Das Weihnachten des Mr Scrooge
Führ ihn bei mir ein, und ich will seine Bekanntschaft pflegen.
Es ist eine schöne, ausgleichende, edle Einrichtung, daß, so ansteckend auch Krankheit und Kummer sein mögen, doch nichts so unwiderstehlich um sich greift wie Lachen und gute Laune. Als Scrooges Neffe so sehr lachte, daß er sich die Seiten hielt, mit dem Kopf wackelte und sein Gesicht zu den ausgefallensten Grimassen verzog, da mußte seine Gattin, Scrooges angeheiratete Nichte, ebenso herzlich lachen wie er. Und ihre versammelten Freunde blieben kein bißchen hinter ihnen zurück und lärmten lustig los.
»Ha ha! Ha ha ha ha!«
»So wahr ich lebe«, rief Scrooges Neffe, »Possen nannte er Weihnachten! Und er glaubt es wirklich!«
»Um so beschämender für ihn, Fred!« rief Scrooges Nichte entrüstet. Gott segne diese Frauen! Nie tun sie etwas halb, stets ist's ihnen ernst.
Sie war hübsch, auffallend hübsch. Sie hatte ein reizendes, immer erstauntes Gesicht mit Grübchen in den Wangen, einen frischen kleinen Mund, der ganz zum Küssen geschaffen schien – und zweifellos auch geküßt wurde –, sie trug alle Arten hübscher kleiner Flecken um ihr Kinn, die ineinanderflos
sen, wenn sie lachte, und hatte das sonnigste Paar Augen, das ihr je im Kopf eines kleinen Geschöpfs gesehen habt. Alles in allem war sie, was man herausfordernd nennen könnte, ihr wißt schon! Aber dabei wohltuend, durch und durch wohltuend.
»Er ist ein komischer alter Kauz«, sagte Scrooges Neffe, »das muß wahr sein, und nicht so nett, wie er sein könnte. Aber schließlich rächen sich seine Fehler an ihm selbst, und ich habe nichts gegen ihn.«
»Er ist sicherlich sehr reich, Fred«, meinte Scrooges Nichte. »Wenigstens hast du mir das immer gesagt.«
»Was bedeutet das, Liebe?« fragte Scrooges Neffe. »Sein Reichtum nützt ihm nichts. Er tut nichts Gutes damit. Er gönnt sich selbst nichts. Er hat nicht einmal die Befriedigung, sich vorzustellen, daß er einmal uns einen Gefallen damit tun wird – ha ha ha!«
»Ich habe keine Nachsicht mit ihm«, bemerkte Scrooges Nichte, und ihre Schwestern und alle übrigen Damen stimmten ihr zu.
»Oh, ich schon!« sagte Scrooges Neffe. »Er tut mir leid; ich könnte ihm nicht böse sein, auch wenn ich's versuchte. Wer leidet unter seinen törichten Launen? Immer er selbst! Da hat er sich's in den Kopf gesetzt, uns nicht leiden zu können, und darum will er nicht kommen und bei uns speisen. Was ist die Folge? Er verliert nicht viel an einem Mittagessen.«
»Na«, unterbrach ihn seine Gattin, »ich denke, er verliert ein sehr gutes Mittagessen!« Alle anderen behaupteten dasselbe, und man mußte sie als kompetente Richter gelten lassen, da sie soeben das Mittagsmahl verzehrt hatten und nun mit dem Nachtisch vor sich bei Lampenlicht um den Kamin versammelt waren.
»Nun, es freut mich, das zu hören«, versetzte Scrooges Nef
fe, »weil ich nun einmal kein großes Vertrauen zu diesen jungen Hausfrauen habe. Was meinst du, Topper?«
Topper hatte sichtlich ein Auge auf eine der Schwestern von Scrooges Nichte geworfen, denn er behauptete, ein Junggeselle sei ein unwürdiger Ausgestoßener, der kein Recht habe, über diesen Gegenstand eine Meinung abzugeben. Darüber errötete eine dieser Schwestern, und zwar die dicke mit dem Spitzenhalstuch, nicht die mit den Rosen im Haar.
»Vorwärts, Fred«, rief Scrooges Nichte und klatschte in die Hände. »Er wird nie mit dem fertig, was er zu sagen beginnt. Er ist ein zu drolliger Kauz.«
Scrooges Neffe brach wieder in Lachen aus, und da es unmöglich war, der Ansteckung zu entgehen, obwohl es seine dicke Schwägerin mit Würzessig versuchte, folgte man einmütig seinem Beispiel.
»Ich wollte vorhin nur sagen«, fing Scrooges Neffe von neuem an, »seine Abneigung gegen uns und seine Weigerung, mit uns lustig zu sein, bringt ihm meines Erachtens nur das ein, daß er ein paar vergnügte Augenblicke versäumt, die ihm nichts schaden könnten. Ich bin überzeugt, er verliert eine lustigere Gesellschaft, als er sie in seinen eigenen Gedanken oder in seinem verschimmelten alten Kontor oder in seinen staubigen Zimmern finden kann. Ich will ihm jedes Jahr die gleiche Gelegenheit bieten, ob er sie nun nutzt oder nicht, denn er tut mir leid. Mag er auch über Weihnachten spotten, bis er stirbt, so behaupte ich ihm zum Trotz, daß er davon eine bessere Meinung einfach noch gewinnen muß, wenn er mich Jahr für Jahr gutgelaunt erscheinen sieht und mich fragen hört: ›Onkel Scrooge, wie geht
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