Das Schwert der Wahrheit 9: Die Magie der Erinnerung (German Edition)
Ort jahrtausendelang unberührt geblieben ist, beweist doch, dass sie von der Existenz dieses Verstecks hier unten nichts geahnt haben. Meiner Meinung nach wurden die Schilde zur Abwehr möglicher Invasoren Bandakars angebracht – wie zum Beispiel der Soldaten Jagangs.«
»Ja, ich denke, das klingt durchaus logisch«, murmelte sie, während sie darüber nachsann. »Demnach waren die Schilde einfach eine Vorsichtsmaßnahme – für den eher unwahrscheinlichen Fall, dass das Siegel, das über Bandakar lag, jemals erbrochen würde.«
»Oder aber ein Werk der Prophezeiung«, setzte Nathan hinzu.
Ann sah auf. »Schon möglich.« Um solche Schilde zu überwinden, war ein Zauberer von Nathans Fähigkeiten nötig, denn nicht einmal Ann verfügte über die Kräfte, die man brauchte, um einen solchen Schild zu brechen. Zudem wusste sie, dass es in alten Zeiten angebrachte Schilde gab, die nur mithilfe subtraktiver Magie überwunden werden konnten.
»Möglicherweise war die Unterbringung der Bücher hier, an diesem Ort, nur als sichere Aufbewahrungsart für solch wichtige Werke gedacht – für den Fall, dass anderen Werken dieser Art etwas zustößt.«
»Glaubst du wirklich, dass sich jemand dafür diese Mühe gemacht hätte?«
»Nun, immerhin ist der gesamte Buchbestand des Palasts der Propheten verloren gegangen, oder etwa nicht? Bücher mit Prophezeiungen sind stets gefährdet; einige wurden vernichtet, andere fielen in Feindeshand, wieder andere sind schlicht verschollen. Orte wie dieser dienen als eine Art vorsorgliche Abschrift für diese anderen Werke – insbesondere, wenn die Notwendigkeit solcher Vorkehrungen in den Prophezeiungen vorhergesagt wurde.«
»Du könntest Recht haben, schätze ich. Ich habe von diesen seltenen Funden von Prophezeiungen gehört, die man aus Gründen der Bewahrung, oder um sie vor den Augen Unwissender zu schützen, versteckt hat.« Kopfschüttelnd ließ sie den Blick durch den Raum schweifen. »Trotzdem, von einem Fund von auch nur annähernd diesen Ausmaßen habe ich noch nie gehört.«
Nathan reichte ihr ein Buch, dessen einstmals roter Ledereinband merklich ins Braune verschossen war. Nichtsdestoweniger hatte sein Äußeres, insbesondere die verblassten vergoldeten Rippen des Buchrückens, etwas Vertrautes. Sie klappte den Deckel auf und schlug die erste unbeschriebene Seite um.
»Du liebe Güte«, murmelte Ann versonnen, als sie den Titel las. » Glendhills Theorie der Abweichungen . Welch ein erhebendes Gefühl, es wieder in Händen zu halten.« Sie klappte den Einband zu und presste das Buch an die Brust. »Es ist, als sei ein alter Freund von den Toten wieder auferstanden.«
Das Buch war einer ihrer Lieblingstitel zum Thema gegabelte Prophezeiungen gewesen. Es galt als zentrales Werk, das wertvolle Informationen über Richard enthielt, daher hatte sie sich eingehend damit befasst und während der Jahrhunderte, die sie auf seine Geburt wartete, immer wieder darin nachgeschlagen, sodass sie es praktisch auswendig kannte. Als es zusammen mit allen anderen Büchern aus den Gewölbekellern des Palasts der Propheten hatte vernichtet werden müssen, war sie untröstlich gewesen, denn es enthielt nach wie vor eine Unmenge von Informationen über die Unwägbarkeiten dessen, was noch vor ihnen lag.
Nathan entnahm einem der Stapel einen weiteren Band und fuchtelte damit, eine Braue herausfordernd hochgezogen, vor ihr herum. » Präzessionen und binäre Umkehrungen.«
»Nein!« Sie riss es ihm förmlich aus den Händen. »Das ist völlig ausgeschlossen.«
In keinem Verzeichnis hatte mit Sicherheit nachgewiesen werden können, dass dieses schwer auffindbare Werk je tatsächlich existiert hatte. Jedes Mal, wenn sie auf Reisen war, hatte Ann es auf Nathans Bitten immer wieder höchstselbst aufzuspüren versucht, sie hatte sogar Schwestern, wann immer diese auf Reisen gingen, mit der Suche danach beauftragt. Ab und zu waren Hinweise aufgetaucht, doch am Ende waren alle diese Spuren in eine Sackgasse gemündet.
Sie blickte zu dem groß gewachsenen Propheten auf. »Ist es echt? Es gibt nicht wenige Darstellungen, in denen bestritten wird, dass es jemals existiert hat.«
»In einigen gilt es als verschollen, in anderen wird es als Mythos bezeichnet. Ich habe ein wenig darin gelesen; nach den Ergänzungen zu bestimmten Zweigen von Prophezeiungen zu urteilen, kann es nur echt oder aber eine brillante Fälschung sein. Um das zu entscheiden, müsste ich mich eingehender damit befassen,
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