Wall Street Blues
E r lief um sein Leben. Schweiß rann ihm vom Haaransatz in das rot-weiße Stirnband. Sein Hemd war klitschnaß, und unterhalb der Knie hatte er kein Gefühl mehr in den Beinen. Seine Lungen drohten zu bersten, und er merkte, daß sie näher kamen, denn er konnte das Geschrei hören. Mit einem letzten Adrenalinschub trieb er sich an, weiter, weiter, und überquerte die Ziellinie unter ausgelassenem Beifall, vor allem von den Mädchen, die schrien und jubelten. Dann umringten ihn hautnah die spärlich bekleideten Cheerleader des Clubs, die an der Ziellinie auf die Caravanserie -Mitglieder warteten.
Es war der »Lauf um dein Leben«, das Zehn-Meilen-Rennen, das jedes Jahr zugunsten der Herz-Lungen-Station am York Hospital veranstaltet wurde. Alle Fitneßcenter der Stadt nahmen an dem Wettkampf teil.
Er legte drei Finger auf die Innenseite des Handgelenks und zählte. Bestens. Er nahm einen kräftigen Schluck aus dem angebotenen Wasserkrug und massierte langsam seine Knie. Dann zog er das triefend nasse T-Shirt des Caravanserie-Clubs aus und goß sich das restliche Wasser im Krug über den Kopf. Einen Moment lang stand er da und schüttelte die Beine aus. Er war in phantastischer Form, und er war sich dessen bewußt. Nie hatte er sich besser gefühlt. Er ließ seinen Bizeps spielen und bewunderte die stramme Schwellung seiner Muskeln. Vollkommene Kontrolle. Das war es, was er wollte, was er hatte.
Er fühlte noch einmal den Puls. Tolle Erholung. Schon wieder auf vierundsiebzig runter. Er lag im Gras, die Knie angewinkelt, die Hände im Nacken verschränkt. Er schloß die Augen. Fühlte sich gut... phantastisch.
Ein weiches Frotteehandtuch fiel auf seine Knie. Er schlug die Augen auf und sah zwei glatte goldene Beine in Fila-Joggingschuhen. Lange, schlanke, nackte Beine. Er warf das Handtuch über den Kopf und rubbelte den Schweiß aus den Haaren. Dann schlang er es um den Hals und ließ träge den Blick an den Beinen hochwandern.
Verdammt, heute war sein Glückstag. Eine sexy Blondine in kurzer, weißer Laufhose und Shearson-Sweatshirt blickte auf ihn herab.
»Shearson, hm?« Er stand auf und lockerte wieder die Beine.
»Früher«, sagte die Blondine und warf das lange, glänzende Haar zurück. »Ich fange Montag bei Donahue an.«
»Na, so was.« Barry krümmte den Rücken und zog die Enden ihres roten Handtuchs über seinen Nacken. Heute lief einfach alles. »Komischer Zufall«, sagte er, knüllte das Handtuch zusammen und rubbelte sich anzüglich die Brust. »Bei denen bin ich auch. Barry Stark.« Er reichte ihr die Hand.
»Weiß ich.« Nach dem Tonfall kam sie aus Connecticut. Sie fuhr mit einer kleinen rosa Zunge über kleine rosa Lippen. »Amanda Guilford.« Sie nahm seine Hand.
Ein kräftiger, sportlicher Händedruck. Grüne Augen. Mann, oh Mann! »Es wird Ihnen bei Jake gefallen«, versprach Barry. »Garantiert.«
»Ich bin ein bißchen nervös deswegen.« Sie lächelte mit ebenmäßigen weißen Zähnen und wirkte überhaupt nicht nervös.
Er rieb sich noch einmal mit dem Handtuch über die Brust und gab es ihr zurück. »Zerbrechen Sie sich darüber nicht den Kopf, Süße. Ihr Freund Barry zeigt Ihnen, wie der Hase läuft.«
Sie lächelten sich an.
»Ah, wenn das nicht der Barry Stark ist, wie wir ihn kennen und lieben!« rief Georgie Travers laut und zerstörte den Augenblick.
Dann drängten sich die anderen anwesenden Clubmitglieder um ihn. Schließlich hatte er das Rennen gewonnen. Amanda Guilford zog sich in den Hintergrund zurück, und Barry stand da mit nackter Brust, auf der das dunkle Haar noch von Schweiß und Wasser glitzerte, und ließ sich feiern.
I ch bin Leslie Wetzon«, begann Wetzon mit ihrer sanften, angenehmen Stimme, »und meine Firma heißt Smith und Wetzon«, fuhr sie fester und eine Spur entschiedener fort. »Wir sind eine Personalberatungsfirma, Lon, und wir arbeiten in der Maklerbranche.«
»Aha, Sie sind also Headhunter«, sagte Lon Campbell am anderen Ende der Leitung.
Eddie Barnes, ein Börsenmakler, dem Wetzon eine Stelle besorgt hatte, hatte sie vertraulich auf Campbell hingewiesen. »Hm, ich bin wirklich stinksauer auf Dayne... gefällt Ihnen, wie? Sie erwischen mich gerade im richtigen Augenblick...«
»Wunderbar«, sagte Wetzon. »Warum sind Sie stinksauer auf Dayne Becker?«
»Weil sie jedem, der im ersten Jahr auf über eine Viertel Million kommt, einen Toyota versprochen haben und alle möglichen Sonderleistungen dazu...«.
»Und?«
»Und das betraf drei
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