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Das Sterneninferno

Das Sterneninferno

Titel: Das Sterneninferno Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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gelöst, hingen in einem Gewirr aus Trägerholmen und Spannseilen. Ein paar Lichter leuchteten noch, wo einige der Konsolen wie durch ein Wunder nicht von der Notstromversorgung getrennt worden waren. Eine dunkelblaue, dünne Flüssigkeit schwappte zwischen den Trümmerstücken, und Dampfschwaden zogen sich nach oben. Sie wollte gar nicht wissen, welche bizarre Substanz so lange brauchte, um sich ins Vakuum zu verflüchtigen. Ein paar Kanister schwammen in der seltsamen Brühe. Auf der anderen Seite erkannte sie undeutliche Bewegungen. »Was ist mit den anderen?« fragte sie. »Dubois und Harris sind drüben, bei Steiner und Estevez«, antwortete Skudder. »Die anderen beiden Soldaten sind unter einem Maschinenteil begraben worden.« Er sagte nichts weiter. »Keine Hoffnung mehr.« Ein bitterer Geschmack lag auf ihrer Zunge. In letzter Zeit war es zu einer schlechten Gewohnheit geworden, daß sie ihre Begleiter überlebte. »Was ist mit Bender?« Skudder schüttelte stumm den Kopf. Sie erinnerte sich daran, wie der Mann die Gurte abgeworfen hatte, unmittelbar vor dem Aufprall, und unterdrückte einen Anfall von Übelkeit. »Verdammter Mist.« »Henderson ist draußen«, sagte Skudder in dem Bemühen, sie aufzumuntern. »Dieser Tolpatsch hat es ohne einen Kratzer überstanden.« »Dann wollen wir hoffen, daß er sich nicht verläuft«, sagte sie. Mühsam rappelte sie sich hoch. Er mußte sie stützen, damit sie nicht das Gleichgewicht verlor. Trotz der geringen Schwerkraft schien es ihr im ersten Moment, als würde ein Tonnengewicht auf ihren Schultern lasten. »Wir sind unten«, sagte sie dann. »Ich glaube nicht, daß wir noch weiter runter kommen könnten.« Später einmal sollte sie sich für diese voreilige Bemerkung selbst verfluchen. »Ich will hoffen, daß es für diese endlose Katastrophe wenigstens einen guten Anlaß gibt.« »Wir sind am Rand von Grube I runtergekommen«, sagte Skudder. »Bisher ist alles ruhig geblieben. Es sieht ganz danach aus, als wenn hier draußen niemand wäre.« »Wie weit sind wir vom Massetreiber entfernt?« »Zwanzig, dreißig Kilometer«, antwortete er. »Henderson behauptet, daß er die Leitungstürme sehen kann. Warum?« »Die Magnetschienen können Schlitten für Container transportieren, aber auch kleine Personenwagen. Falls die Moroni uns einsammeln wollen, dann werden sie wohl von dort kommen.« Sie humpelte versuchsweise einen Schritt weit. »Und wenn wir uns verdrücken wollen, haben wir dort die besten Chancen. Oder auf einem der Transportbänder, wenn eins in der Nähe ist.« Skudder half ihr über den Berg aus Trümmern. Der kleine blaue Teich war inzwischen fast ganz verschwunden. Irgendwo in der Dunkelheit sah sie winzige, weiße Lichter, und es dauerte einen Moment, ehe sie die Umrisse des riesigen, langgezogenen Lochs in der Hülle erfaßte, das den Blick auf den Sternenhimmel freigab. Sie hatte den Anblick des Sternhimmels immer geliebt. Tatsächlich war es dieser Anblick gewesen, der ihr auf der Universität und später auf der Militärakademie in den harten Zeiten die Kraft gegeben hatte, durchzuhalten und weiterzumachen. Jetzt, als sie in einem Wrack über die zertrümmerten Überreste von Maschinen, Gerät und vielleicht auch Menschen humpelte, begann sie den Anblick zu hassen. Ein Lichtkegel streifte sie. »Da sind Sie ja«, sagte Dubois. Sie hockte zwischen den beiden auseinanderklaffenden Hälften eines Maschinenblocks, dessen Zweck jetzt noch weniger zu erkennen war als vorher. Esteban, eine schlanke, hochgewachsene Frau, deren aufrechte und beinahe steife Haltung auch im unförmigen Druckanzug noch zu erkennen war, nickte ihr wortlos zu. Sie hatte irgendwo einen Schneidlaser gefunden und hantierte damit zwischen einem wirren Drahtspaghetti, das Charity schließlich als die Überbleibsel des Zentralachsen-Kabelschachts erkennen konnte. Der im Vakuum unsichtbare Laserstrahl zerschnitt ein Bündel von Leitungen, und irgendwo über ihr erloschen die letzten Lichter an einer der verbeulten Konsolen. »Wir haben Daniela gefunden«, sagte Dubois. »Nichts mehr zu machen.« »Und Cortez?« fragte Charity ohne rechte Hoffnung. »Da unten«, sagte die Estevez und deutete vielsagend auf einen Fetzen von einer Druckkombination, der anderthalb Meter tief zwischen den Trümmern begraben lag, ein schwacher roter Schimmer im Scheinwerferlicht. »Irgendeine Chance, ihn da raus zu holen?« Dubois schüttelte stumm den Kopf. Im seltsamen Halblicht

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