Das Schwert der Vorsehung
zweifelte nicht daran, dass das die nächste Attacke auf den Saal war.
»Alveaenerle.«
»Schön.« Der Hexer war sich sicher, dass die Serrikanerin das Mündchen spitzen und ihm zuzwinkern würde. Er täuschte sich nicht.
»Vea?«
»Hm?«
»Warum reitet ihr mit Borch? Ihr, die freien Kriegerinnen? Kannst du antworten?«
»Hm.«
»Hm, was?«
»Er ist ...« Mit gerunzelter Stirn suchte die Serrikanerin nach Worten. »Er ist ... der ... Schönste.«
Der Hexer nickte. Die Maßstäbe, nach denen Frauen männliche Attraktivität beurteilten, waren ihm nicht zum ersten Mal ein Rätsel.
Drei Dohlen kam polternd in den Alkoven zurück, wobei er sich noch die Hosen zuknöpfte, und gab dem Wirt laut Bestellungen auf. Tea, die sich zwei Schritte hinter ihm hielt und sich gelangweilt gab, schaute sich in der Schenke um, aber die Kaufleute und Flößer wichen ihrem Blick sorgsam aus. Vea schlürfte den nächsten Krebs aus, wobei sie dem Hexer alle naselang vielsagende Blicke zuwarf.
»Ich hab noch für jeden einen Braten bestellt, diesmal gebacken.« Drei Dohlen setzte sich schwer, und sein offener Gürtel klirrte. »Ich hab mich mit diesen Krebsen abgequält und irgendwie Hunger gekriegt. Und ich hab dir hier ein Nachtlager besorgt, Geralt. Es hat keinen Sinn, dass du dich nachts auf den Weg machst. Wir werden noch Spaß haben. Euer Wohl, Mädchen!«
»Vessekhea!«, sagte Vea und trank ihm zu. Tea blinzelte und reckte sich, wobei ihr attraktiver Busen entgegen Geralts Erwartung das Hemd nicht aufriss.
»Wir werden Spaß haben.« Drei Dohlen lehnte sich über den Tisch und kniff Tea in den Hintern. »Wir werden Spaß haben, Hexer! He, Wirt! Komm her!«
Der Wirt eilte herbei, wobei er sich die Hände an der Schürze abwischte.
»Findet sich bei dir ein Zuber? So für die Wäsche, solide und groß?«
»Wie groß, Herr?«
»Für vier Personen.«
»Für ... vier ...« Dem Wirt blieb der Mund offen stehen.
»Für vier«, bestätigte Drei Dohlen und holte aus der Tasche einen prallen Beutel.
»Findet sich.« Der Wirt leckte sich die Lippen.
»Sehr gut.« Borch lachte. »Lass ihn nach oben tragen, in mein Zimmer, und mit heißem Wasser füllen. Hurtig, mein Lieber. Und lass auch Bier hinauftragen, so drei Krüge.«
Die Serrikanerinnen begannen zu kichern und zu blinzeln.
»Welche möchtest du?«, fragte Drei Dohlen. »Na? Geralt?«
Der Hexer kratzte sich den Nacken.
»Ich weiß, die Wahl fällt schwer«, sagte Drei Dohlen verständnisvoll. »Ich hab selber manchmal Schwierigkeiten. Gut, wir entscheiden uns im Bad. He, Mädchen! Helft mir die Treppe hinauf!«
III
Die Brücke war zu. Den Weg versperrte ein langer, solider Balken auf Holzböcken. Vor ihm und hinter ihm standen Hellebardenträger in nietenbesetzten Lederwämsen und Kapuzen aus Ringgeflecht. Über der Sperre wehte träge eine purpurne Fahne mit dem Zeichen eines silbernen Greifen.
»Was zum Teufel soll das?«, wunderte sich Drei Dohlen, während er im Schritt näher ritt. »Geht’s hier nicht weiter?«
»Habt Ihr einen Geleitbrief?«, fragte der am nächsten Stehende der Soldaten, ohne den Zweig aus dem Mund zu nehmen, auf dem er kaute, sei es vor Hunger oder zum Zeitvertreib.
»Was für einen Geleitbrief? Was gibt es, die Pest? Oder vielleicht Krieg? Auf wessen Befehl sperrt ihr die Straße?«
»König Niedamirs, des Herrn von Caingorn.« Der Wächter schob den Zweig in den anderen Mundwinkel und zeigte auf die Fahne. »Ohne Geleitbrief darf keiner ins Gebirge.«
»So ein Blödsinn«, sagte Geralt mit müder Stimme. »Hier ist schließlich nicht Caingorn, sondern Barfelder Land. Barfeld, nicht Caingorn erhebt den Zoll an den Brücken über die Braa. Was hat Niedamir damit zu schaffen?«
»Was fragt Ihr mich das.« Der Wächter spuckte den Zweig aus. »Geht mich doch nichts an. Ich hab bloß den Geleitbrief zu prüfen. Wenn Ihr wollt, könnt Ihr mit unserem Truppführer sprechen.«
»Und wo ist er?«
»Dort, hinter dem Zollhäuschen, sonnt er sich«, erklärte der Hellebardenträger, wobei er nicht Geralt ansah, sondern die bloßen Schenkel der Serrikanerinnen, die sich lässig über die Sättel streckten.
Hinterm Häuschen des Zöllners saß auf einem Stapel getrockneter Bretter ein Wächter und malte mit dem Schaft der Hellebarde ein Mädchen in den Sand, genauer gesagt, einen Teil von ihr, aus ungewöhnlicher Perspektive gesehen. Neben ihm saß zurückgelehnt, zurückhaltend auf der Laute klimpernd, ein dürrer Mann mit einem über
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