Das Zaubergift
umbringen«, fahre ich fort. Es ist angenehm, einen Leichnam zu belehren. Er widerspricht nicht. »Es ist immer eine dumme Idee, die Meuchelmörder zu engagieren. Sie töten deine Feinde, sicher, aber die Sache hört niemals an der Stelle auf. Es gibt immer einen, der sich rächen will.«
Ein Armbrustbolzen ist tief in seine Brust eingedrungen. Trotz seines Alters wirkt sein Gesicht im Tod beinah heiter. Soll ich die Wohnung durchsuchen? Besser nicht. Soll doch jemand anders die Sache klären.
Mein Optimismus ist wieder verschwunden. »Leichen-Säumen-Seinen-Pfad«-Thraxas hat wieder zugeschlagen. Anscheinend kann ich keinen Schritt in dieser Stadt tun, ohne über einen Toten zu stolpern. Es wäre nicht so schlimm, wenn es nicht alles Leute wären, mit denen ich irgendwie zu tun hatte. Gesox wird bald baumeln. Vexial und Heretius sind tot. Heretius hat Bibendis’ Vater umgebracht, zumindest ist das sehr wahrscheinlich. Ich seufze und gehe nach Hause. Draußen ist es so heiß wie in der orgkischen Hölle. Warum hat hier überhaupt jemand eine Stadt gebaut? Ein Bettler streckt seinen verwelkten Arm nach mir aus. Ich lasse eine kleine Münze hineinfallen. Dann schicke ich eine anonyme Nachricht vom nächsten Botenzunft-Posten los und lasse darin Hauptmann Rallig den Aufenthaltsort von Heretius’ Leichnam wissen.
Vermutlich hätte ich Sarin töten sollen, als ich die Chance dazu hatte. Jetzt werde ich in irgendeinem zukünftigen Fall erneut auf sie stoßen, und sie wird dann aller Wahrscheinlichkeit nach mir einen Bolzen in den Wanst jagen. Ich grinse spöttisch. Wenigstens glaubt sie, dass ich einen persönlichen Schutzzauber mit mir herumtrage. Vermutlich denkt das jeder. Immerhin bin ich ein magischer Detektiv oder gebe es zumindest vor. Aber ich habe weiß Gott nicht mehr die Energie, diesen Zauber die ganze Zeit im Kopf zu behalten.
Ich konnte sie nicht einfach umbringen. Ich konnte es nicht über mich bringen, ihr kaltblütig mein Schwert durch den Hals zu rammen. In den letzten paar Tagen habe ich genug Tote gesehen.
Ich mache einen Abstecher zu den Bädern, wasche mich und kämpfe mich dann an den Baustellen im Quintessenzweg vorbei. Steinmetze verfluchen ihre Lehrlinge, während diese angestrengt versuchen, schwere Steinquader auf Gerüste zu wuchten, und Vorarbeiter brüllen wütend Zimmermänner und Klempner an, die sich in der Hitze abmühen. Es ist eine wahre Erleichterung, endlich nach Hause zu kommen.
Makri säubert gerade die Tische.
»He, Makri, kennst du schon den Witz mit dem Elfenlord und den beiden niojanischen Nutten?«
Makri straft mich mit Missachtung und stapft wütend davon.
Mist! Ich habe den Streit vergessen. Schlagartig fällt mir alles wieder ein. Habe ich sie wirklich eine spitzohrige Boah-Süchtige gescholten? Ich seufze. Jetzt werde ich auf keinen Fall mehr in Ruhe ein Bierchen zischen können.
Dandelion kreuzt auf. Genau die hat mir gerade noch gefehlt.
Sie lächelt mich entzückt an und reicht mir eine kleine Börse aus billigem Stoff. Mein Name ist hineingestickt.
»Sie kommt von den Delfinen«, erklärt sie. »Naja, die Börse ist von mir. Aber was drin ist, kommt von den Delfinen. Es ist ihr Dank dafür, dass du ihren Heilstein wieder beschafft hast.«
Ich mache die Börse auf. Drinnen liegen fünf antike Goldmünzen, die sehr lange Zeit im Wasser gelegen haben, und außerdem ein kleiner grüner Edelstein. Ich nehme eine der Münzen in die Hand. Sie trägt das Abbild von König DeMarkius. Viele sieht man davon nicht mehr, schon gar nicht inZwölf Seen. Sie sind etwa fünfzig Gurans wert. Mal fünf macht zweihundertfünfzig Gurans. Das ist in meinem Beruf eine gute Bezahlung. Meine übliche Anzahlung beträgt nur dreißig Gurans. Und dann auch noch der Edelstein. Ich werde ihn von Pump, dem Pfandleiher, schätzen lassen.
»Richtet den Delfinen meinen besten Dank aus«, sage ich Dandelion. »Und sagt ihnen auch, dass dies eine sehr großzügige Bezahlung ist.«
»Ich wusste, dass du der richtige Mann warst, um ihnen zu helfen«, behauptet Dandelion. Dann plappert sie weiter davon, dass mein Horoskop irgendwelche Sternenkonstellationen aufweise, die auf Mitgefühl für Delfine hindeuteten. Ich habe keine Puste mehr, um sie zu beschimpfen, also verabschiede ich mich einfach höflich und gehe hinauf zu meiner Zimmerflucht. Dort setze ich mich an den Schreibtisch und starre ins Leere. Mir fällt auf, wie hungrig ich bin. Ich brauche etwas von Tanroses Eintopf. Wenn ich
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