Das Zeitpendel
Das Schiff hat die Zeiten immer dadurch aufrecht erhalten, weil es nachts die Lichter abdunkelte und mir die notwendigen Stunden nannte. Mein Zeitsinn wurde dadurch geschärft. Daher weiß ich, daß jetzt Morgen ist.
Dennoch sind die meisten Lichter aus. Wenn das Schiff tot ist, muß ich eine andere Methode zur Feststellung der Zeit erfinden.
Mein Körper schmerzt. Jeder Muskel meiner Arme und Beine pocht. Vielleicht habe ich mir das Kreuz gehorchen. Die Schmerzen in meinem Gesicht sind unbeschreiblich. Ich schmecke Blut. Meine Augen brennen, als hätte jemand Pfeffer hineingestreut. Ich kann den Kopf nicht bewegen, ohne heftig schmerzende Stiche in meinem Nacken ertragen zu müssen. Es ist eine Schande, daß das Schiff nicht hören kann, wie ich schreie und weine. Das Schiff hat mich in all den Jahren, in denen ich hier lebe, nie weinen gesehen, auch nicht nach den schlimmsten Folterungen. Aber ich habe das Schiff einigemal weinen gehört.
Ich bewege vorsichtig meinen Kopf in der Hoffnung, daß einer der Bildschirme noch aktiviert ist. Auf der Steuerbordseite fällt mein Blick auf den Starfighter 88, der neben dem Schiff mit gleicher Geschwindigkeit dahinfliegt. Ich beobachte ihn lange Zeit und denke daran, daß ich, wenn ich mich wieder erholt habe, hinübergehen werde, um die Frau zu befreien. Ich warte sehr lange, denn ich wage es noch nicht, die Sicherheitsgurte zu lösen.
Die Luftschleuse des Starfighters 88 öffnet sich, und ich sehe die Frau in ihrem Raumanzug langsam zu mir heranschweben. Ich bin nur halb bei Bewußtsein und weiß nicht, ob ich nur träume. Ich sehe die goldenen Krabben in ihrem blauen Wasser schwimmen und höre sie eine sanfte Weise singen. Ich werde wieder bewußtlos.
Als ich wieder aus der Schwärze zu mir finde, fühle ich, daß mich jemand berührt. Ich spüre einen scharfen, stechenden Geruch in meiner Nase. Ich huste, werde völlig wach und recke meinen Körper. Ich stöhne unter den Schmerzen, die jede Faser durchziehen.
Ich öffne meine Augen und sehe die Frau.
Sie lächelt mich mitfühlend an und steckt das Riechfläschchen wieder weg.
»Hallo«, sagt sie.
Das Schiff sagt nichts.
»Seit ich entdeckt habe, wie ich die Kontrolle über meinen Starfighter übernehmen konnte, benutzte ich das Schiff als Lockvogel für die anderen Starfighter. Ich habe einen Weg gefunden, daß es mit anderen Schiffen Kontakt aufnimmt, ohne daß diese merken, daß ich dahinterstecke. Bis jetzt habe ich zehn Männer befreit, du bist der elfte. Es war nicht ganz einfach, aber einige der Männer, die ich befreit habe, haben begonnen, ihr Schiff als Köder zu benutzen, um die weibliche Besatzung der Starfighter zu befreien.«
Ich starre sie an. Sie sieht wunderbar aus.
»Und wenn du keinen Erfolg hattest? Was hast du dann getan? Wenn du die Informationen über den gemeinsamen Fehler nicht an den Mann bringen konntest? Wenn du nicht sagen konntest, daß der Schlüssel zu allem die Zentrale ist?«
Sie zuckte mit den Schultern. »Das ist einigemal geschehen. Die Männer hatten entweder zu große Angst vor ihrem Schiff, oder das Schiff hatte sie so behandelt, daß sie unansprechbar waren, oder sie waren einfach zu dumm, um zu ahnen, daß sie ausbrechen konnten. Ich mußte sie weiterfliegen lassen. Das ist traurig, aber was hätte ich tun sollen?«
Wir sitzen eine Weile da, ohne zu reden.
»Was sollen wir jetzt machen? Wohin sollen wir gehen?«
»Das mußt du selber wissen«, sagt sie.
»Willst du mit mir gehen?«
Sie schüttelt unsicher den Kopf. »Ich glaube nicht. Jeder Mann, den ich befreit habe, wollte das. Aber ich wollte das nicht.«
»Können wir zurückfliegen in unsere Heimatgalaxis, wo wir herstammen und wo der Krieg war?«
Sie steht auf und geht im Raum auf und ab. Sie spricht, aber sie schaut mich nicht an, sondern starrt auf den Bildschirm, wo in der Schwärze die funkelnden Punkte der Sterne leuchten. »Ich glaube nicht, daß uns das gelingen könnte. Wir sind zwar frei auf unseren Schiffen, aber wir können sie nicht dazu bringen, uneingeschränkt für uns zu arbeiten. Wir müßten sonst das Risiko eingehen, daß die Steuerhirne so aktiviert werden, daß sie eventuell die Gewalt wieder an sich reißen. Abgesehen davon, ich weiß gar nicht, wo die Heimatgalaxis ist.«
»Vielleicht könnten wir einen anderen Platz finden, wo wir frei und außerhalb der Schiffe leben könnten.«
Sie fährt herum und blickt mich an.
»Wo?«
Ich erzählte ihr von der Welt, von der eine der
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