Das Zaubergift
gesäumten Amtstoga des Präfekten.
»Du steckst richtig in der Gülle!«, stößt Tholius hervor und packt Gesox grob am Kragen seiner Toga. »Warum hast du den Bildhauer erstochen?«
Der Schüler beteuert vergeblich seine Unschuld. Präfekt Tholius schnaubt nur verächtlich und schleudert ihn dann in die Arme zweier wartender Gardisten. Es sind sehr große Gardisten.
»Schafft ihn weg! Wenn er fliehen will, tötet ihn! Und was Euch betrifft, Thraxas …« Er dreht sich zu mir um. »Wagt es ja nicht, Euch noch einmal gegen das Gesetz zu stellen. Wenn ich auch nur das Gerücht höre, dass Ihr in diesen Fall verwickelt seid, werde ich über Euch kommen wie ein Böser Bann.«
Er wendet sich zum Gehen, bleibt an der zerstörten Tür jedoch noch einmal kurz stehen.
»Ihr könnt natürlich gern einen Antrag auf Entschädigung an die örtlichen Behörden stellen«, meint er und lacht hämisch. Ein solcher Antrag würde zur Bewilligung natürlich auf dem Schreibtisch des Präfekten landen.
Da er nicht nur seinen Verdächtigen dingfest gemacht hat, sondern mir auch noch übel eins auswischen konnte, ist Präfekt Tholius so wohlgemut wie ein Elf im Baum und zieht zufrieden lächelnd von dannen. Die Gardisten trotten hinter ihm her und zerren dabei den jungen Gesox mit sich. Ich sehe noch, wie er die Treppe hinuntergeschleppt und in einen geschlossenen Karren der Gardisten gestoßen wird, wobei er unaufhörlich seine Unschuld beteuert.
Ich schließe das, was von meiner Tür noch übrig ist, trinke mein Bier aus und begebe mich nach unten zu Makri.
»Ich gehe arbeiten«, sage ich. »Hab einen Fall.«
»Seit wann das denn?«
»Seit Präfekt Tholius meine Tür eingetreten und einen Klienten von mir ins Gefängnis verfrachtet hat. Ich wollte zwar nicht arbeiten, aber jetzt bin ich wütender als ein angestochener Drache. Entsprechend werde ich Himmel, Erde und die drei Monde in Bewegung setzen, um Tholius zu demonstrieren, dass er mich so nicht behandeln kann. Ich ziehe los und ermittle. Bis später.«
Ich marschiere den Quintessenzweg lang, mein Schwert an der Hüfte und Wut im Bauch. Als ich noch Hoher Ermittler war, haben die Höflinge mich mit Respekt behandelt. Ich bin zwar seit damals ziemlich weit die soziale Leiter hinuntergepoltert, aber ich will verdammt sein, wenn ich mich von einem so armseligen Tyrannen wie Präfekt Tholius als Fußabtreter benutzen lasse.
Es ist heißer als in der orgkischen Hölle hier draußen, und der Gestank vom Fischmarkt hängt erstickend in der Luft. Ich muss Bergen von Schutt ausweichen, als ich an Neubauten vorüberkomme, die dort errichtet werden, wo die alten Gebäude den Unruhen zum Opfer fielen. An ihrer Stelle baut ein Unternehmer neue Mietskasernen auf beiden Seiten der schmalen Straße. Es ist zwar verboten, in Turai höher als vier Stockwerke zu bauen, aber vermutlich wird er sich den Teufel um irgendwelche Vorschriften scheren. Das bedeutet mehr Gewinn für die Erbauer und die Vermieter in den Elendsvierteln. Und für Tholius. Die Präfekten beaufsichtigen nämlich die Gebäude in ihrer Gegend, und Tholius kassiert ein hübsches Sümmchen dafür, dass er an der richtigen Stelle die Augen zudrückt. Das sind die Vorteile seiner Stellung. Die meisten Präfekten haben dieselbe Augenkrankheit. Und denselben Augenheiler. Und die Prätoren sind auch keinen Deut besser. Korruption ist eine weit verbreitete Seuche in unserer Stadt, die auch vor der Oberschicht nicht Halt macht. Die Bauunternehmer wiederum stecken mit der Bruderschaft unter einer Decke. Das ist die kriminelle Vereinigung, die den Süden der Stadt regiert. Außerdem haben sie auch kaum eine Wahl. Man kann hier nicht viel auf die Beine stellen, ohne dass die Bruderschaft die Hand aufhält.
In Zwölf Seen gibt es zwei Wachstationen der Zivilgarde. Eine ist in der Nähe und wird von Präfekt Tholius selbst befehligt. Die andere ist unten am Hafen. Ihr steht Hauptmann Rallig vor. Ich kenne ihn ganz gut, aber er verbietet seinen Leuten strikt, mir Informationen zuzustecken. Allerdings habe ich einen Kontakt in der Hauptwache. Das ist Gardist Inkorruptox, der sich nicht zu schade ist, mir ab und zu einen Brosamen Informationen zukommen zu lassen. Vor einigen Jahren habe ich einmal seinen Vater aus einer höchst prekären Lage befreit. Aber ich kann nicht riskieren, dem Präfekten so bald wieder unter die Augen zu kommen, auch wenn Tholius nicht allzu viel Zeit dort verbringt. Meistens erholt er sich in einem Puff oder
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