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Das Testament der Götter

Das Testament der Götter

Titel: Das Testament der Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Jacq
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weder Zorn noch Tränen noch Verführung konnten ihn in die Irre führen. Er hörte zu, erforschte, suchte und faßte seinen Gedanken erst zum Ende langer und geduldiger Ermittlungen in Worte. Im Dorf verwunderte man sich manchmal angesichts solcher Strenge, doch man beglückwünschte sich zu seiner Liebe zur Wahrheit und seinem Geschick, Streitfälle beizulegen. Viele fürchteten ihn, wußten sie doch, daß er Halbheiten ausschloß und sich zur Nachsicht wenig geneigt zeigte; doch keine seiner Entscheidungen war bisher in Frage gestellt worden. Zu Pasers Rechten und Linken saßen die Geschworenen, acht an der Zahl: der Bürgermeister, seine Gemahlin, zwei Landwirte, zwei Handwerker, eine betagte Witwe und der Vorsteher der Bewässerungen. Alle hatten die Fünfzig überschritten. Der Richter eröffnete die Versammlung, indem er Maat anrief, die Göttin, die die Weltordnung {8} verkörperte, nach der das Rechtswesen der Menschen sich zu richten versuchen mußte; dann brachte er die Anklageschrift gegen die junge Frau zur Verlesung, welche der Büttel dem hohen Gericht gegenüber mit entschiedener Hand festhielt. Eine ihrer Freundinnen bezichtigte sie, einen Spaten gestohlen zu haben, der ihrem Gatten gehört habe. Paser bat die Klägerin, ihre Anschuldigung mit lauter Stimme zu bestätigen, und forderte die Beklagte auf, ihre Verteidigung vorzutragen. Die erste äußerte sich mit Mäßigung, die zweite stritt heftig ab. Gemäß dem seit dem Anbeginn in Kraft befindlichen Gesetz stellte sich kein Fürsprecher zwischen den Richter und die von einer Verhandlung unmittelbar Betroffenen. Paser befahl der Beklagten, sich zu beruhigen. Die Klägerin bat ums Wort, um sich über die Nachlässigkeit der Gerichtsbehörden zu verwundern; hatte sie den Sachverhalt nicht bereits einen Monat zuvor dem Schreiber, der Paser beisaß, geschildert, ohne indes die Einberufung des Gerichts zu erwirken? Sie war gezwungen gewesen, ein zweites Gesuch einzureichen. Die Diebin hätte somit genügend Zeit gehabt, das Beweisstück verschwinden zu lassen. »Gibt es einen Zeugen für diesen Vorwurf?«
    »Mich selbst«, antwortete die Klägerin. »Wo ist der Spaten versteckt worden?«
    »Bei der Beschuldigten.«
    Mit einem Ungestüm, das den Richter beeindruckte, stritt letztere erneut alles ab. Ihre Aufrichtigkeit schien offenkundig.
    »Nehmen wir auf der Stelle eine Durchsuchung vor«, verlangte Paser.
    Ein Richter mußte sich zum Ermittler wandeln, die Behauptungen und die Hinweise an den Tatorten in eigener Person nachprüfen.
    »Ihr habt nicht das Recht, mein Haus zu betreten«, schrie die Beklagte auf.
    »Gesteht Ihr?«
    »Nein! Ich bin unschuldig!«
    »Vor diesem Gericht zu lügen, ist ein schlimmes Vergehen.«
    »Sie ist es, die gelogen hat!«
    »In diesem Fall wird ihre Strafe streng ausfallen. Bekräftigt Ihr Eure Anschuldigungen?« fragte Paser, wobei er der Klägerin fest in die Augen schaute.
    Sie bejahte.
    Vom Büttel geführt, begab sich das Gericht vor Ort. Der Richter nahm höchstselbst die Hausdurchsuchung vor. Er entdeckte den Spaten im Keller, in Lappen eingewickelt und hinter irdenen Ölkrügen verborgen. Die Schuldige brach zusammen. Dem Gesetz gemäß verurteilten sie die Geschworenen dazu, der Geschädigten das Zweifache ihres Diebesguts, also zwei neue Spaten, zu entrichten. Darüber hinaus war die Lüge unter Eid mit lebenslanger Zwangsarbeit zu ahnden, der Höchststrafe bei einer Strafsache. Die Frau würde gezwungen sein, viele Jahre ohne eigenen Gewinn auf den Feldern des örtlichen Tempels zu arbeiten.
    Bevor er die Geschworenen entließ, die es eilig hatten, wieder ihren Tätigkeiten nachzugehen, fällte Paser einen unerwarteten Spruch: Fünf Stockschläge für den beisitzenden Schreiber, der schuldig war, eine Gerichtssache verschleppt zu haben. Da den Weisen zufolge das Ohr des Menschen auf dessen Rücken saß, würde er der Stimme des Stocks lauschen und sich in Zukunft weniger nachlässig zeigen. »Würde der Richter mir Gehör schenken?« Stutzig wandte Paser sich um. Diese Stimme … War es möglich? »Ihr!« Branir und Paser umarmten sich herzlich.
    »Ihr, hier im Dorf!«
    »Eine Rückkehr zu den Ursprüngen.«
    »Treten wir unter die Sykomore.« Die beiden Männer ließen sich auf zwei tiefen Sitzen unter der großen Sykomore nieder, wo die angesehenen Einwohner üblicherweise den Schatten genossen. An einem der Hauptäste war ein Schlauch voll kühlen Wassers aufgehängt. »Entsinnst du dich, Paser? Genau hier

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