Das Leben Mohammeds, des arabischen Propheten (German Edition)
Erstes Capitel.
Einleitende Nachricht über Arabien und die Araber.
Während einer langen Reihe von Zeitaltern, vom Anfange der aufgezeichneten Geschichte bis zum siebenten Jahrhunderte der christlichen Zeitrechnung, blieb die große Halbinsel, welche von dem rothen Meere, dem Euphrat, dem persischen Meerbusen und dem indischen Oceane gebildet wird, und unter dem Namen Arabien bekannt ist, unverändert und von den Ereignissen, welche das übrige Asien bewegten und Europa und Asien bis zu ihrem Mittelpunkte erschütterten, beinahe unberührt. Während Königreiche und Kaiserthümer entstanden und verfielen, während alte Herrscherfamilien verschwanden, während die Gränzen und Namen von Ländern sich veränderten und ihre Bewohner vertrieben oder in Gefangenschaft geführt wurden: so bewahrte Arabien, obgleich seine Gränzprovinzen einige Veränderungen erfuhren, in den Tiefen seiner Wüsten die ursprüngliche Beschaffenheit und Unabhängigkeit, und niemals hatten seine Nomadenstämme die stolzen Nacken unter das Joch der Knechtschaft gebeugt.
Die Araber führen die Ueberlieferungen von ihrem Lande bis in das höchste Alterthum zurück. Es wurde, sagen sie, durch die Nachkommen Sems, eines Sohnes Noahs, bald nach der Sündfluth bevölkert; diese bildeten allmälig mehrere Stämme, von denen die Aditen und Thamuditen die bekanntesten sind. Alle diese ursprünglichen Stämme sollen entweder zur Strafe für ihre Bosheit von der Erde verbannt worden sein, oder bei den nachfolgenden Umwandlungen der Geschlechter sich verloren haben, so daß außer dunkeln Sagen und einigen Stellen im Koran über dieselben Weniges vorhanden ist. Sie werden in der morgenländischen Geschichte als »die alten ursprünglichen Araber«, als »die verlornen Stämme« gelegentlich erwähnt.
Die fortdauernde Bevölkerung der Halbinsel wird von Kahtan oder Joctan, einem Abkömmlinge Sems in der vierten Generation (1. Mos. 10, 25 und 26) nach denselben Erzählungen abgeleitet. Seine Nachkommenschaft breitete sich über den südlichen Theil der Halbinsel und längs des rothen Meeres aus. Yaarab (Ja-arab), einer seiner Söhne, gründete das Königreich Yemen, in welchem die Landschaft Araba nach ihm genannt wurde, wovon die Araber ihren eigenen Namen und den ihres Landes ableiten. Jurham (Dschurham) ein anderer Sohn, gründete das Königreich Hedjaz (Heddschaß), über welches seine Nachkommen viele Zeitalter hindurch die Oberherrschaft ausübten. Unter diesen Leuten fand Hagar und ihr Sohn Ismael freundliche Aufnahme, als sie vom Erzvater Abraham aus der Heimath verwiesen wurden. Im Laufe der Zeit nahm Ismael die Tochter Modad’s, eines regierenden Fürsten aus Jurhams Familie, zum Weibe, und so wurde ein Fremder und Hebräer dem arabischen Urstamme einverleibt. Er erwies sich als ein fruchtbares Reis. Ismaels Weib gebar zwölf Söhne, welche die Herrschaft über das Land erwarben, und deren fruchtbares, in zwölf Stämme getheiltes Geschlecht den Urstamm Joctans vertrieb oder unterjochte und in Vergessenheit brachte. Das ist die Auskunft, welche die Araber der Halbinsel über ihren Ursprung geben.
Außer den Arabern der Halbinsel, welche sämmtlich Sems Geschlechte angehörten, gab es noch andere, die Chusiten hießen, weil sie von Chus, dem Sohne Hams abstammten. Sie bewohnten die Ufer des Euphrats und des persischen Meerbusens. Der Name Chus wird in der Schrift häufig sowol den Arabern überhaupt, als auch ihrem Lande gegeben. Wahrscheinlich sind es solche Araber, welche gegenwärtig die wüsten Landstriche des alten Assyriens durchziehen und in der neueren Zeit zur Ausgrabung der lang verschütteten Ruinen von Ninive verwendet worden sind. Bisweilen werden sie syrische Araber genannt. Die gegenwärtige Darstellung bezieht sich jedoch nur auf die Araber der Halbinsel oder auf das eigentliche Arabien.
Jene Vermehrung und Herrschaft der Nachkommen Ismaels betrachten christliche Schriftsteller als Erfüllung der Verheißung, welche Abraham von Gott gegeben wurde und die in der heiligen Schrift (1. Mos. 17, 18 und 20) so lautet: »Und Abraham sprach zu Gott: Ach, daß Ismael leben sollte vor dir! Dazu um Ismael habe ich dich auch erhöret. Siehe, ich habe ihn gesegnet und will ihn fruchtbar machen und mehren fast sehr. Zwölf Fürsten wird er zeugen, und will ihn zum großen Volk machen.«
Diese zwölf Fürsten nebst ihren Stämmen werden nachher in der Bibel (1. Mos. 25, 18) genannt als Insassen des Landes »von Hevila bis gen Sur gegen
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