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Das vertauschte Gesicht

Das vertauschte Gesicht

Titel: Das vertauschte Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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richtig hielt. Morelius war dabei.
    Winter hatte im Auto auf die Uhr gesehen. Happy birthday to you.
    Sie gingen am Spielplatz und an einigen Bänken vorbei. Die Häuser lagen fünfzig Meter entfernt, die Einfahrt war auf der anderen Seite. Ein Birkenhain auf der Rückseite war wie mit Silber bestreut. »Dreiundsechzig«, sagte Morelius. In einem Fenster im zweiten Stock brannte Licht.
    Die Tür schien aus imitiertem Teak zu sein.
    Ein Polizist, dachte Winter. Wie konnte man sich dagegen schützen? Die Welt bricht zusammen, wenn der Polizist die Grenze zur anderen Seite überschreitet.
    Das Licht im Treppenhaus ging aus. Sie sahen einen Lichtstreifen unter der Türritze. Winter klingelte. Ganz ruhig, Erik. Wir wollen nur ein paar Fragen stellen, wir müssen es wissen. Weil es vorbei ist, müssen wir es wissen.
    In ihm tauchte ein Bild von Angela auf, aber er stieß es mit den Knöcheln seiner Hände gegen das Holz der Tür beiseite. »Was ist los?«, fragte von drinnen eine Stimme. Winter sah Morelius an und nickte.
    »Ich bin's, Greger. Simon. Ich brauch... deine Hilfe.«
    »Was? Jetzt?«
    »Es... eilt, Greger. Bitte, mach auf.«
    Von drinnen war nichts zu hören, nicht ein Laut. Winter spürte die Waffe an seiner Brust, ließ sie aber dort. Jetzt war er ruhiger, besser auf das vorbereitet, was sie vielleicht erwartete.
    »Du hättest doch anrufen können«, sagte die Stimme von drinnen.
    »Warum machst du nicht auf?«, fragte Morelius. Winter nannte seinen Namen. Er wusste, dass Bartram schon vorher gewusst hatte, dass er hier war.
    Jetzt hörte er Geräusche an der Tür. Ringmar sah Winter an. Das Geräusch wurde deutlicher. Winter hörte die Musik. Morelius sah bestürzt aus im dünnen kalten Licht der Treppenbeleuchtung. Winter hörte die Gitarren, das Schlagzeug, die Stimme, die durch die Tür fauchte und gurgelte. Er konnte sich nicht rühren. Ringmar schoss. Das zweite Mal gilt, dachte Winter. Morelius und Ringmar traten die Tür ein, zwängten die Hände durch das harte Plywood. Ringmars Hände waren blutig. Morelius schrie etwas, aber er hörte nichts. Ringmar schrie, wie von einem anderen Planeten.
    Sie waren drinnen, tief dort drinnen. Er hörte die Schreie. Sein Körper löste sich vom Steinboden der Treppe. Er begann zu laufen. Er flog.

57
    April
    Morgens um Viertel nach drei, zwei Tage nach dem errechneten Datum, brachte Angela Elsa zur Welt. Das Mädchen wog 3925 Gramm und war fast 51 Zentimeter lang. Winter war mehrere Male kurz davor, in Ohnmacht zu fallen, und überließ der Hebamme die Kamera.
    Er hielt Elsa im Arm, die an seiner Brust schlief. Sie hatte dunkle Haare, und er war ganz überrascht, dass es so viele waren. Sie sagten, Elsa habe seine Nase und Ohren. Er weinte und summte You Leave Me Breathless nah an diesen Ohren. In den letzten Wochen hatte er nur Coltrane gehört und für die Zukunft gebetet. Das Verhörzimmer war für andere da. Er hatte die Protokolle gelesen, war aber nicht hingegangen.
    Angela beugte sich vor und sagte etwas. Er sah auf, als sie es wiederholte. Ja, antwortete er, es ist ein Wunder.
    Angela strahlte. Es war ein Wunder. Irgendwann würde alles wiederkehren, aber nicht jetzt, dachte er. Vielleicht auch nie. Sie war stark, stärker als er.
    Sie hatten in Spanien angerufen, und er hatte den Hörer rasch an Angela weitergegeben.
    Die Sonne ging hinter den Bergen auf, als er die Entbindungsstation verließ. Es war wie eine neue Welt. Die Gerüche waren neu im Jahr. Es war der Frühling. Er sah Kinder, die zur Schule gingen, auf den Kieswegen trödelten, mit etwas warfen. Spielten Kinder immer noch mit Murmeln?
    Die Sonne schien ihm in die Augen, und er klappte den Sonnenschutz herunter. Er verließ Mölndal, konnte aber immer weniger sehen, weil seine Augen tränten.
    Ein älterer Herr, den er nicht kannte, kam an ihm vorbei, als er die letzte Treppe hinaufstieg. Herrenbesuch bei Frau Malmer.
    Es roch anders in der Wohnung, fast wie da draußen. Er riss alle Fenster auf. In der Küche öffnete er eine Flasche, goss etwas in ein Kristallglas und trank.
    Bartram hatte sich bei ihm bedankt. Sich persönlich bedankt. Bartram wollte gerettet werden, aber er hatte es ihnen schwer machen wollen. Er war Winter so nah wie nur möglich gekommen.
    Angela hatte keine physischen Verletzungen gehabt.
    In Bartrams Schlafzimmer hatte ein Foto gehangen. Ein junger Mann und eine junge Frau. Sie hielten einander bei den Händen. Winter war näher herangegangen. Die Gesichter waren aus

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