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Das Treffen

Das Treffen

Titel: Das Treffen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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sie die Lodge verlassen hatten, hatten sie weder eine Straße noch eine Einfahrt gesehen, geschweige denn ein Auto. Aber sie versuchte es trotzdem. »Sie haben nicht zufällig einen Wagen?«
    Batty schnaubte verächtlich.
    »Oder ein Telefon?«
    »Mit wem sollte der alte Batty reden wollen?«
    »Gibt's hier in der Nähe ein Haus mit Telefon oder ein Auto?«
    »Wenn ihr hier 'n Haus seht, würd ich 'nen großen Bogen drum rum machen. Jetzt haut ab und sucht Helen, bevor's euch auch noch erwischt.«
    Batty sah ihnen nach, als sie um die Ecke der Blockhütte gingen.
    Vivian schaute sich um, als befürchtete sie, die Gestalt könnte sie verfolgen. »Gott, bin ich froh, von hier zu verschwinden«, sagte sie.
    »Zu schade, dass Helen nicht dabei war«, sagte Finley. »Das hätte ihr sicher gefallen.« Sie führte sie zu der Stelle, wo sie die Wasserflasche und die Chips zurückgelassen hatten, hob beides auf und warf einen letzten Blick auf die Blockhütte. »Sollen wir jetzt den See noch umrunden oder was?«
    »Vielleicht gehen wir einfach so zurück, wie wir gekommen sind«, sagte Cora. »Das geht schneller. Wenn Helen wirklich in der Lodge ist …«
    »Außerdem«, sagte Abilene, »will ich nicht den Nachbarn begegnen, von denen Batty gesprochen hat.«
    »Die war doch nicht ganz richtig im Kopf.«
    »Gehen wir einfach zur Lodge zurück«, sagte Vivian. »Wer weiß, wer uns sonst noch alles begegnet. Ich hab genug von verrückten Hinterwäldlern.«
    »Ja«, stimmte Abilene ihr zu. »Batty hat mehr als gereicht.«
    »Außerdem ist es anders herum viel weiter«, sagte Vivian. »Und ich hab keine Schuhe mehr.«
    »Zum Glück wollte sie nicht noch mehr haben«, sagte Cora.
    »Wir müssen uns um unsere Schnittwunden kümmern«, fügte Abilene hinzu.
    »Ich hab Verbandszeug im Koffer«, sagte Cora.
    »Also, brechen wir auf?«
    »Keine Gegenstimmen«, sagte Cora. »Wir gehen denselben Weg zurück.«
    »Und zwar schnell«, sagte Finley. »Bevor's uns auch noch erwischt.«
    Sie schlugen den Weg zum Nordufer des Sees ein. Abilene untersuchte ihre Wunde. Der schmale Schnitt war bereits mit getrocknetem Blut verkrustet. Ihre Hand sah aus, als hätte sie über rostiges Metall gerieben, und fühlte sich steif und wund an. Der gestockte Blutfleck auf ihrem Rock rieb unangenehm an ihrem Oberschenkel. Sie hob den Rock hoch und bemerkte einen roten Fleck auf ihrer Haut.
    Mit jedem Schritt kam ihr die ganze Sache unwirklicher vor. Waren sie wirklich in Battys Hütte gewesen, hatten sie sich wirklich mit dem Messer des Irren die Haut geritzt und ihr eigenes Blut getrunken!
    »Das war das Verrückteste, was wir je gemacht haben«, sagte sie.
    Cora lächelte sie an. »Gerade hielten wir es noch für eine gute Idee.«
    »Das sagst du«, antwortete Finley. »Ich hab das nie behauptet.«
    »Du hättest ja nicht mitmachen müssen«, sagte Abilene.
    »Ich wollte kein Spielverderber sein. Außerdem hätte der Zauber vielleicht sonst nicht funktioniert. Hey, wenn sich herausstellt, dass uns die alte Hexe nur verarscht hat, kriegt dann Vivian ihre Schuhe zurück?«
    »Das wäre nur fair«, sagte Vivian. »Gehst du dann los und lässt sie dir zurückerstatten?«
    Abilene lächelte. Sie war überrascht, dass Vivian so guter Laune war.
    Cora blieb plötzlich stehen und sah die anderen mit gerunzelter Stirn an.
    »Mir ist da was eingefallen. Wir hätten doch Batty auch gleich noch nach den Autoschlüsseln fragen können.«
    »Dann hätte sie ein weiteres Paar Schuhe verlangt«, sagte Finley.
    »Sie – er, es – hat doch schon Vivs«, sagte Abilene. »Wir hätten etwas anderes anbieten müssen.«
    »Vielleicht unsere Klamotten«, sagte Finley. »Die alte Batty könnte wirklich was Modischeres gut gebrauchen.«
    »Wie zum Beispiel dein Hemd«, sagte Abilene. »Wäre die richtige Größe.«
    »Hör bloß auf.«
    »Vielleicht könnt ihr tauschen?«, sagte Vivian. »Battys Weste würde dir bestimmt gut stehen. Was meinst du?«
    »Du hast Blut auf deinem Poloshirt«, sagte Finley. »Das kriegst du nie wieder raus.«
    »Und?«
    »Ich will dir bloß die Stimmung verderben. Es ist ja nicht auszuhalten, wenn du gute Laune hast.«
    Seltsamerweise sind wir alle ziemlich guter Laune, dachte Abilene. Sie hatten gerade ein sehr bizarres, ziemlich grauenhaftes Erlebnis hinter sich und waren mit heiler Haut davongekommen. Jetzt hatte sie die ungestüme, nervöse Erleichterung erfasst, die man eben spürt, wenn man eine schreckliche Sache überlebt hat und alles wieder

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