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Das Wahre Spiel 02 - Der Nekromant

Das Wahre Spiel 02 - Der Nekromant

Titel: Das Wahre Spiel 02 - Der Nekromant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheri S. Tepper
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Menschen nicht einfach erst einmal zu sich selbst finden lassen, bevor ihr ihn in euren Plänen verbraucht …«
    »Wärst du einfach nur irgendein beliebiger junger Mensch«, sagte Windlow, »würden wir dich in Ruhe lassen, mein Junge. Du bist aber nicht irgendein Beliebiger. Das weißt du genau. Himaggery weiß es auch. Ich weiß es. Ich habe doch recht, oder?«
    »Das kümmert mich nicht«, erwiderte ich, bemüht, meiner Stimme einen nicht zu streitsüchtigen Klang zu geben.
    »Es sollte dich aber kümmern. Du besitzt ein Talent, wie es die Welt noch nicht gesehen hat. Talente, besser gesagt. Meine Güte, es gibt praktisch nichts, was du nicht tun könntest oder veranlassen oder ins Leben rufen …«
    »Ich kann es nicht«, schrie ich sie an. »Himaggery, Windlow, ich kann es nicht. Ich bin es nicht, der alle diese Dinge tut.«
    Ich zog den Beutel aus meinem Gürtel und leerte ihn auf den Tisch zwischen uns aus, die winzigen geschnitzten Spielfiguren rollten klappernd über das geölte Holz. Ich stellte zwei von ihnen auf, die größeren, einen schwarzen Nekromanten und eine weiße Königin. Dorn und Trandilar. Wie aus Holz oder Stein standen sie da, und nichts an ihnen ließ die wunderbare Macht ahnen, die von ihnen ausströmte, sobald ich sie in die Hand nahm. »Ich wollte sie euch damals geben, Himaggery«, sagte ich. »Erinnert ihr euch? Ihr wolltet sie nicht. ›Nein, Peter‹, sagtet ihr, ›sie gelangten in deine Hände. Sie gehören dir.‹ Nun, sie gehören mir, aber sie gehören mir nicht. Ich wollte, ihr würdet das begreifen.«
    »Erklär mir das«, sagte er mit verständnisloser Miene.
    Ich versuchte es. »Als ich das erste Mal die Figur von Dorn in meine Hand nahm, dort unten in den Höhlen von Bannerwell, war Dorn plötzlich in mir. Er war … ist ein alter Mann, Himaggery. Sehr weise. Sehr mächtig. Sein Geist hat scharfe Kanten, er hat viele seltsame Dinge gesehen, und seine Gedanken schwingen davon wider. Er kann seltsame, wunderbare Dinge tun. Doch er tut sie. Ich bin nur eine Art von …«
    »Wirt?« schlug Windlow vor. »Herberge? Gefährt?«
    Ich lachte freudlos. Sie wußten so viel und verstanden so wenig. »Vielleicht. Später nahm ich Trandilar, Herrin der Betörung, Ahnherrin aller Herrscher, in die Hand. Jünger als Dorn, doch weitaus älter als ich. Sie hat das Leben in vollen Zügen gelebt. Sie versteht … erotische Dinge, von denen ich keine Ahnung habe. Auch sie macht wunderbare Sachen, aber sie ist es, die sie tut.« Ich wies auf die anderen Spielfiguren auf dem Tisch.
    »Hier liegen noch neun andere. Dealpas, Abbild der Heiler. Sorah, mächtigste aller Seher. Shattnir, größte der Magier. Wahrscheinlich kann ich sie alle in mir aufnehmen, als eine Art … Gasthaus, eine Herberge. Falls es das ist, was je aus mir werden soll …«
    Windlow blickte mit trauriger Miene aus dem Fenster. Er begann einen Kinderreim aufzusagen, den man beim Seilspringen sang. »Nachtschwarz, staubalt, Knochendorn, grabeskalt / Stern der Liebe, wunderbar, Königin der Lust, Trandilar / Wandeln und das Netz weit senden, alle List in Thandbars Händen.« Dann wandte er sich Himaggery zu und schüttelte langsam den Kopf, von einer Seite zur anderen. »Laßt den Jungen in Frieden, Himaggery«, sagte er.
    Himaggery hielt dem Blick eine Weile stand, errötete schließlich und schaute weg. »Gut, alter Mann. Ich habe alles gesagt, was ich sagen wollte. Wenn Peter nicht will, will er nicht. Besser, er tut, was er will, wenn ihm das eher behagt.«
    Windlow schlurfte zu mir herüber, um meine Schulter zu tätscheln. Er mußte sich dazu recken. Ich war ein großes Stück gewachsen. »Vielleicht wirst du diese Talente eines Tages dein eigen nennen, Junge. Vielleicht kannst du sie erst dann richtig handhaben. Wenn die Zeit reif ist, wirst du vielleicht Dorns oder Trandilars Talent besitzen.«
    Ich glaubte nicht recht daran, schwieg aber.
    Himaggery sagte: »Wenn du fortgehst, Junge, halt die Ohren offen. Vielleicht erfährt du etwas über die Verschwundenen, das uns weiterhelfen könnte.«
    »Welche Verschwundenen?« fragte ich vorsichtig.
    »Das, worüber wir schon seit Monaten sprechen«, erwiderte er. »Das, was schon seit Jahrzehnten geschieht. Das Verschwinden von Zauberern, Königen. Fort sind sie, als hätten sie sich in Luft aufgelöst. Niemand weiß, wie, warum und wohin sie verschwunden sind. Und unter diesen Verschwundenen sind viele, die unsere Verbündeten waren.«
    »Ihr versucht bloß, mich neugierig

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