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Das Unkrautland, Band 2: Das Geheimnis der Schwarzen Hütte (German Edition)

Das Unkrautland, Band 2: Das Geheimnis der Schwarzen Hütte (German Edition)

Titel: Das Unkrautland, Band 2: Das Geheimnis der Schwarzen Hütte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Seitz
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Verstaubte Geschichten
    D ie Abenddämmerung war früh hereingebrochen und die Tage wurden zusehends kürzer. Schleichend hatte der Herbst seinen Anfang genommen. Der lange, heiße Sommer, der das Unkrautland über Monate hinweg beherrscht hatte, war nun endgültig vorüber. Wo man hinblickte, färbte sich das Laub. Rot und gelb schimmerte es hinter den Spinnweben hervor, welche die Büsche an den Wegen umgaben. Es waren milde Wochen. » Vorzeichen für einen harten Winter «, wie man die Bauern im Land sagen hörte. Doch schienen sie mit ihrer Annahme richtigzuliegen, da schon zur Erntezeit Frost aus den Nordlanden eintraf und den Boden gefrieren ließ. Sogar der Schnee in den Bergen reichte bereits bis in die Täler herab und mit seinen weißen Felswänden erhob sich das eisige Bleigebirge wie eine Leinwand für die herbstliche Farbenpracht.
    Auf den Marktplätzen herrschte in jenen Tagen emsiges Treiben. Karren mit Feuerholz verstopften die Straßen und reihten sich vor den Buden mit Äpfeln, Kartoffeln, Pilzen und Kerzen. Die kalte Jahreszeit stand vor der Tür. Zwar gab es tagsüber noch immer sonnige Stunden, doch wurden diese von Mal zu Mal weniger. Die Luft kühlte bereits am Nachmittag ab und mit dem Sinken der Sonne zog Nebel herauf. Lautlos stieg dieser aus den Feldern, glitt über das Land und hüllte bis zum Abend Städte und Dörfer in schummrige Schleier.
    In Klettenheim, einem einsamen und verschlafenen Dörfchen am Nordrand des Finsterwalds, war zu dieser Stunde längst niemand mehr in den Gassen zu sehen. Die abergläubischen Bewohner vermieden es seit Jahrhunderten schon, ihre Häuser nach Einbruch der Dunkelheit zu verlassen. Und dass sie sich nachts dem Waldrand genähert hätten, wäre für sie völlig undenkbar gewesen! Wahrlich, viel zu viel Furcht flößte ihnen der gespenstische Finsterwald ein. Ja, selbst die lehmigen Dorfgassen schienen ihnen nach Sonnenuntergang alles andere als geheuer zu sein. Dazu kam, dass es in Klettenheim nur eine einzige Straßenlaterne gab, und ausgerechnet diese hatten die Dorfbewohner bei einer vermeintlichen Vampirhetze vor einigen Wochen versehentlich zerschmettert. Folglich lag das Dörfchen auch heute ohne Beleuchtung und von Nebelschwaden umgeben vor den nächtlichen Feldern.
    Hoch stand der Mond, während aus der Ferne das Schlagen der Kirchturmglocken ertönte. Da geschah es plötzlich, dass ein dünnes Wolkenband den Himmel durchzog und das Mondlicht verschluckte. Im nebeligen Klettenheim wurde es daraufhin augenblicklich stockfinster. Selbst der Schein der Kerzen, der durch die Ritzen mancher Fensterläden blinzelte, konnte gegen dieses Dunkel nichts ausrichten. So schien der ganze Ort im Schatten der Nacht zu versinken – mit einer Ausnahme:
    Die einzige Stelle, an der es in Klettenheim nicht durchweg zappenduster war, befand sich bei dem kleinen, windschiefen Haus gegenüber der Konditorei. Hier hatte das Fundament offenbar im Laufe der Jahrhunderte nachgegeben, weshalb sich der ganze Bau nun mehr als deutlich zur Seite neigte. Hätte es das steinerne Nachbarhaus nicht gegeben, dann wäre das wunderliche Fachwerkhäuschen bestimmt schon vor langer Zeit einfach umgefallen. So aber schmiegte es sich eng an die benachbarte Steinwand und ließ seine Efeuranken von einem Hausdach zum anderen klettern.
    Bei einer derartigen Schräglage war es nicht weiter verwunderlich, dass auch die Fensterläden des Hauses krumm und schief in den Angeln hingen. Das galt zumindest für die, die noch nicht heruntergefallen waren. In bunten Farben strahlten die alten Bleiverglasungen durch die Nacht und bildeten im Nebel leuchtende Formen. Und das war längst noch nicht alles! Denn wer genau hinsah, der konnte erkennen, dass aus einem der Fenster im ersten Stock, knapp unterhalb des Schindeldachs, ein faustgroßes Glasstück herausgebrochen war. Aus diesem leuchtenden Loch erklang in jener Nacht eine Geschichte.
    Es war keine der üblichen Geistergeschichten, wie sie die Dorfbewohner ständig verbreiteten. Vielmehr handelte es sich um ein einfaches Kindermärchen, das, der Stimme nach zu urteilen, von einer alten Frau erzählt wurde. Es war kurz und seine Handlung recht einfach. Aber wegen einer winzigen Kleinigkeit zählte es dennoch zu jener Art Märchen, welche die Leute plötzlich ins Grübeln bringen und von denen besonders die besagte Kleinigkeit noch für lange Zeit in den Köpfen der Zuhörer hängen bleibt. Allerdings sei zu erwähnen: Die Ungereimtheiten in

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