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Das Testament eines Excentrischen

Das Testament eines Excentrischen

Titel: Das Testament eines Excentrischen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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wo diese geraden Weges herkamen. Doch es fehlte hier nicht allein an Theilnahme für sie, sondern auch an Vertrauen. Wer hätte je etwas auf Leute zu setzen gewagt, denen so unangenehme Dinge begegneten, auf Stiefkinder des Glücks, die nach zwei »Ziehungen« immer erst nach dem vierten Felde gelangt waren… auf solche Nachzügler, gegen die ihre Mitbewerber einen so großen Vorsprung hatten? Nicht fünfzig gegen eins wollten die Leute auf sie zu wetten wagen.
    Hatten sich auch einige Personen im Vorraum des Postamtes eingefunden, als das Pärchen hier erschien, so waren das doch nur Neugierige, eigentlich mehr Spottvögel, die den »guten Letzten« – so nannte man den unglücklichen Titbury – im stillen auslachen wollten.
     

    Philadelphia – Die Universität.
     
    Sticheleien prallten an diesem jedoch ebenso ab, wie an seiner Gattin. Ihnen verschlug es wenig, ob sie von den Agenten hoch taxiert wurden oder nicht; wer weiß denn, vielleicht stiegen sie durch einen besonders glücklichen Wurf doch plötzlich noch im Curse. Bei Betrachtung seiner Landkarte hatte Titbury ausgerechnet, daß sie, wenn die Würfel etwa zehn Augen ergäben – eine Zahl, die, weil er mit dem vierzehnten Felde nach Chicago käme, verdoppelt werden mußte – mit einem Sprunge nach Michigan, dem Nachbarstaate von Illinois, kämen. Das wäre zweifellos der glücklichste Wurf, den sie sich nur wünschen konnten… doch würde dieser auch erfolgen?
    Mit automatischer Regelmäßigkeit rollte um neun Uhr siebenundvierzig der Depeschenstreifen aus dem Apparate ab.
    Er brachte eine verderbliche Nachricht.
    Wie wir wissen, hatte Max Real heute, am 2. Juni, wo er bei seiner Mutter in Chicago weilte, den Ausfall des Würfelns erfahren, ebenso wie ihm einige Tage darauf die Anzahl der Augen bekannt werden mußte, die Harris T. Kymbale nach Norddakota, Lissy Wag nach Missouri und den Commodore Urrican nach Wisconsin hin wies.
    So beklagenswerth der letzte Wurf für Titbury indeß auch war, so war er doch nicht weniger merkwürdig, und es mußte einer ein Pechvogel erster Sorte sein, in dieser Weise genasführt zu werden.
    Man bedenke nur, die Würfel hatten – durch zwei und drei – fünf Augen ergeben, wodurch vom vierten Felde aus das neunte erreicht wurde. Das neunte Feld war aber Illinois, was eine Verdoppelung der Zahl fünf bedingte, und das vierzehnte Feld war wiederum Illinois, die fünf daher dreimal zu nehmen. Das ergab also fünfzehn Augen, die den betreffenden Spieler nach dem neunzehnten Felde, nach New Orleans in Louisiana verwiesen, das auf William I. Hypperbone’s Karte als Gasthaus bezeichnet war.
    Wahrlich, mehr Unglück konnte einer gar nicht haben!
    Verfolgt von den Scherzreden der Anwesenden, begaben sich Herr und Frau Titbury in ihr Hôtel zurück – freilich mit der Haltung von Leuten, die eben einen tüchtigen Keulenschlag auf den Schädel bekommen haben. Frau Titbury hatte aber ein festeres Schädeldach als ihr Eheherr, und blieb nicht, wie dieser, besinnungslos auf dem Platze.
    »Nach Louisiana!… Nach New Orleans! rief Titbury, sich die Haare raufend. Ach, warum sind wir solche Tröpfe gewesen, diesen Wettlauf mitzumachen…
    – Bei dem wir auch jetzt noch aushalten! erklärte Frau Titbury, die trotzig die Arme kreuzte.
    – Wie?… Du denkst gar…
    – Nach Louisiana abzufahren.
    – Da haben wir aber mindestens dreizehnhundert Meilen (2092 Kilometer) zurückzulegen…
    – Das werden wir auch noch fertig bringen.
    – Wir haben da wieder einen Einsatz von tausend Dollars zu entrichten.
    – So bezahlen wir ihn.
    – Wir müssen auch zweimal würfeln lassen, ohne mitzuspielen.
    – So spielen wir einfach nicht mit.
    – Wir müssen uns aber gegen vierzig Tage in jener Stadt aufhalten, wo das Leben, nach allem, was man hört, entsetzlich theuer ist.
    – So bleiben wir so lange dort!
    – Wir haben aber kein Geld mehr…
    – So lassen wir uns wieder etwas senden.
    – Das will ich einmal nicht…
    – Aber ich, ich will es!«
    Kate Titbury hatte, wie man sieht, auf alles eine Antwort. In ihr lebte offenbar etwas von einer alten Spielerin, was jetzt neu aufflackerte. Freilich, die Luftspiegelung jener Millionen von Dollars, die sie lockte, sie berückte, hypnotisierte…
    Hermann Titbury wagte keinen Widerspruch, der ja doch vergeblich gewesen wäre. Was er über die Folgen des letzten unglücklichen Wurfes gesagt hatte, war ja völlig richtig… dieser bedingte eine lange, kostspielige Reise, eine Fahrt durch

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