Das Spiel geht weiter
Sekretärin, was auch immer … sie sagte mir, ich solle einfach hineingehen. Aber ich kann später wiederkommen. Wenn Sie jetzt keine Zeit haben …«
Mac wartete geduldig, bis ihr die Worte ausgingen. Außerdem hatte er so die Möglichkeit, sie genauer zu begutachten. Erstaunlich, was eine anständige Mahlzeit und eine durchgeschlafene Nacht so alles ausmachten. Sie sah weniger zerbrechlich aus und so … so adrett, in schlichter Bluse und Hose, die er von der Boutique am Abend zuvor zu ihrem Zimmer hatte hochschicken lassen. Aber sie war immer noch genauso nervös. »Warum setzen Sie sich nicht?«
»Ja, gut.« Sie verschränkte ihre Finger, rang sie, dann ging sie auf einen Polstersessel aus jagdgrünem Leder zu. »Ich habe mich gefragt … ich dachte … Sagen Sie, liegt hier vielleicht ein Irrtum vor?«
Der große Sessel ließ sie noch kleiner wirken, bei der Farbe dachte er automatisch wieder an Elfen, die auf bunten Pilzschirmen saßen. »Hm? Was denn für ein Irrtum?«
»Mich betreffend. Ich meine … wegen des Geldes. Nachdem ich heute Morgen wieder ein bisschen klarer denken konnte, ging mir auf, dass so etwas normalerweise nicht passiert.«
»Hier schon.« Er lehnte sich mit der Hüfte lässig an die Schreibtischkante. »Sie sind doch schon einundzwanzig, oder?«
»Dreiundzwanzig. Ich werde im September vierundzwanzig. Oh, ich habe vergessen, mich bei Ihnen für die Kleider zu bedanken.« Sie befahl sich, nicht an die Unterwäsche zu denken und erst recht nicht daran, dass er vielleicht daran denken könnte. Trotzdem stieg ihr die Röte in die Wangen.
»Passt alles?«
»Ja.« Das Rot wurde intensiver. Der hübsche champagnerfarbene BH war mit Spitzen eingefasst und genau ihre Größe. Sie wollte nicht spekulieren, woher er diese so genau gewusst hatte. »Perfekt.«
»Wie haben Sie geschlafen?«
»Wie ein Stein.« Jetzt lächelte sie ein bisschen. »Ich glaube, ich habe in letzter Zeit nicht besonders gut geschlafen. Ich bin ans Reisen nicht gewöhnt.«
Da verlief eine kleine Ansammlung von Sommersprossen über ihre vorwitzig aufgebogene Nase, fiel ihm auf, ein viel helleres Gold als das in ihren außergewöhnlichen Augen. Und sie duftete nach Vanille. »Woher kommen Sie?«
»Aus einer kleinen Stadt. Trader’s Corner, in Kansas.«
Mittlerer Westen, dachte Mac. Richtig geschätzt. »Und was machen Sie in Trader’s Corner, Kansas?«
»Ich bin … ich war Bibliothekarin.«
Auch nur knapp daneben. »Wirklich? Warum haben Sie damit aufgehört?«
»Ich bin weggelaufen.« Sie platzte einfach damit heraus, ohne nachzudenken. Aber er hatte ein so wunderbares Lächeln, und er betrachtete sie mit einem Blick, als würde es ihn wirklich interessieren. Irgendwie hatte er sie dazu gebracht, dieses Eingeständnis zu machen.
Jetzt stieß er sich vom Schreibtisch ab und ließ sich auf der Armlehne des Sessels neben dem ihren nieder, sodass ihre Augen auf gleicher Höhe waren. »In was für Schwierigkeiten stecken Sie, Darcy?«, fragte er mit sanfter Stimme, so als wolle er ein verschrecktes Tier beruhigen.
»In keinen. Aber ich hätte welche bekommen, wenn ich geblieben wäre.« Dann riss sie die Augen auf. »Oh, ich habe nichts angestellt. Ich meine, ich bin nicht auf der Flucht vor der Polizei.«
Weil sie so übermäßig nervös war, verkniff er sich das Lachen und sagte ihr auch nicht, dass er sie nicht einmal dazu fähig hielt, im Halteverbot zu parken. »Das hatte ich auch nicht angenommen, aber normalerweise haben die Leute einen Grund, wenn sie von zu Hause weglaufen. Weiß Ihre Familie, wo Sie sich aufhalten?«
»Ich habe keine Familie. Ich habe meine Eltern vor ungefähr einem Jahr verloren.«
»Das tut mir leid.«
»Es war ein Unfall. Ein Brand. Mitten in der Nacht.« Sie machte eine hilflose Geste. »Sie sind nicht aufgewacht.«
»Es ist bestimmt schwer, damit fertig zu werden.«
»Niemand konnte etwas tun. Sie waren tot, das Haus war weg. Alles. Ich war nicht zu Hause. Ich hatte mir erst ein paar Wochen zuvor eine eigene kleine Wohnung genommen. Nur ein paar Wochen …« Zerstreut strich sie sich die ungleichmäßigen Ponyfransen aus der Stirn.
»Und deshalb beschlossen Sie wegzugehen?«
Erst wollte sie einfach zustimmen, die Sache simpel halten. Aber das wäre nicht die Wahrheit, und außerdem war sie eine miserable Lügnerin. »Nein. Nicht direkt. Obwohl es wohl damit zu tun hat. Ich habe vor ein paar Wochen meine Stellung verloren.« Die Demütigung tat heute noch weh. »Ich hätte
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