Das Yakuza-Mal
Stadtbus fuhr vorbei. Mulvaney zog sich noch tiefer in den Hauseingang zurück, weg von dem gelben Lichtschein der Straßenbeleuchtung in diesem verbrechensverseuchten Stadtteil.
Nach dem Flug von Tokio nach Hawaii hatte er aus einem Hotel in Honolulu Dem angerufen. Dem hatte ihn gefragt, wie ihm sein Urlaub gefallen habe, und Mulvaney hatte geradeheraus zu ihm gesagt: »Was ist mit Osgood, du Scheißkerl?«
»Mit wem?«
»John Osgood. Einer von deinen Jungs.«
»Ich ... äh ... Osborne? Den Namen höre ich zum erstenmal.«
»Osgood. Er ist CIA-Agent genau wie ...«
»Laß mich in Ruhe!« hatte Dem gebrüllt und wütend aufgelegt. Mulvaney war mit dem nächsten Flugzeug nach Chicago geflogen.
Gonroku Umi wußte nicht, was aus Osgood geworden war. Die Ninjas, die bei dem geglückten Anschlag auf das U-Boot geholfen hatten, wußten nur zu berichten, daß der Turm in die Luft geflogen sei und die Einzelteile um sie herum im Meer verstreut worden seien. Von Osgood jedoch fehlte jede Spur. Er sei schwer verwundet gewesen und auf dem U-Boot geblieben, bis alle seine Kameraden in Sicherheit waren. Er sei mutig gestorben.
Mulvaney hatte das nicht glauben können. Ein Mann wie Osgood war einfach zu gut, um auf diese Art und Weise zu sterben, hatte er sich gesagt. Er versuchte herauszufinden, was wirklich passiert sein konnte. Hatten die Russen ihn geschnappt?
Lag er irgendwo in einem Krankenhaus?
Er hatte Andy Oakwood im Krankenhaus in Kioto angerufen. Sie wußte auch nichts über Osgood, berichtete ihm nur, daß Mizutani Hideos Wagen von einem Mann mit einer Lederjacke und einer Baseballmütze überfallen worden war. Die Polizei vermutete, daß es sich bei dem Täter um einen Chinesen handelte. Aber Mizutani Hideo hatte den Tod genauso betrogen, wie er das Leben betrogen hatte. Erxwar einem Herzinfarkt erlegen, sein Körper wies nicht die kleinste Verletzung auf.
Mulvaney erklärte, das sei eine gute Nachricht, und versprach, sich wieder zu melden.
Er suchte Dern auf. Alles andere konnte warten.
Dern hatte hinter ihm sofort die Tür seines Büros geschlossen. »Hör zu. Selbst wenn es einen Kerl namens Osgood oder wie auch immer gibt, dann kenne ich ihn nicht, und selbst wenn, würde ich es dir ganz sicher nicht sagen.«
»Die kleine Kanone, die du unter deinem Anzug versteckt hast -du wirst sie nie rechtzeitig in die Hand bekommen.« Denn Mulvaney hielt seine eigene Beretta in der Hand, richtete sie auf Derns Kopf und spannte den Hahn.
»Du bist verrückt.«
»Richtig«, antwortete Mulvaney lächelnd.
»Ich bin doch bloß für das Personal in der Gesellschaft zuständig und auch nur für Chicago -
was erwartest du denn von mir?«
»Alles, was du zu bieten hast. Sonst lege ich dich um. Ich hab bei diesem Ausflug nach Asien sehr viel dazugelernt, Dern.«
»Ich ... ich werd's versuchen, okay?«
Mulvaney steckte seine Pistole wieder ein. »Tu das. Und wenn du meinen Namen auch nur ein einziges Mal erwähnst, laß ich dich mit deiner Dealerei hochgehen.«
»Was? Drogen? Du spinnst wohl...«
»Ja - dann wär' deine Sicherheitsüberprüfung am Arsch, stimmt's?« Mulvaney zündete eine Zigarette an. »Schönen Tag noch, Timmy. Und sag Lassie einen schönen Gruß von mir, hörst du?«
In den nächsten Tagen gelang es ihm, Dern noch mehr Informationen aus der Nase zu ziehen, aber er erfuhr nur, daß man auch im CIA-Hauptquartier in Langley, Virginia, nichts von Osgood gehört hatte und daher annahm, daß er tot war.
Mulvaney hatte Dern eingebläut, die Ohren aufzusperren. Dann beschloß er, sich um die andere Sache zu kümmern. Andy Oakwood hatte ihren Dienst bei der Armee der Vereinigten Staaten quittiert und traf am Morgen vor Weihnachten in Chicago ein. Er hatte ihr bei einem Juwelier in der State Street von dem Geld, das Ajaccio für ihn auf verschiedenen Konten angelegt hatte, einen Diamantring gekauft. Er hatte den Schlüssel zu dem Tresorfach erhalten, in dem hundert Riesen deponiert waren - das Geld, das Ajaccio ihm versprochen hatte, wenn er Peter Ellermann lebend zurückbrachte. Schlüssel und Quittung des Tresorfachs befanden sich im obersten Fach seines Spinds im Chicagoer Polizeihauptquartier an der Ecke 11. Straße und State Street.
Mulvaney hatte es nicht für nötig befunden, sich bei Ajaccio für das Geld zu bedanken. Er war aber entschlossen, es zu behalten. Wenn er den Polizeidienst quittierte und das Personenschutz-Unternehmen seines sterbenden Kriegskameraden aus der Vietnamzeit
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