Das Wahre Spiel 02 - Der Nekromant
Mund dabei schmerzverzerrt. Sogar als sie in Richtung Tunnel drängte, sprach sie weiter. »Die Wagen, die die Körper herbrachten, stehen noch da, auf dem Gleis. Ich beobachtete, wie sie bedient werden. Sie werden uns fortbringen.«
Ich folgte ihr und verstaute beim Laufen vorsichtig Windlows Blauen in meiner Tasche. Die Wagen waren noch da, wie Mavin gesagt hatte. Himaggery und ich stiegen auf den vordersten, während Mavin an den Armaturen hantierte. Der Wagen erzitterte, gab ein kratzendes Geräusch von sich und begann dann, in den Berg hineinzufahren.
»Wohin?« fragte ich Mavin, während das Tageslicht hinter uns verschwand. »Wohin bringst du uns?«
»Wohin die Gleise führen«, antwortete sie. »Die Wagen kamen aus den kalten Höhlen, also werden sie auch dorthin zurückkehren. Wir müssen uns ziemlich weit von diesem Ort hier entfernen, und alles andere würde zu lange dauern …«
So entfernten wir uns in ein Halbdunkel.
Es waren keine Zauberkünstler zu sehen. Sämtliche Techniks waren verschwunden. Ab und zu sahen wir ein paar Langmänner, aber sie standen schweigend und reglos wie Bäume an den Wänden, allerdings ohne Leben. Da dämmerte es mir, daß sie vielleicht keine richtigen Lebewesen waren – oder nicht ganz lebende Wesen. Ich dachte an Langmänner, ich dachte an die Musik, und ich fragte mich, wie jemand, der imstande war, das eine zu erschaffen, auch das andere erschaffen konnte. Ich habe bis heute keine Antwort auf diese Frage gefunden.
Wir waren noch nicht lange gefahren, da begannen Himaggerys Lebensgeister wieder zurückzukehren. Er wollte wissen, was passiert war, und um ihm das zu sagen, war ich gezwungen, alles zu berichten, Laggy Nicker, meine Reise, Mavin, Izia, die Langmänner, Manacle, Quench … und Didir. Einmal kamen wir an einem der Essensplätze vorbei, und Mavin wartete, während wir ihn plünderten. Danach schien es Himaggery besser zu gehen, aber er war immer noch reichlich verwirrt und schwach. Als er nach Windlow fragte, brachte ich keine Antwort heraus. Ich konnte nur nach hinten auf den Weg schauen, den wir gekommen waren, und meinen Tränen freien Lauf lassen. So war es Mavin, die es ihm sagte, und danach trat ein Schweigen ein, das endlos zu währen schien.
Schließlich brach er es. »Und was passiert jetzt?«
»Jetzt versuchen wir, zu fliehen«, erwiderte ich.
»Flogshoulder wird zu dem Raum gehen. Er wird ihn verschlossen finden. Er wird zu Manacle zurückkehren, und so oder so, ob mit Einwilligung des Komitees oder ohne, wird Manacle ihm den Schlüssel geben. Oder Manacle wird selbst gehen. Was immer auch geschieht, es wird nicht mehr lange dauern. Manacle wird Quench für bedrohlicher halten als jemals den Rat. Die Verteidiger sind dafür vorgesehen, einer Bedrohung vorzubeugen. Also wird er die Verteidiger aktivieren.«
»Und dann?« flüsterte Himaggery mit ausgedörrter Kehle.
»Ich bin mir nicht sicher. Ich glaube aber, daß die Verteidiger niemals dafür entwickelt wurden, die Zauberkünstler zu verteidigen. Sie sind dazu da, die Heimat zu verteidigen, wo immer diese auch liegen mag. Eine andere Welt, irgendwo.«
»Aha, endlich hast du’s kapiert«, sagte Mavin trocken.
»Ja. Die Verteidiger wurden entwickelt, um die Heimat vor den Monstern zu schützen.«
»Monster?« fragte Himaggery. »Was für Monster? Und wo?«
»O Himaggery.« Ich lachte und weinte gleichzeitig. »Du. Ich. Mavin. Alle Nachkommen von Didir. Sie war das Monster, das Mädchenungeheuer, diejenige, die das Schiff gebracht hat. Und die anderen, die sie beobachten und aufschreiben sollten, was sie alles tat. Das Monster, das die Verteidiger und auch alles andere brachte. Nur um die Heimat vor einer einzigen kleinen Frau zu beschützen.«
»Das habe ich mir auch so vorgestellt«, sagte Mavin. »Ja, ich dachte mir schon, daß es so gewesen sein muß.«
»Wenn du dir das gedacht hast, wäre ich dem Himmel dankbar gewesen, du hättest es mir gesagt!«
»Und was werden die Verteidiger tun?« fragte Himaggery weiter, beharrlich wie immer.
»Diesen Ort hier vernichten«, sagte Mavin mit Endgültigkeit. »Manacle, den einfältigen Flogshoulder und den Kriecher Riß, alle Langmänner und die Gruben, alle Monster – die echten – und die Maschinen. Alles. Glaube ich zumindest.«
»Ich auch«, stimmte ich zu. »Und wir tun gut daran, dann so weit weg wie möglich zu sein.«
»Wie weit?«
Das konnte ich ihm nicht sagen. Didir hatte nur an Gefahr gedacht. Sie hatte diese Gefahr
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