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Das Sigma-Protokoll

Das Sigma-Protokoll

Titel: Das Sigma-Protokoll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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unter dem lohfarbenen Trenchcoat und rauchte eine Zigarette. Sein Körperbau hatte sich verändert: Um die Schultern war er jetzt breiter. Aber es war Cavanaugh.
    »Wahnsinn«, sagte Ben laut. Er wollte sich gerade in Bewegung setzen, als ihm seine neuen Skier einfielen, die er lieber nicht unbewacht stehen lassen wollte, Portier hin oder her. Er wuchtete sich die Skier über die Schulter und ging auf Jimmy Cavanaugh zu. Sein Haar war nicht mehr ganz so rot, die Stirn war etwas höher, und das früher sommersprossige Gesicht hatte ein paar Falten bekommen. Er trug einen Zweitausend-Dollar-Anzug von Armani. Was zum Teufel hatte er ausgerechnet in Zürich zu tun? Plötzlich trafen sich ihre Blicke.
    Jimmys Mund verzog sich zu einem breiten Grinsen. Er kam mit großen Schritten auf Ben zu. Eine Hand war ausgestreckt, die andere steckte in der Manteltasche.
    »Hartman, du Ratte!«, rief Jimmy ihm aus ein paar Metern Entfernung zu. »Wie geht’s, alter Kumpel?«
    »Ich kann’s einfach nicht glauben!«, schrie Ben. In diesem Augenblick sah er ein Metallrohr, das sich langsam aus Jimmys Manteltasche hob. Ein Schalldämpfer. Die Mündung war aufwärts gerichtet und zeigte aus Hüfthöhe direkt in seine Richtung.
    Das musste irgendeiner von Jimmys abgedrehten Scherzen sein. Doch als Ben zum Spaß beide Arme in die Höhe riss und sich zur Seite wegduckte, um der imaginären Kugel auszuweichen, sah er, wie Jimmy Cavanaugh die rechte Hand ganz leicht bewegte - wie jemand, der den Abzug einer Pistole betätigt...
Obwohl sich das Folgende binnen einer Sekunde abspielte, schien sich die Zeit zu verlangsamen und schließlich fast zum Stillstand zu kommen. Reflexartig riss Ben die Skier von der rechten Schulter, schwang sie nach vorn in Richtung Pistole, erwischte dabei aber mit voller Wucht Jimmys Nacken.
    In der nächsten Sekunde - oder war es noch dieselbe? - hörte er den Knall und spürte, wie sich feine Splitter in seinen Nacken bohrten. Die sehr reale Kugel war einen Meter neben ihm in die Fensterscheibe eines Ladens eingeschlagen.
    Das ist nur ein Traum!
    Jimmy heulte vor Schmerz auf und stürzte zu Boden, wobei er mit einer Hand nach den Skiern griff. Mit einer Hand. Der linken. Ben hatte ein Gefühl im Hals, als hätte er Eis verschluckt. Wenn man stolpert und fällt, will man sich instinktiv irgendwo festhalten: Man sucht mit beiden Händen nach Halt, man lässt die Aktentasche fallen, den Kugelschreiber, die Zeitung. Es gab nur wenige Dinge, die man nicht fallen lassen, die man auch bei einem Sturz fest umklammern würde.
    Die Pistole war echt.
    Ben hörte das Klappern der Skier auf dem Gehweg, sah Blut auf Jimmys Backe, sah, wie er versuchte, wieder auf die Beine zu kommen. Ben taumelte vorwärts und rannte dann, so schnell er konnte, die Bahnhofstraße hinunter.
    Die Pistole war echt. Und Jimmy hatte damit auf ihn geschossen.
    Kauflustige und Geschäftsleute auf dem Weg zum Mittagessen versperrten Ben den Weg. Er rannte mehrere Menschen um, die ihm wütend hinterherschrien. Er rannte im Zickzack durch die Menschenmenge und hoffte so, ein schlechtes Ziel abzugeben.
    Was zum Teufel ging hier vor? Das war doch Wahnsinn, der pure Wahnsinn!
    Dann beging er den Fehler, sich im Laufen umzudrehen. Er lief automatisch langsamer und wandte zudem sein Gesicht wie ein blinkender Leuchtturm seinem Ex-Freund zu, der ihn aus unerfindlichen Gründen töten wollte. Plötzlich zerplatzte nur einen halben Meter neben ihm die Stirn einer jungen Frau in einer roten Wolke.

    Ben starrte die Frau an. Er keuchte.
    Mein Gott! Das passierte nicht wirklich! Das war nicht die Realität! Das musste irgendein kranker Albtraum sein!
    Als er an einem Bürogebäude vorbeilief, riss direkt neben ihm eine Kugel kleine Steinsplitter aus der Marmorfassade. Cavanaugh war wieder auf den Beinen und folgte ihm in etwa fünfzehn Metern Entfernung. Auch wenn Cavanaugh im Laufen schießen musste, so gab Ben dennoch ein beunruhigend gutes Ziel ab.
    Er will mich töten. Nein, er wird mich töten.
    Noch einmal täuschte Ben rechts an, schlug dann einen Linkshaken und erhöhte das Tempo. Er lief jetzt auf Hochtouren. Im Leichtathletikteam von Princeton war er auf die Achthundert-Meter-Strecke spezialisiert gewesen. Jetzt, fünfzehn Jahre später, hatte er nur dann eine Überlebenschance, wenn er irgendeine Kraftquelle in seinem Innern aktivieren konnte. Seine Schuhe waren nicht gerade ideal zum Laufen. Er brauchte eine Richtung, ein klares Ziel, einen Endpunkt: Das

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