Das Traumschloss
zusammen und besann sich auf ihren gesunden Menschenverstand. Wie sollte Ramon noch die Energie für eine Affäre aufbringen, wenn er jede Nacht mit ihr schlief? Allerdings hatte er sich nie geäußert, ob ihre leidenschaftlichen Begegnungen für ihn mehr als nur Sex waren. Er liebt die Abwechslung, überlegte sie niedergeschlagen, als sie an seinen früheren Ruf dachte.
Starr blickte sie den Weg entlang. Sie konnte zum Schloss zurückkehren und so tun, als wäre nichts gewesen. Ihre Mutter hatte die Eskapaden ihres Vaters jahrelang hingenommen. Zum ersten Mal wurde Lauren klar, wie sehr diese ihn geliebt haben musste, um das alles zu ertragen.
Mit zittrigen Fingern wischte sie sich die Tränen weg. Sie konnte den Gedanken, Ramon zu verlieren, nicht ertragen. Doch sie konnte auch keine Lüge leben. Sie musste die Wahrheit erfahren.
Mit klopfendem Herzen startete sie den Wagen und fuhr in Richtung Casa Madalena.
10. KAPITEL
Als sie Ramons Jeep im Hof vor Pilars Haus stehen sah, verstärkte Lauren unwillkürlich den Griff ums Lenkrad. Mit weichen Knien stieg sie die Stufen zum Haus hinauf.
„Ja, Señor Velasquez ist hier“, erwiderte der livrierte Butler, der ihr die Tür öffnete, auf Spanisch. „Sie finden ihn im Poolhaus.“
Bei diesem konnte es sich nur um das neue Gebäude mit dem Glasdach neben der Villa handeln. Wütend und angespannt bei der Vorstellung, die beiden gleich dort anzutreffen, eilte sie darauf zu. Sicher trug Pilar einen winzigen Bikini, der ihre atemberaubende Figur betonte – oder womöglich gar nichts?
Lauren schluckte mühsam, bevor sie die Tür öffnete – und blieb unvermittelt stehen, als drei Leute sie verblüfft ansahen.
Ramon und ein weiß gekleideter Krankenpfleger hoben gerade einen älteren Herrn, der nur Cortez Fernandez sein konnte, in einen Rollstuhl.
„Oh, ich dachte … Pilar …“, verlegen verstummte sie unter Ramons Blick.
„Pilar hat gerade einen Auftrag im Ausland. Was dachtest du, Lauren?“, fragte Ramon scharf.
In diesem Moment wusste sie, dass sie einen großen Fehler gemacht hatte. „Ich dachte …“ Wieder schluckte sie. „Entschuldigen Sie bitte die Störung“, sagte sie leise zu dem älteren Herrn, der daraufhin lächelnd den Kopf schüttelte.
„Ich muss mich bei Ihnen entschuldigen, weil ich Ramons Zeit so oft in Anspruch nehme“, sagte er auf Spanisch. „Ich hätte wissen müssen, dass eine frisch angetraute Ehefrau mit ihrem Mann zusammen sein möchte.“
Der Krankenpfleger schob ihn in seinem Rollstuhl in einen anderen Raum, und Lauren biss sich auf die Lippe, während Ramon auf sie zukam. Das Wasser perlte von seinem gebräunten Oberkörper, und die nassen Schwimmshorts klebten an seinen muskulösen Schenkeln. Erneut bekam sie weiche Knie, diesmal allerdings aus einem anderen Grund.
Er hatte sie nicht mit Pilar betrogen. Erleichterung überkam sie. Als er jedoch vor ihr stehen blieb, spürte Lauren seinen Zorn.
„Was hattest du erwartet, als du hier hereingestürmt bist, Lauren?“, erkundigte er sich seltsam düster.
„Pilar hat gesagt … nein, angedeutet … dass du jeden Freitagnachmittag mit ihr verbringst. Ich hatte es verdrängt. Heute bin ich dir nur deswegen auf das Weingut nachgefahren, um dir dein Handy zu bringen, und musste feststellen, dass du gar nicht dort warst. Stattdessen kommst du jede Woche hierher.“
Ramon atmete tief aus. „Das stimmt. Cortez hat vor sechs Monaten einen Schlaganfall erlitten und ist seitdem an den Rollstuhl gefesselt. Sein Arzt hat ihm geraten, regelmäßig zu schwimmen, um die Muskeln zu kräftigen. Aber Cortez hatte sich praktisch aufgegeben, sodass Pilar mich um Hilfe gebeten hat. Da ich schon immer ein gutes Verhältnis zu ihm hatte, habe ich ihn überredet, jede Woche mit mir zu schwimmen. Ich musste ihm allerdings versprechen, niemandem davon zu erzählen.“
Beschämt senkte sie den Blick.
„Wie konntest du nur glauben, ich hätte etwas mit Pilar?“, fuhr er aufgebracht fort. „Ich habe dir nie einen Grund gegeben, an meiner Treue zu zweifeln.“
Nein, das hatte er tatsächlich nicht, wie sie sich schuldbewusst eingestehen musste. Ihr mangelndes Selbstwertgefühl war der Grund dafür gewesen, dass sie das Schlimmste von ihm angenommen hatte. „Pilar hat mich ganz bewusst verunsichert“, erwiderte sie leise. „Ich glaube, sie wollte uns gegeneinander aufbringen.“
„Was ihr offenbar gelungen ist.“ Ramon wandte sich ab, um ein Handtuch von einer Bank zu nehmen.
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