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Das Schwert der Keltin

Das Schwert der Keltin

Titel: Das Schwert der Keltin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manda Scott
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sie an und sah doch nichts, ihr Verstand wie eingefroren im Augenblick der Erkenntnis.
    Irgendjemand - vielleicht Dubornos, falls Dubornos so dünn und schwach sein konnte - sagte schließlich: »Breaca? Er konnte nicht mitkommen. Es war die richtige Entscheidung. Er lebt, und sobald er kann, wird er wieder zu uns zurückkehren. In der Zwischenzeit wird er dir eine Nachricht zukommen lassen. Doch jetzt gibt es da erst einmal jemand anderen, den du wiedertreffen solltest.«
    Die Welt brach zusammen, stürzte in den Wahnsinn hinein. Der Sturm färbte den nachmittäglichen Himmel nahezu schwarz, und nur noch einige wenige Strahlen vermochte die sterbende Sonne unter der drohenden Dunkelheit hindurchzuschicken. Westliche Winde ließen das Meer gegen das Schiff krachen, und das Deck stöhnte, bäumte sich auf, so dass allein das bloße Stehenbleiben schon schwierig genug war. Aber stehen zu bleiben und zu begreifen und zu glauben und dennoch nicht zusammenzubrechen - das war unmöglich. Airmid stützte Breaca, eine Hand eisern um deren Handgelenk geschlungen. Auf Breacas anderer Seite stand Luain mac Calma und stemmte sich gegen ihre Schulter, um sie daran zu hindern, umzufallen. Der Mann, der da gerade gesprochen hatte, war Dubornos. So von Narben übersät, dass er kaum mehr zu erkennen war. Dieser Mann trat nun zur Seite und enthüllte, was er zuvor noch verborgen hatte, Breacas Sicht und dem schwefelgelben Sonnenlicht.
    In diesem Augenblick war Breaca wirklich davon überzeugt, dass sie träumte und Luain mac Calma nun sowohl neben ihr stand als auch auf dem Deck lag, ganz grün und blass vor lauter Übelkeit. Dann sah Breaca noch einmal hin, und plötzlich war es Macha, nur dass sie schlanker geworden war, härtere Züge entwickelt hatte und beinahe bei lebendigem Leibe aufgefressen wurde von dem Zorn, der ihre Seele vergiftete. Als Breaca jedoch ein drittes Mal hinschaute, war es plötzlich keiner der beiden mehr, sondern es starrten ihr Augen entgegen, die förmlich leuchteten vor Wut und Angst und dem verzweifelten, schmerzvollen Wunsch, endlich sterben zu können. Augen, die fast schwarz waren, von der Farbe von Kohlen oder wie die Schwinge einer Krähe oben an ihrem Rücken, wo die Farbe am intensivsten ist...
    » Bán?«
    Eine Welle rollte krachend gegen das Schiff und ließ es erzittern. Salzwasser spritzte über Breacas Gesicht, ihr Haar, ätzte geradezu über ihre Haut. Weiter draußen vor Hibernia schrie eine einzelne Möwe auf, ein Schrei wie von einem Kind oder einer umherwandernden, verlorenen Seele. Keiner der Personen an Deck bewegte sich. Freunde und Fremde warteten, starrten gleichsam aufs Meer hinaus. In der anderen Welt seufzte eine Großmutter auf, oder lachte, oder weinte; sie waren doch alle gleich und alle verloren in einem Sturm.
    Der Mann, der dort auf dem Deck lag, lächelte schwach, ganz so, als ob er über einen Witz lachte, den nur er kannte. Vorsichtig, sorgsam auf die unsichtbaren Verletzungen achtend, stützte er sich auf einen Ellenbogen. Diese Bewegung war ganz bewusst römisch; niemand aus den Stämmen würde sich so aufstützen. »Caradoc hat das Gleiche gesagt; sogar genauso.« Er sprach auf Lateinisch, und auch das geschah mit Vorsatz. Zum ersten Mal suchte er nun mit seinem Blick den ihren und hielt ihm Stand. In seinen Augen funkelten eine düstere Ironie und Wehmut. »Ihr seid euch sehr ähnlich. War es das, was du hören wolltest?«
    Breaca war nun allein, verlassen von allem, was der Welt noch ein wenig Sicherheit verliehen hatte. »Bist du Bán?«, fragte sie noch einmal.
    »Nicht mehr.« Noch immer zeigte sein Gesicht jenes Lächeln, das er bereits schon wieder vergessen zu haben schien. Er schaute hinab auf seine Hände, sah sie sich genau an. »Vielleicht bin ich der einmal gewesen. In letzter Zeit jedoch war ich Julius Valerius, Dekurio der ersten Schwadron der Ersten Thrakischen Kavallerie. Und jetzt bin ich niemand. Und wenn du nach Antworten suchst, dann frag mac Calma. Dies ist sein Werk. Ich bin mir ganz sicher, dass er das alles viel besser versteht, als du oder ich es jemals verstehen könnten.«
    Er bringt uns unsere Brüder. Genau das hatte Graine gesagt, sie, die erst dreieinviertel Jahre alt war, und Breaca hatte es gewagt, davon auszugehen, dass die verschwommenen Träume eines Kindes nicht zwischen der einen Art von Liebe und der anderen unterscheiden könnten. Du darfst ihm nicht böse sein.
    Denk an Bán. Er vereint in sich das Schwarz und das Rot.

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