Das Sonnentau-Kind
Axels Lieblingspizza bestellt, obwohl es bei Weitem die teuerste war – mit Gambas, Mozzarella und Ruccola –, während sie und Anivia sich auch gern mit einer klassischen Salami e Funghi zufriedengaben.
Im Wohnzimmer hörte man Carlos Santanas Gitarre. Emil schlief schon seit einer Stunde selig. Gott sei Dank, die ersten Zähnchen waren durch.
Es würde ein schöner Abend werden. Ein ruhiger Abend. Ein Bilderbuchfeierabend.
«Tre pizze per le belle donne!» Axel Sanders, offensichtlich in für ihn außergewöhnlich guter Laune, balancierte drei Pappkartons in den Garten. «Ich hab dem italienischen Schönling viel Geld zahlen müssen, damit er euch nicht weiter belästigt. Was bestellt ihr euch auch gleich den Mercedes unter den belegten Teigfladen …»
Wencke konnte die Enttäuschung nicht verbergen. «Och, Axel, das sollte eine Überraschung sein. Und ich wollte die Zeche zahlen. Dass du dich auch immer in meine Angelegenheiten einmischen musst.»
Erst jetzt schien er den gedeckten Tisch und den ganzen anderen Pomp zu bemerken. Seine Gesichtszüge fielen augenblicklich in sich zusammen. «Überraschung?»
Wencke stand auf und stellte sich vor ihn. Er hatte sich chic gemacht. Ob er sich schon im Büro umgezogen hatte? Ein türkis Hemd, eine sandfarbene Hose, dazu passend das Sakko lässig über die Schulter geworfen. Wow! Und er roch gut, ausgesprochen gut. Hatte es nicht etwas mit der Nase zu tun, ob zwei Menschen zusammengehörten oder nicht?
«Ja, Überraschung, Herr Kollege. Wann haben wir das letzte Mal zusammen gegessen? Okay, es ist nicht das Twardokus, dein Lieblingslokal, aber es ist unser Zuhause, oder nicht? Gib zu, es ist hier wunderschön!»
Er blickte sie nur an, wie er sie noch nie angeblickt hatte. Ganz tief in sie hinein. Einmal durch die Augen, durch den Körper, bis es aus den Zehenspitzen wieder herauszukommen schien. «Wunderschön!», bestätigte er.
«Also …» Wencke war verlegen. Das geschah selten. Sie wippte auf und ab wie ein Schulmädchen, das seinem Schwarm begegnete. Was war nur los?
«Aber warum ausgerechnet heute?», fragte Sanders dann.
«Warum nicht? Ist dieser Tag nicht so gut wie jeder andere? Oder muss man sich bei dir vorher schriftlich einen Termin geben lassen?»
«Nein, das nicht, eigentlich …»
«Aber …»
«Aber heute kann ich nicht. Ich bin schon zum Essen verabredet.»
«Ach …»
«Muss gleich los. Kann ich nicht verschieben. Kerstin hat sich für heute Abend extra einen Babysitter genommen.»
«Das ist schade», brachte Wencke nur heraus. Diese dumme Gans von der Spurensicherung. Das war abzusehen. Sie war doch schon immer scharf auf Axel gewesen. Suchte den idealen Ersatzvater, oder was?
«Finde ich auch», sagte Axel und blieb noch einen Moment stehen. Erst nach einem tiefen Seufzen schaffte er die Hundertachtziggraddrehung, verschwand in Richtung Auffahrt und fuhr mit seinen vielen, vielen PS davon.
Danksagung
Für Inspiration, Beratung und Fachwissen danke ich: Anita Krehlikova und Livia Czismarova, Peter Veckenstedt, Mathilde und Thido Heeren, Markus und Sabine Hildebrand, Elfi Perrey, Jürgen Kehrer, Georg Simader und meiner Lektorin Grusche Juncker.
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