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Das Totenschiff

Das Totenschiff

Titel: Das Totenschiff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B. Traven
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Mittelklasse zählen. Zu jener Schicht, die sagen darf: Gott sei gelobt, ich habe einen kleinen Notpfennig auf die Seite gelegt für Regentage. Und da diese Volksschicht jene gepriesene Schicht ist, die den Staat in seinen Fundamenten erhält, so würde ich dann ein wertvolles Mitglied der menschlichen Gesellschaft genannt werden können. Dieses Ziel erreichen zu können, ist fünfzig Jahre Sparens und Arbeitens wert. Das Jenseits hat man sich dann gesichert und das Diesseits für andre.
    Ich machte mir nichts daraus, mir die Stadt anzusehen. Ich mag Antwerpen nicht leiden. Da treiben sich so viele schlechte Seeleute und ähnliche Elemente herum. Yes, Sir.
    Aber die Dinge im Leben spielen sich nicht so einfach ab. Sie nehmen nur selten Rücksicht auf das, was man leiden mag und was nicht. Es sind nicht die Felsen, die den Lauf und den Charakter der Welt bestimmen, sondern die kleinen Steinchen und Körnchen.
    Wir hatten keine Ladung bekommen, und wir sollten in Ballast heimgehen. Die ganze Mannschaft war in die Stadt gegangen am letzten Abend vor der Heimfahrt. Ich war ganz allein im Forecastle. Des Lesens war ich müde, des Schlafens war ich müde, und ich wußte nicht, was ich mit mir anfangen sollte. Wir hatten um zwölf heute schon Feierabend gemacht, weil dann bereits die Wachen für die Fahrt verteilt wurden. Das war auch der Grund, warum alle in die Stadt gegangen waren, um noch einen Kleinen mitzunehmen, den wir zu Hause nicht haben konnten wegen der gesegneten Prohibition.
    Bald lief ich zur Reling, um ins Wasser zu spucken, bald wieder lief ich in die Quartiere. Von dem ewigen Anstarren der leeren Quartiere und dem ewigen Herunterglotzen auf die langweiligen Hafenanlagen, Speicher, Stapelhäuser, auf die öden Kontorlöcher mit ihren trüben Fenstern, hinter denen man nichts sah als Briefordner und Haufen von beschriebenen Geschäftspapieren und Frachtbriefen, wurde mir ganz erbärmlich zumute. Es war so unsagbar trostlos. Es ging auf den Abend zu, und es war kaum eine Menschenseele in diesem Teil des Hafens zu sehen.
    Es überkam mich eine ganz dumme Sehnsucht nach dem Gefühl, festen Boden, Erde unter meinen Füßen zu haben, eine Sehnsucht nach einer Straße und nach Menschen, die schwatzend durch die Straße schlendern. Das war es: Ich wollte eine Straße sehen, just eine Straße, nichts weiter. Eine Straße, die nicht von Wasser umgeben ist, eine Straße, die nicht schwankt, die ganz fest steht. Ich wollte meinen Augen ein kleines Geschenk machen, ihnen den Anblick einer Straße gönnen.
    »Da hätten Sie früher kommen sollen«, sagte der Offizier, »ich gebe jetzt kein Geld.«
    »Ich brauche aber unbedingt zwanzig Dollar Vorschuß.«
    »Fünf können Sie haben, nicht einen Cent mehr.«
    »Mit einem Fünfer kann ich gar nichts anfangen. Ich muß zwanzig haben, sonst bin ich morgen krank. Wer soll denn dann vielleicht die Galley anstreichen? Vielleicht wissen Sie das? Ich muß zwanzig haben.«
    »Zehn. Aber das ist nun mein letztes Wort. Zehn oder überhaupt nichts. Ich bin gar nicht verpflichtet, Ihnen auch nur einen Nickel zu geben.«
    »Gut, geben Sie zehn. Das ist zwar ein ganz gemeiner Geiz, der hier an mir verübt wird, aber wir müssen uns ja alles gefallen lassen, das ist man nun schon gewöhnt.«
    »Unterschreiben Sie die Quittung. Wir werden es morgen in die Listen übertragen. Dazu habe ich jetzt keine Lust.«
    Da hatte ich meinen Zehner. Ich wollte ja überhaupt nur zehn haben. Hätte ich aber gesagt zehn, so würde er auf keinen Fall mehr als fünf gegeben haben, und mehr als zehn konnte ich nicht gebrauchen, weil ich nicht mehr ausgeben wollte; denn was man einmal in der Tasche hat, kehrt nicht mehr heim, wenn man erst in die Stadt geht.
    »Betrinken Sie sich nicht. Das ist hier ein ganz böser Platz«, sagte der Offizier, als er die Quittung an sich nahm.
    Das war eine unerhörte Beleidigung. Der Skipper, die Offiziere und die Ingenieure betranken sich zweimal des Tages, solange wir nun schon hier lagen, aber mir wird gepredigt, mich nicht zu betrinken. Ich dachte gar nicht daran. Warum auch? Es ist so dumm und so unvernünftig.
    »Nein«, gab ich zur Antwort, »ich nehme niemals einen Tropfen von diesem Gift. Ich weiß, was ich meinem Lande selbst in der Fremde schuldig bin. Yes, Sir. Ich bin Abstinenzler, knochentrocken. Können sich drauf verlassen, das bin ich. Ich glaube an die heilige Prohibition.«
    ’raus war ich und ’runter vom Eimer.
     

2.
     
    Es war eine lange schöne

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