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Das Testament eines Excentrischen

Das Testament eines Excentrischen

Titel: Das Testament eines Excentrischen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Gefangenen vor Wuth schäumten, läßt sich gar nicht beschreiben. Uebrigens fanden sie nie Gelegenheit, Inglis wieder zu sehen; dieser hielt sich ohne Zweifel discret zur Seite, um nicht den Schein einer Erpressung gegen seine Gäste aufkommen zu lassen.
    Endlich verzeichneten die Kalender der Union den 1. Mai. Morgen, noch am Vormittage, sollte sich der dritte Partner in Person im Telegraphenamte der Great Salt Lake City melden. Verfehlte er diesen Zeitpunkt, so verlor er alles Recht auf Fortsetzung der Partie, die sich für die blaue Flagge schon bisher so unheilvoll erwiesen hatte.
    Doch nein!… Titbury wollte nicht nachgeben, heute und niemals! Bei der nur noch kurz bemessenen Frist ging Frau Titbury aber mit aller Kraft daran, ihren Willen durchzusetzen. Sie hätte es auch gethan, wenn die Laune der Würfel ihren Gatten in das Gasthaus, das Labyrinth, den Schacht oder ins Gefängniß verwiesen hätte, wo doppelte und dreifache Einsätze zu erlegen waren. Nun, heute lag die Sache ganz ähnlich, und wenn es recht gut ist, sein Geld zu behalten, so ist es doch wohl noch besser, sein Leben zu behalten… und jetzt waren beide auf Gnade oder Ungnade in der Gewalt dieser Schurken. Kurz, hier hieß es: zahlen!
    Titbury widerstrebte, in der Hoffnung auf eine unvorhergesehene Hilfe, die freilich ausblieb, noch bis sieben Uhr des Abends.
    Genau halb acht Uhr lieh sich Herr Inglis, liebenswürdig und höflich wie immer, anmelden.
    »Morgen ist der große Tag, begann er. Es wäre gut, verehrter Herr, wenn Sie sich noch heut Abend nach Great Salt Lake City begäben…
    – Wer anders hindert mich daran als Sie? rief dem Ersticken nahe Herr Titbury.
    – Ich? antwortete Herr Inglis immer lächelnd. Sie brauchen sich ja nur zu entschließen, Ihre Rechnung zu begleichen…
    – Hier!« sagte Frau Titbury, während sie Herrn Inglis ein Bündel Banknoten hinhielt, das ihr Gatte ihr übergeben hatte.
    Herr Titbury wäre bald gestorben, als er sah, wie der Schurke das Bündel ergriff und es gemächlich durchzählte. Keines Wortes war er mächtig, als der Räuber dann sagte:
     

    … die östliche Verzweigung der Colloradokette, schöner als die europäische Schweiz… (S. 287.)
     
    »Es ist wohl unnöthig, daß ich Ihnen eine Quittung hierüber ausstelle, nicht wahr?… Doch seien Sie unbesorgt, ich werde Ihnen die Summe gutschreiben. Und jetzt hab’ ich Ihnen mit einem freundschaftlichen Guten Abend nur noch zu wünschen, daß Sie die Millionen des Match Hypperbone gewinnen!«
    Die Thür stand offen, und ohne sich weiter aufzuhalten, stürmte das Ehepaar hinaus.
    Schon war es fast Nacht und nicht einmal die nächste Umgebung zu erkennen, so daß es kaum möglich war, der Polizei den Schauplatz dieses tragikomischen Auftrittes zu beschreiben. Vor allem galt es jetzt aber, schnellstens nach Great Salt Lake City zu kommen, dessen Lichter man in der Entfernung von drei Meilen (5 Kilometer) den Crescent River stromaufwärts schimmern sah. Herr und Frau Titbury erreichten denn auch nach einer Stunde das Neue Zion, wo sie in dem ersten Hôtel, auf das sie trafen, abstiegen. So theuer wie im Cheap Hotel konnte es hier gewiß nicht sein!
    Am nächsten Tage, dem 2. Juni, begab sich Hermann Titbury nach dem Bureau des Sherifs, um seine Klage anzubringen und um die Verfolgung des Robert Inglis anzusuchen. Vielleicht gelang es jetzt noch, diesem die dreitausend Dollars wieder abzunehmen.
    Der Sherif – ein recht intelligenter Beamter – hörte aufmerksam die Mittheilungen des Bestohlenen über den Dieb an. Leider konnte Herr Titbury über das »Gasthaus« nur sehr unbestimmte Angaben machen. Er war des Abends dahin geführt worden… des Abends auch von dort fortgegangen. Als er vom Chape Hotel des Crescent River sprach, antwortete ihm der Sherif, daß er ein Gasthaus dieses Namens nicht kenne und daß es einen Crescent River im Lande überhaupt nicht gebe. Es werde also schwierig sein, sich des Uebelthäters zu bemächtigen, zumal da dieser sammt seinen Helfershelfern inzwischen schon entflohen sein dürfte. Selbst wenn man den Burschen eine ganze Compagnie Geheimpolizisten in das berg-und walderfüllte Land nachschicken wollte, würde das sicherlich fruchtlos sein.
    »Sie sagten, Herr Titbury, fragte der Sherif, jener Mann heiße…?
    – Inglis… der elende Wicht… Robert Inglis…
    – Ja, ja, das ist der Name, den er Ihnen genannt hat; in Anbetracht aller Umstände zweifle ich aber nicht, daß es sich um den berüchtigten Bill

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