Das Wunder des Pfirsichgartens: Roman (German Edition)
Sebastian.
Nun musste sie lachen. »Soll das ein Witz sein?«
»Nein.«
»Ich kann es kaum erwarten heimzukommen«, sagte sie grinsend.
»Und ich kann es kaum erwarten, dich dorthin zu begleiten. Ich habe bereits ein paar sehr schöne Erinnerungen an dieses Haus.« Er führte sie zum Podium, dann wisperte er: »Viel Glück! Du wirst deine Sache bestimmt großartig machen.« Das Quartett beendete den letzten Satz. Unter großem Beifall trat Paxton ans Rednerpult, während Sebastian sich zu Willa, Colin und Nana Osgood gesellte.
Paxtons Magen verkrampfte sich, und einen Moment lang befürchtete sie, sie würde es nicht schaffen. Doch dann dachte sie an ihre Großmutter und an Georgie und daran, dass alles in diesem Haus und auf der Gala etwas mit den beiden zu tun hatte. Es ging darum, sie zu ehren. Und sie wusste, dass sie die richtige Entscheidung getroffen hatte.
Sie räusperte sich, dann begann sie: »Herzlich willkommen zum fünfundsiebzigsten Jubiläum des Damenklubs von Walls of Water.«
Die Leute klatschten wieder.
»Ich habe schon vor Monaten eine Rede verfasst. Wer mich kennt, wird sich nicht darüber wundern. Ich muss immer alles detailliert planen.« Einige Gäste lachten. »In der Rede ging es um die gute Arbeit, die wir leisten, und darum, dass wir alle sehr stolz auf uns sein können.« Sie machte eine kleine Pause. »Aber vor ein paar Tagen habe ich die Rede zerrissen, weil mir bewusst geworden ist, dass wir den falschen Weg eingeschlagen haben.«
Die Stimmung veränderte sich. Alle schienen zu merken, dass etwas im Busch war.
»Dieser Klub wurde gegründet, weil sich seine Mitglieder gegenseitig helfen wollten. Sie wollten keinem anderen helfen, sondern einander. In der Art von: Wir sitzen alle im selben Boot. Der Klub wurde nicht gegründet, um uns voneinander abzugrenzen oder Konkurrenzdenken zu fördern. Er wurde gegründet, weil zwei sehr gute Freundinnen vor fünfundsiebzig Jahren in den düstersten Momenten ihres Lebens sagten: ›Wir haben nur unsere tiefe Liebe zueinander. Wenn wir sie verlieren, verlieren wir uns selbst. Wer hilft uns, wenn wir es nicht tun?‹ Ich weiß nicht, wann und wie es passiert ist, aber der Damenklub hat seine wahren Ziele aus den Augen verloren. Er ist nicht mehr das, was er einst war, und ich kann ihn nicht mehr dazu machen. Deshalb räume ich heute Abend den Vorsitz und entferne meinen Namen vom Dienstplan.« Lautes Murmeln erhob sich. »Ich war nicht immer die beste Freundin für euch«, fuhr sie fort und suchte in der Menge nach Kirsty Lemon, Moira Kinley, Stacey Herbst und Honor Redford. »Aber ich verspreche euch, dass ich ab sofort allzeit für euch da sein werde, wenn ihr mich braucht. Das war die eigentliche Bestimmung des Klubs. Er hätte nie zu einer Institution werden dürfen. Damals taten sich verängstigte junge Mädchen zusammen und schworen sich, einander beizustehen. Das Wissen, dass sie sich aufeinander verlassen konnten, half ihnen über eine schwere Zeit. Unsere Großmütter waren sich sicher, dass sie ihr Leben lang Freundinnen bleiben würden. Wie viele von uns können so etwas von sich behaupten? Wie wollen wir wissen, was Wohltätigkeit bedeutet, wenn wir nicht einmal wissen, wie wir denen helfen sollen, die uns am nächsten stehen?« Paxton trat ein wenig zurück. »Mehr wollte ich heute Abend nicht sagen.«
Sie rieb sich die Stirn und kniff die Augen vor den Scheinwerfern zusammen. Im Raum war es mucksmäuschenstill geworden. Plötzlich drehten sich alle zu dem leisen Geräusch um, das von einem der vorderen Tische kam.
Agatha kicherte. Es klang rostig, wie bei einem Gerät, das jahrelang nicht mehr benutzt worden war. »Jawohl, so lobe ich mir meine Enkelin!«, krächzte sie.
Nach dieser Rede war den Leuten nicht mehr nach einer ausgelassenen Feier zumute. Das Essen wurde serviert, ein paar Auszeichnungen wurden verteilt und ein paar weitere Reden gehalten. Alles wirkte jedoch ein wenig gedämpft und seltsam gehetzt. Die meisten Gäste schienen es kaum erwarten zu können aufzubrechen. Dieses Fest würde definitiv als Katastrophe und absoluter Skandal in die Annalen von Walls of Water eingehen, aber immerhin lieferte es den Leuten Gesprächsstoff. Paxton machte sich nichts daraus. Sie hatte richtig gehandelt. Es ging ihr jetzt erheblich besser, auch wenn ihre Mutter nicht mehr mit ihr sprach.
Die meisten Gäste unterließen es, sich von Paxton zu verabschieden. Wahrscheinlich wollten alle erst einmal miteinander darüber
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