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Das Totenschiff

Das Totenschiff

Titel: Das Totenschiff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B. Traven
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gehängt werden soll. Ist nicht so schlimm. Ich möchte wissen, ob es mit ihm schon mal versucht worden ist, daß er so bestimmt sagen kann: Ist nicht so schlimm. Warten, bis es finster ist. Freilich, bei Tage trauen sie sich nicht so recht, es könnte uns ja vielleicht jemand begegnen, der mich kennt, und dann wäre der Spaß verdorben. Aber es hat ja keinen Zweck, den Kopf hängen zu lassen, er wird bald genug von selber hängen. Und ich rauche erst einmal wie ein Fabrikschlot, damit sie nicht am Ende gar noch die Zigaretten sparen.
    Die Zigaretten schmecken nach gar nichts. Das reine Stroh.
    Verflucht noch mal, ich will nicht hängen. Wenn ich nur wüßte, wie ich hier herauskomme. Aber die sind ja immerfort um mich herum. Und jeder neue, der abgelöst ist und hereinkommt, glubscht mich an und will von den andern wissen, wer ich bin, warum ich hier sei und wann ich gehängt werde. Und dann grient er übers ganze Gesicht.
    Ein widerliches Volk. Ich möchte wissen, warum wir denen geholfen haben.
    Später bekam ich mein letztes Essen. Aber solche Geizhälse gibt es auf der ganzen Erde nicht mehr. Das nennen sie nun eine Henkersmahlzeit: Kartoffelsalat mit einer Scheibe Leberwurst und ein paar Schnitten Brot mit Margarine. Zum Heulen ist es.
    Nein, die Belgier sind keine Guten, und es fehlte nicht viel, und ich wäre beinahe verwundet worden, als wir sie aus der Suppe ziehen mußten und unser Geld los wurden. Einer, der mir die Zigaretten gegeben hatte und mir einzureden versuchte, es sei nicht so schlimm, gehenkt zu werden, sagte nun: »Sie sind doch ein guter Americain, Sie trinken doch keinen Wein, nicht wahr?« Und dabei lachte er mich an. Teufel noch mal, wenn er nicht ein solcher Heuchler wäre mit seinem Nicht-so-schlimm, man könnte beinahe glauben, daß es auch feine und nette Belgier gibt.
    »Guter Amerikaner? Schiet auf Amerika. Ich trinke Wein, aber feste.«
    »Das habe ich mir doch gleich gedacht«, sagte der Cop schmunzelnd. »Sie sind echt. Das ist ja alles Alterweiberhumbug mit eurer sogenannten Prohibition. Laßt euch von Tanten und Betschwestern kommandieren. Mich geht es ja nichts an. Aber hier bei uns, da haben wir Männer noch die Hosen an.«
    Gosh, da ist endlich einer, der den Pfahl im Fleische sieht. Der Mann kann nicht verlorengehen, er kann durch dickes Wasser bis auf den Grund sehen. Schade um den Mann, daß er Cop ist. Aber wenn er nicht Cop wäre, würde ich wahrscheinlich dieses Riesenglas voll guten Weines, das er jetzt vor mich hinstellte, nie gesehen haben. Prohibition ist eine Schande und eine Sünde, Gott sei’s geklagt. Ich bin sicher, daß wir irgendwann und irgendwo etwas Furchtbares verbrochen haben müssen, weil uns diese köstliche Gottesgabe genommen wurde.
    Gegen zehn Uhr abends sagte der Weinspender zu mir: »So, nun ist es Zeit für uns, Seemann, kommen Sie mit mir.«
    Was hätte es für Sinn, zu schreien: »Ich will nicht gehenkt werden!«, wenn da vierzehn Mann um einen herum sind, und alle vierzehn vertreten das Gesetz. Das ist eben Schicksal. Zwei Stunden hätte die Tuscaloosa nur zu warten brauchen. Aber zwei Stunden bin ich nicht wert, hier bin ich noch viel weniger wert.
    Der Gedanke an diese Wertlosigkeit empörte mich aber doch, und ich sagte: »Ich geh’ nicht mit. Ich bin Amerikaner, ich werde mich beschweren.«
    »Ha!« schrie einer höhnisch herüber. »Sie sind kein Amerikaner. Beweisen Sie es doch. Haben Sie eine Seemannskarte? Haben Sie einen Paß? Nichts haben Sie. Und wer keinen Paß hat, ist niemand. Mit Ihnen können wir machen, was uns beliebt. Und das werden wir jetzt, und Sie werden nicht gefragt. ’raus mit dem Burschen.«
    Es war nicht nötig, daß ich mir vielleicht erst noch einen Hieb über den Schädel holte, am Ende war ich ja nur der Dumme. So mußte ich halt lostrotten.
    An meiner linken Seite ging der lustige Mann, der radebrechen konnte, und an meiner rechten Seite ging ein andrer. Wir verließen das kleine Städtchen und befanden uns bald auf offnen Feldern.
    Es war entsetzlich finster. Der Weg, auf dem wir gingen, war nur ein holpriger, zerfahrener Landweg, wo man schlecht laufen konnte. Ich hätte nur gern gewußt, wie lange wir so wandern wollten, bis das traurige Ziel erreicht war.
    Nun verließen wir auch noch diese elende Straße und bogen in einen Wiesenpfad ein. Eine gute Weile ging es über Wiesen.
    Jetzt war es Zeit, abzuhäuten. Aber diese Burschen waren augenscheinlich Gedankenleser. Gerade als ich einen ausschwingen will,

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