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Das vertauschte Gesicht

Das vertauschte Gesicht

Titel: Das vertauschte Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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in Kortedala war bereits beendet, als die Kollegen vor Ort eintrafen. Ein Betrunkener, der sich bei Brunnsparken gegen eine haltende Straßenbahn gelehnt hatte, war hingefallen, als die Bahn wieder anfuhr. Kann man das als Verkehrsunfall bezeichnen?, fragte Bartram sich.
    Morelius dachte an Hanne Östergaard und an das Gespräch, das er vor einigen Wochen mit ihr gehabt hatte. Greger hatte nicht weiter gefragt, und dafür war er dankbar.
    Erik Winter machte das Licht in seinem Zimmer aus und ging hinaus. Es hatte aufgehört zu regnen. Er fuhr mit seinem Fahrrad über Heden nach Hause. Auf der Vasagatan wich er einem Fußgänger aus, der nicht auf den Verkehr achtete. Wasser spritzte gegen seine Hosenbeine, vielleicht auch anderer Dreck. Es war zu dunkel, um etwas sehen zu können. Er wollte an den Markthallen vorbeifahren, ließ es dann aber bleiben. Sein Handy klingelte. Er hielt an und nahm es aus der Innentasche seines Regenmantels.
    »Ich kann mich nicht entscheiden, was ich mit dem Sofa machen soll«, sagte Angela, als er sich meldete. »Ich brauche auf der Stelle einen Rat.«
    »Dann müssen wir es wohl mitnehmen, wenn du dich nicht entscheiden kannst. Bei mir ist ja Platz.« »Aber wo soll es stehen?« »Hat das nicht Zeit bis heute Abend?« »Ich wollte alles so gut wie möglich vorbereiten.« »Mhm.«
    »Es ist eine wichtige Entscheidung.« »Ich weiß.«
    »Hast du dir wirklich alles genau durch den Kopf gehen lassen? Vielleicht sollten wir doch nicht... «
    »Bitte, Angela... «
    »Ich weiß, ich weiß. Es ist bloß ein so gravierender Einschnitt. Das alles.«
    Das ist vielleicht das richtige Wort, dachte Winter und wischte sich ein paar Wassertropfen von der Schulter. Ein gravierender Einschnitt. Zum ersten Mal in seinem erwachsenen Leben würde er mit einem anderen Menschen zusammenziehen. Nach Jahren des Getrenntlebens würden er und Angela zusammenwohnen. Er hatte das Gefühl, dass sie es war, die alle Entscheidungen traf. Nein, das war ungerecht gegen sie. Er selbst musste auch Verantwortung übernehmen.
    Es hatte keine Alternative gegeben. Entweder würden sie zusammenleben oder... es wäre aus. Aber das war nicht mehr vorstellbar. Er würde es nicht wagen, Schluss zu machen. Die Einsamkeit wäre zu groß, oder nicht? Und sie würde schlimmer werden. Einsam im neuen Jahrtausend. Silvester: Musik aus dem CD-Player und allein ein Gläschen Sekt. Das war's dann. Eine trostlose Szene, vom Silvesterfeuerwerk angeleuchtet.
    Bald waren es nur noch drei Monate bis zum Jahr 2000, er würde vierzig werden und nicht mehr der jüngste Kriminalkommissar des Landes sein.
    Winter machte sich zum Weiterfahren bereit.
    »Wir sehen uns um acht«, sagte Angela, und er drückte auf Aus.
    In der Wohnung war Nacht, kein Licht brannte mehr. Vierundzwanzig Stunden hatte eine Stehlampe geleuchtet, aber jetzt war die Glühbirne kaputt. Am Tag sickerte der Herbst durch die Jalousien, und durch ein heruntergelassenes Rollo fielen Lichtflecken ins Schlafzimmer.
    Der Kühlschrank brummte. Auf dem Küchentisch standen ein Weinglas und eine leere Weinflasche. Auf dem Schrank neben dem Herd stand eine ovale Servierplatte mit einem Rest hart gewordener Tagliatelle. Daneben ein Topf mit inzwischen schwarzer Pilzsoße. Auf einem Brett trockneten drei Tomatenscheiben langsam ins Holz. In der Spülmaschine drei Teller neben einigen Beitellern und Gläsern, Besteck und noch einem Topf.
    Der Wasserhahn tropfte gleichmäßig, die Dichtung war kaputt, und das Geräusch war Tag und Nacht in der ganzen Wohnung zu hören, doch das Paar, das auf dem Wohnzimmersofa saß, hörte nichts.
    Um die beiden herum lagen Kleider verstreut, zogen sich weiter in einer Linie von der Küche durch den Flur: die Strümpfe eines Mannes, lange Hosen, ein Rock, ein Frauenstrumpf, ein Pullover aus dünnem Material. Um das Sofa herum lagen eine Bluse, ein Hemd und Slips von einer Frau und einem Mann. Durch das Fenster drangen Geräusche der Nacht herein, Straßenbahnen, einige Autos. Ein plötzlicher Wind und Lachen von Leuten, die aus einem Restaurant kamen.
    Der Mann und die Frau waren nackt. Sie hielten sich bei den Händen. Sie waren einander zugewandt. Aber mit ihren Köpfen stimmte etwas nicht.
    War es so? Würde es so sein? Stimmte das Bild? Er versuchte es sich vorzustellen, es vor sich zu sehen.
    Er stand in der Küche, ging in den Flur. Die Kleider lagen auf dem Fußboden. Als er sich dem Sofa näherte, hielt er sich die Hand vor Augen. Er sah auf. Das

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