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Das wandernde Feuer

Titel: Das wandernde Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guy Gavriel Kay
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zahlen haben, um hier eintreten zu dürfen.«
    Und dafür brachte er keinerlei Verständnis auf.
    Mit einem schnellen Schritt nach vorn packte er ihr Handgelenk und drehte es um. Ein Messer fiel klirrend auf den marmornen Fußboden. Indem er die graugewandete Frau immer noch vor sich herschob, befahl Paul barsch: »Holt sofort die Priesterin!« Keine der Frauen rührte sich; hinter ihm pfiff der Wind durch die offene Tür.
    »Lasst sie los«, verlangte das junge Mädchen mit ruhiger Stimme. Er wandte sich ihm zu; es schien nicht älter zu sein als dreizehn Jahre. »Sie hat es nicht böse gemeint«, fuhr das Mädchen fort. »Sie weiß nicht, dass Ihr bereits bei Eurem letzten Hier sein Blut vergossen habt, Zweimal Geborener.«
    Das hatte er vergessen: Jaelles Finger, die seine Wange zerkratzt hatten, als er hilflos dalag. Mit zusammengekniffenen Augen musterte er dieses unnatürlich selbstsichere Kind. Er ließ die andere Priesterin los; sie stürzte davon.
    »Shiel«, sagte das Mädchen immer noch gänzlich ruhig, »wir sollten die Hohepriesterin herbeirufen.«
    »Das erübrigt sich«, mischte sich eine kühlere Stimme ein, und zwischen den Fackeln schritt, ganz in Weiß gekleidet wie immer, Jaelle auf ihn zu und stellte sich ihm Auge in Auge gegenüber. Er sah, dass sie barfuss über den kalten Marmorboden gelaufen war und dass ihr langes, rotes Haar ihr in ungepflegten Locken im Rücken herabhing.
    »Tut mir leid, dass ich Euch geweckt habe«, entschuldigte er sich.
    »Sprich«, erwiderte sie. »Und sieh dich vor damit. Du hast eine meiner Priesterinnen beschimpft – das wird man dir nicht vergessen.«
    Er konnte es sich nicht leisten, die Beherrschung zu verlieren. Was er vorhatte, war ohnehin schon schwierig genug.
    »Auch das tut mir leid«, log er. »Und ich bin hier, um mit Euch zu sprechen. Wir sollten dabei allein sein, Jaelle.«
    Noch einen Moment ruhte ihr Blick auf ihm, dann wandte sie sich ab. »Bringt ihn in meine Gemächer«, befahl sie.
    »Priesterin! Das Blut, er muss –«
    »Shiel, kannst du nicht einmal den Mund halten!« fuhr Jaelle sie an und legte damit eine für sie völlig untypische Ruhe an den Tag.
    »Ich habe es ihr gesagt«, warf das Mädchen sanft ein. »Er hat schon beim letzten Hier sein geblutet.«
    Daran wurde sie nicht gern erinnert. Sie nahm den langen Weg zu ihren Gemächern, damit er durch den Kuppelsaal gehen und die Axt sehen musste.
     
    An das Bett erinnerte er sich noch. Er war hier an einem regnerischen Morgen erwacht. Es war unberührt. Streng eingehaltene Schicklichkeit, dachte er hämisch; und ein paar Bedienstete, die wussten, was sie zu tun hatten.
    »Also gut«, sagte sie.
    »Zuerst die Neuigkeiten, bitte. Herrscht hier Krieg?« erkundigte er sich.
    Sie begab sich zum Tisch hinüber, wandte sich ihm zu und stützte die Hände hinter sich auf die blanke Fläche. »Nein. Der Winter ist früh und in aller Härte über uns gekommen. Selbst den Svart Alfar fällt es schwer, im Schnee zu marschieren. Die Wölfe haben uns Sorgen gemacht, und es herrscht Mangel an Nahrungsmitteln, aber es ist noch nicht zu einer Schlacht gekommen.«
    »Demnach habt ihr Kims Warnung gehört?« Greift nicht an, er erwartet euch in Starkadh! hatte Kim geschrien, als sie mit dem Übergang begonnen hatten.
    Jaelle zögerte. »Ich habe sie gehört, ja.«
    »Sonst niemand?«
    »Ich hatte ihr zuliebe das Avarlith angezapft.«
    »Daran erinnere ich mich. Es kam so unerwartet.« Sie machte eine ungeduldige Handbewegung. »Demnach hat man auf Euch gehört?«
    »Möglicherweise.« Diesmal verriet sie sich nicht. Doch er konnte sich denken, was vorgefallen war, da er vom tiefen Misstrauen sämtlicher an jenem Morgen im Großen Saal versammelter Männer gegenüber der Hohepriesterin wusste.
    »Was nun?« fragte er jedoch nur.
    »Wir warten das Frühjahr ab. Aileron berät sich mit jedermann, der mit ihm zu sprechen verlangt, doch alle warten auf den Frühling. Wo ist die Seherin?« Diese Frage schien ihr wichtig zu sein.
    »Sie wartet auch. Auf einen bestimmten Traum.« »Warum bist du hier?« fragte sie.
    Da hörte er auf zu lächeln und sprach zu ihr, ohne jede Leichtfertigkeit: der Pfeil Mörnirs zu der Priesterin der Mutter. Alles sagte er. Er nannte ihr leise den Namen des Kindes und, leiser noch, seinen Vater.
    Sie verharrte reglos, während er erzählte und danach; keinerlei Anzeichen von Wirkung, die er damit bei ihr erzielte. Er musste ihre Selbstbeherrschung bewundern. Dann wiederholte sie ihre

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