Das Spiel der Götter 14: Die Stadt des blauen Feuers (German Edition)
Blut und die Abfälle von langsam verfaulenden, aber immer noch lebenden Körpern herabregneten. Sie hatte die Kette hinter sich hergezogen und es schließlich auf ein Brett des Fahrgestells geschafft, direkt über der Vorderachse, hatte sich mit angezogenen Beinen hineingequetscht, den Rücken gegen das schmierige Holz gepresst.
Feuer war das Geschenk gewesen, das gestohlene Geschenk, aber in dieser durchnässten Unterwelt konnte es keine Flamme geben. Da das nicht ging, gab es aber immer noch … Reibung. Sie hatte damit angefangen, ein Stück der Kette gegen ein anderes zu reiben.
Wie viele Jahre? Sie hatte keine Ahnung. Es gab keinen Hunger, keinen Durst. Die Kette bewegte sich sägend vor und zurück. Es gab einen Hauch Hitze, der Kettenglied um Kettenglied zu ihrer Hand aufstieg. War das Eisen weicher geworden? War das Metall von neuen, silbernen Rillen gezeichnet? Sie hatte schon lange aufgehört, es zu überprüfen. Die Bemühung allein reichte. So lange Zeit hatte sie gereicht.
Bis zu der Sache mit den verdammten Hunden.
Das und die unbestreitbare Tatsache, dass der Wagen langsamer geworden war – dass mittlerweile genauso viele auf ihm lagen, wie draußen im Zwielicht verzweifelt an ihren Ketten zerrten. Und durch das Wagenbett über ihr konnte sie das erbärmliche Ächzen und Stöhnen derjenigen hören, die unter der Last von zahllosen Körpern gefangen waren.
Die Hunde waren gegen die Seiten des Wagens gekracht. Die Hunde hatten sich in den Rachen aus Dunkelheit in seinem Zentrum gestürzt.
Da war ein Fremder gewesen, ein Fremder, der nicht angekettet war. Er hatte die Hunde verspottet – hatte sie verhöhnt! Sie erinnerte sich an sein Gesicht, oh, ja, sein Gesicht. Selbst nachdem er verschwunden war …
Angespornt von diesen Geschehnissen hatte Apsal’ara natürlich versucht, den Tieren zu folgen, nur um von der enormen Kälte des Portals zurückgetrieben zu werden – einer so gewaltigen Kälte, dass sie Fleisch zerstörte, einer Kälte, die größer war als die von Omtose Phellack. Die Kälte der Negierung. Der Leugnung.
Es gab keinen größeren Fluch als die Hoffnung. Eine geringere Kreatur hätte geweint, hätte aufgegeben, hätte sich unter eines der Räder geworfen, um sich dann hinter dem Wagen herschleifen zu lassen, nichts weiter als ein zusätzliches Stück Strandgut aus zermalmten Knochen und zerfetztem Fleisch, das holpernd und knirschend durch den steinigen Schlamm schleifte. Stattdessen war sie zu ihrer abgelegenen Sitzstange zurückgekehrt und hatte sich wieder daran gemacht, die Ketten zu bearbeiten.
Einst hatte sie den Mond gestohlen. Sie hatte das Feuer gestohlen.
Sie war in Mondbrut durch die schweigenden Hallen mit ihren gewölbten Decken geschlendert.
Sie war die Herrin der Diebe.
Und ein Schwert hatte ihr Leben gestohlen.
Das geht nicht. Das geht gar nicht.
Insekten stiegen summend in die Luft, als der räudige Hund, der auf seinem üblichen Platz lag – einem flachen Felsen neben dem Bach –, den Kopf hob. Einen Augenblick später stand er auf. Sein Rücken war von Narben übersät, von denen einige so tief waren, dass sie die Muskeln verformten. Der Hund lebte in dem Dorf, aber er stammte nicht aus dem Dorf. Und das Tier gehörte auch nicht zur Meute des Dorfes. Es schlief nicht vor dem Eingang zu irgendeiner Hütte; es ließ niemanden an sich herankommen. Selbst die Pferde des Stammes gingen ihm aus dem Weg.
In seinen Augen, darin waren sich alle einig, lag eine tiefe Bitterkeit – und ein noch tieferer Kummer. Er ist von den Göttern berührt, sagten die Ältesten der Uryd, und diese Behauptung sorgte dafür, dass der Hund niemals hungern und niemals davongejagt werden würde. Er würde geduldet werden – wie alles, was von den Göttern berührt worden war.
Trotz seiner kaputten Hüfte trottete der Hund jetzt erstaunlich geschmeidig die Hauptstraße entlang durch das ganze Dorf. Als er das südliche Ende erreichte, trottete er weiter, den Hang hinunter, schlängelte sich zwischen den moosbewachsenen Felsbrocken und den Knochenhaufen hindurch, die die Abfallhalde der Uryd kennzeichneten.
Zwei Mädchen, die noch ein Jahr oder mehr von jener Nacht entfernt waren, die ihren Übergang ins Erwachsenenleben einläuten würde, bemerkten, wie der Hund davontrottete. Ihre Gesichtszüge ähnelten sich, und sie waren beinahe gleich alt, nur wenige Tage nacheinander geboren. Keine der beiden hätte man als gesprächig bezeichnen können. Sie teilten die stumme
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