Das Spiel Der Götter 13. Im Sturm Des Verderbens
direkt vor seinem Fenster.
Nimander stand auf, ging zur Tür, weiter in den kalten Gang. Spürte Dreck und Staub unter seinen bloßen Füßen, als er die wackeligen Stufen hinunterstieg.
Er verließ das Gebäude, eilte hinaus auf die Straße.
Ja, es war tiefste Nacht, und dies war kein Traum - konnte keiner sein.
Die surrende Kette und das leise Knacken - ganz nah bei ihm - ließen ihn herumwirbeln. Und er sah einen anderen Tiste Andii aus der Düsternis auftauchen. Einen Fremden. Nimander rang nach Luft.
Der Fremde ließ eine Kette um seine erhobene Hand wirbeln, eine Kette, an deren Enden sich Ringe befanden.
»Hallo, Nimander Golit.«
»Wer - wer bist du? Woher kennst du meinen Namen?«
»Ich bin von weither gekommen, zu dieser Insel der Triller - sie sind unsere Verwandten, wusstest du das? Ich nehme an, du hast es gewusst - aber sie können warten, denn sie sind noch nicht bereit und werden vielleicht niemals bereit sein. Schließlich stammt das Blut, das in ihnen kreist, nicht nur von den Andii. Sondern auch von den Edur. Vielleicht sogar von den Liosan, von den Menschen ganz zu schweigen. Es spielt keine Rolle. Lass Zwielicht ihre Insel…« Er lachte leise. »Ihr Insel-Imperium.«
»Was willst du?«
»Dich, Nimander Golit. Dich - und deine Sippe. Geh, hol sie her. Es ist Zeit für uns zu gehen.«
»Was? Wohin?«
»Bist du wirklich noch ein Kind?«, fauchte der Fremde gereizt. Die Ringe klickten, die Kette wickelte sich eng um seinen Zeigefinger. »Ich bin hier, um euch nach Hause zu geleiten, Nimander. Euch Abkömmlinge des Schwarzen Geflügelten Lords.«
»Aber wo ist das - zu Hause?«
»Hör mir zu! Ich bringe euch zu ihm!«
Nimander starrte ihn an, machte dann einen Schritt zurück. »Er will uns nicht …«
»Es spielt keine Rolle, was er will. Es spielt auch keine Rolle, was ich will! Verstehst du es immer noch nicht? Ich bin ihr Herold!« Ihr Herold?
Plötzlich schrie Nimander auf, fiel hart auf die Knie, auf die Pflastersteine, schlug die Hände vors Gesicht. »Dies - dies ist kein Traum?«
Der Fremde grinste spöttisch. »Du kannst deine Alpträume behalten, Nimander. Du kannst bis in alle Ewigkeit auf das Blut an deinen Händen starren, wenn es nach mir geht. Sie war, wie du sagst, wahnsinnig.
Und gefährlich. Ich sage dir etwas: wenn sie noch am Leben gewesen wäre, hätte ich ihren Leichnam heute Nacht hier auf dieser Straße liegen gelassen. Also, genug davon.
Geh, hol deine Sippe her. Schnell, Nimander, so lange diese Insel noch im Griff der Dunkelheit ist.«
Und Nimander stand auf, humpelte in das heruntergekommene Gebäude.
Ihr Herold. Oh, Mutter Dunkel, wirst du unseren Vater herbeirufen, so wie du jetzt uns herbeiruft? Aber warum?
Oh, es muss so sein. Ja. Unsere Verbannung - beim Abgrund hienieden -, unsere Verbannung ist zu Ende!
Während Clip auf der Straße wartete, ließ er seine Kette wirbeln. Ein erbärmlicher Haufen, falls dieser Nimander der Beste von ihnen war. Nun, sie würden genügen müssen, denn er hatte nicht gelogen, als er gesagt hatte, dass die Triller noch nicht bereit wären.
Genau genommen war es das einzige Mal gewesen, dass er in dieser dunkelsten aller Nächte die Wahrheit gesagt hatte.
Und- wie ist es dir in Letheras ergangen, Silchas Ruin? Nicht gut, würde ich wetten.
Du bist nicht wie dein Bruder. Du warst es nie.
Oh, Anomander Rake, wir werden dich finden. Und du wirst uns Rechenschaft ablegen. Nein, nicht einmal ein Gott kann sich so einfach davonmachen, den Folgen entfliehen. Den Folgen des Verrats.
Ja, wir werden dich finden. Und wir werden es dir zeigen. Wir werden dir zeigen, wie es sich anfühlt.
Rud Elalle fand seinen Vater auf einem verwitterten Felsblock am Rand des kleinen Tals unweit des Dorfs sitzen. Er kletterte zu Udinaas hoch, ließ sich neben ihm auf dem von der Sonne erwärmten Stein nieder.
Ein Ranag-Kalb war irgendwie von seiner Mutter getrennt worden - und somit auch von der ganzen Herde - und wanderte jetzt jämmerlich brüllend über den Talgrund.
»Wir könnten einen Braten aus ihm machen«, sagte Rud.
»Das könnten wir«, antwortete Udinaas. »Wenn du kein Herz hast.«
»Wir müssen leben, und um leben zu können, müssen wir essen …«
»Und um leben und essen zu können, müssen wir töten. Ja, ja, Rud, das weiß ich alles.«
»Wie lange wirst du bleiben?«, fragte Rud, und dann blieb ihm die Luft weg. Die Frage war ihm einfach so herausgeplatzt - die Frage, die zu stellen er sich so lange
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