücklegen und sie ein für allemal vergessen.
    Sie starrte Crawfords Hinterkopf an. Wenn sie Buffalo Bill erwischen wollte, war sie in der richtigen Gesellschaft. Crawford hatte erfolgreiche Jagden nach drei Serientätern organisiert, allerdings nicht ohne Verluste. Will Graham, der schärfste Spürhund, der je in Crawfords Meute mitrannte, war eine Legende in der Akade- mie; dazu war er jetzt ein Gewohnheitstrinker in Florida mit einem Gesicht, das man sich kaum anschauen konnte, hieß es.
    Vielleicht spürte Crawford, daß sie seinen Hinterkopf anstarrte.
    Er kletterte aus dem Kopilotensitz. Der Pilot betätigte das Trimm-steuer, als Crawford nach hinten zu ihr kam und sich neben ihr anschnallte. Als er seine Sonnenbrille zusammenklappte und seine Zweistärkenbrille aufsetzte, hatte sie das Gefühl, ihn wieder zu kennen.
    Als er von ihrem Gesicht auf den Bericht und wieder zurück blickte, zog etwas hinter seinem Gesic ht vorbei und war rasch verschwunden. Eine ausdrucksvollere Miene als die Crawfords hätte Bedauern ausgedrückt.
    »Mir ist heiß, Ihnen auch?« bemerkte er. »Bobby, es ist verdammt heiß hier drinnen«, rief er dem Piloten zu. Bobby regulierte irgend etwas, und kalte Luft strömte herein. In der feuchten Kabine bildeten sich ein paar Schneeflocken und sanken auf Starlings Haar nieder.
    Dann war Jack Crawford auf der Jagd, und seine Augen leuchteten wie ein Wintertag.
    Er schlug die Akte bei einer Landkarte der mittleren und östlichen Vereinigten Staaten auf. Darauf waren Stellen, an denen man Leichen entdeckt hatte, markiert - verstreute Punkte, so stumm wie Sternbilder.
    Crawford nahm einen Kugelschreiber aus seiner Tasche und zeichnete die neueste Stelle , ihr Ziel, ein.
    »Elk River, etwa sechs Meilen unterhalb der US 79«, sagte er.
    »Bei dieser hier haben wir Glück. Die Leiche hat sich in einer Trottleine verhakt - einer im Fluß ausgelegten langen, straffgezogenen Angelschnur. Sie glauben nicht, daß sie allzulang im Wasser gele -
    gen hat. Sie bringen sie nach Potter, der Kreisstadt. Ich will schnellstens herauskriegen, wer sie ist, damit wir systematisch nach Zeugen der Entführung suchen können. Wir werden die Ab-drücke auf einer Überlandleitung zurückschicken, sobald wir sie bekommen.« Crawford neigte den Kopf, um Starling durch den Unterteil seiner Brille anzusehen. »Jimmy Price sagt, Sie können mit einer Wasserleiche umgehen.«
    »Eigentlich ist mir noch nie eine ganze Wasserleiche untergekommen«, entgegnete Starling. »Ich habe Fingerabdrücke von den Händen abgenommen, die Mr. Price täglich mit der Post bekam, 'ne ganze Menge davon stammten allerdings von Wasserleichen.«
    Diejenigen, die noch nie unter Jimmy Prices Aufsicht gestanden hatten, hielten ihn für einen liebenswerten Brummbär. Wie die meisten Brummbären war er in Wirklichkeit ein ekelhafter alter Mann. Jimmy Price war Supervisor in der Abteilung für latente Fingerabdrücke im FBI-Labor in Washington. Als Studentin der Gerichtsmedizin hatte Starling ihre Praktika bei ihm gemacht.
    »Dieser Jimmy«, sagte Crawford liebevoll. »Wie nennen sie die -
    sen Job doch gleich...«
    »Die Position heißt ›Laborwicht‹, oder einige bevorzugen ›Igor‹
    - das steht auf der Gummischürze gedruckt, die sie einem geben.«
    »Genau.«
    »Sie kriegen gesagt, Sie sollen so tun, als sezierten Sie einen Frosch.«
    »Ich verstehe -«
    »Dann bringen sie einem ein Paket von UPS. Sie gucken alle zu -
    manche kommen eiligst von der Kaffeepause zurück in der Hoffnung, daß man kotzt. Ich bin sehr gut im Abnehmen von Fingerabdrücken von einer Wasserleiche. In der Tat -«
    »Gut, nun schauen Sie sich mal dies an. Sein erstes uns bekanntes Opfer wurde letzten Juni im Blackwater River in Missouri gefunden, außerhalb von Lone Jack. Das Bimmel-Mädchen; zwei Monate vorher hatte man sie am 15. April in Belvedere, Ohio, als vermißt gemeldet. Wir konnten nicht viel über die Sache sagen -
    allein sie zu identifizieren, hat weitere drei Monate gedauert. Die nächste schnappte er sich in der dritten Aprilwoche in Chicago.
    Sie wurde im Geschäftsviertel von Lafayette, Indiana, im Wash-bash entdeckt, und zwar bereits zehn Tage

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