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Das Vermaechtnis des Will Wolfkin

Das Vermaechtnis des Will Wolfkin

Titel: Das Vermaechtnis des Will Wolfkin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Knight
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geboren hat.«
    »Bastarde!«, schrie Helva Gullkin. »Ich bin es leid, über Bastarde zu sprechen!« Er ließ sein Pferd auf der Brücke hin und her stolzieren.
    »König Will Wolfkin hat keine lebenden Nachkommen!«, rief er donnernd in die Menge. »Bis auf diese Bastardmenschen ohne Macht und ohne Kenntnisse der Künste, die zurück in ihre Menschenwelt geflohen sind – aus Angst vor meinem Zorn.«
    Sein weißes Pferd scheute und schlug aus.
    »Und da sie nicht hier sind, können sie auch nicht als Thronanwärter gelten!«
    Der Redner, der von der Brücke herab den Schwur der Eide angekündigt hatte, wirkte eingeschüchtert und ließ instinktiv sein Schriftstück in eine Rolle zurückschnellen. Doktor Felman lächelte.
    »Du irrst dich, Helva Gullkin«, sagte er. »Die Erben von Will Wolfkins Vermächtnis sind in der Tat geflohen – inzwischen jedoch sind sie nach Langjoskull zurückgekehrt!«
    Doktor Felman gab uns ein Zeichen und so trat zuerst Emma aus der Menge am Fuß der Brücke, dann ich. Wir machten uns auf den weiten Weg über den Bogen aus Gold, Hand in Hand, bekleidet mit blauen Gewändern, auf denen sich das starre blaue Auge befand. An meinem Gürtel hing das Schwert. Und unter unseren Gewändern trugen wir unsere Beutel aus Rentierleder. Ich hatte meinen Pelzmantel übergezogen und Emma sich ihr Tuch um den Hals geschlungen. Aus Myrtenblättern hatte Egil »Siegerkronen« für uns geflochten und oft genug geschildert, wie er die ganze Nacht damit zugebracht habe, ihnen das angemessene triumphale Aussehen zu geben.
    Aber ich glaube, wir sahen tatsächlich ein bisschen majestätisch aus – auch wenn ich das selbst sage.
    »Ihr Fel von Langjoskull«, rief Doktor Felman in die Menge, als wir ihn erreicht hatten. »Hier stehen die lebenden Nachkommen unseres geliebten Königs, um ihr Recht auf die Krone geltend zu machen.«
    Mehrere Sekunden herrschte Schweigen. Doch dann, als die Menge begriff, dass wir wirklich und wahrhaftig vor ihnen standen, rollte der ohrenbetäubendste Jubel, den ich je gehört hatte, Hunderte Male um den Krater. Der tosende Beifall hielt minutenlang an, wobei die Thrulls zu unserer Linken am lautesten jubelten und dafür Schläge von den Möwenkriegern einstecken mussten.
    Helva Gullkin saß auf seinem Pferd und rührte keinen Muskel. Wahrscheinlich dachte er fieberhaft nach, aber das ließ er sich nicht anmerken. Er beobachtete unseren Weg über die Brücke mit starren Möwenblicken.
    Der Ausrufer fing an zu schreien.
    »Dieses sogenannte Vermächtnis muss ich erst überprüfen!«, erklärte er. Doktor Felman händigte ihm das Dokument aus, aber da er es ohne Brille nicht lesen konnte, tastete er mit den Fingern die Siegel ab. Sorgfältig ließ er die Fingerspitzen über das rote Wachs gleiten, in das ein Wolfsiegel eingeprägt war, warf Helva Gullkin einen kurzen Blick zu und nickte fast unmerklich.
    »Als ältester Hüter der Künste in Langjoskull«, sagte Doktor Felman, »erkläre ich, dass es eine gesetzmäßige Regelung für die Thronfolge gibt, und daher muss die Angelegenheit – falls das Jerlamar uns weiterhin gnädig ist – auf gesetzmäßige Weise entschieden werden.«
    Doktor Felman unterbrach sich einen Augenblick.
    »Und zwar durch einen Kampf mit Magie.«
    Der Ausrufer wusste nur zu genau, was das hieß. Er drehte sich abrupt um, rannte den Brückenbogen abwärts und tauchte in der Sicherheit der Menge unter, die inzwischen in hellem Aufruhr war.
    Fel, Vela und Thrulls, alles war auf den Beinen.
    Gullkin reagierte weder mit Zorn noch mit Verblüffung. Er lächelte nur, streichelte den Hals seines Pferdes und flüsterte ihm etwas ins Ohr, woraufhin es drohend den Kopf senkte. An dem Sattel aus Walrossleder waren Schwert, Axt und Helm festgeschnallt.
    Den Helm hatte Gullkin wahrscheinlich erst gar nicht aufgesetzt, weil er sich nur noch wenige Minuten von der goldenen Krone wähnte.
    Er beugte sich im Sattel vor und sprach flüsternd auf sein Pferd ein.
    »Ich dachte, du bist sie losgeworden?«, raunte er. Das Pferd schnaubte.
    Danach sprach Gullkin laut weiter, sodass alle es hören konnten. »Mein Anspruch soll also doch noch infrage gestellt werden durch diese Bastardmenschen!«, rief er.
    Doktor Felman sah mich kurz an und gab mir wortlos zu verstehen, dass nun ich das Wort ergreifen solle.
    »So ist es. Wir fordern dich heraus, Helva Gullkin!«, rief ich und meine Stimme klang tiefer als je zuvor. Das war nun der unpassendste Zeitpunkt für den Stimmbruch.

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