Davidson, Mary Janice - Unter Wasser liebt sich's besser
1
„Entschuldigen Sie bitte, sind Sie eine Meerjungfrau?“
„Warum?“ Fred schlenderte durch die große, helle Küche und versuchte sich nicht anmerken zu lassen, wie beeindruckt sie von dem Meeresblick war. Sie wusste, dass die Maklerin sich auf ihre Antwort stürzen würde wie ein Bluthund auf eine Schweißspur. „Bekomme ich dann Rabatt? ‚Zeigen Sie uns Ihre Flossen, und wir geben Ihnen zehn Prozent’? So etwa’?“
Die Maklerin errötete. Da sie den hellen Teint der Rothaarigen hatte, sah sie aus, als würde sie gleich einen Schlaganfall bekommen. Fred fragte sich, wie lange der Notarzt wohl brauchen würde.
„Ich wollte nichts dergleichen damit sagen.“ Sie hüstelte. „Es ist nur … Ihr Haar.“
„Ich weiß. Ich habe meinen Friseur gefeuert.“ Fred zupfte an den Spitzen ihrer grünen Haare, die sie jetzt kinnlang trug. Früher hatten sie ihr beinahe bis zur Rückenmitte gereicht, aber so kurz waren sie viel pflegeleichter. Ihr Freund Jonas hatte natürlich geschrien, als würde man ihn erdolchen, als er sie mit der neuen Frisur gesehen hatte. „Und mein Freund wirft es mir immer noch vor. Mein blöder Freund.“
„Aber es ist blau.“
„Genau genommen ist es grün.“ Sie öffnete einen Schrank, um zu sehen, wie tief er war. „Wie der Ozean, der sieht auch blau aus, ist aber in Wahrheit grün. So ist es auch mit meinen … Funktioniert der Müllschlucker?“
„Was … äh, ja. Alle Haushaltsgeräte sind in der Miete inbegriffen. Genau wie das Mähen des Rasens. Und … sind Sie eine?“
„Die Miete ist ganz schön hoch. Wofür brauche ich vier Schlafzimmer? Wissen Sie, was das bedeutet? Dass ich viele Überraschungsgäste haben werde. ‚Fred, du hast doch genug Platz. Wir bleiben einen Monat.’ Haben Sie eine Ahnung, wie sehr ich Überraschungsgäste hasse? So wie ein fettes Kind Slim Fast hasst. Außerdem werde ich die meiste Zeit des Jahres in einer Wohnung in Boston wohnen. Den Rasen zu mähen würde mir sogar Spaß machen.“
„Ich meinte, sind Sie eine Meerjungfrau?“
„Es heißt ‚Angehörige des Unterseevolkes’.“
„Ja, also sind Sie eine’?“, drängte die Maklerin weiter und lehnte sich zu Fred hinüber, so nah, dass diese gegen die Spülmaschine zurückwich und die Fäden auf den Blusenknöpfen der Maklerin zählen konnte „Ich habe Sie im Fernsehen gesehen. In den Nachrichten. Ich bin ganz sicher. Also, sind Sie eine?“
„Warum? Haben Sie Sorge, dass Sie meine Bürgen nicht erreichen könnten?“ Fred quetschte sich an ihr vorbei und durchquerte die Küche.
Riesige Fenster, die den Blick auf den Golf freigaben, nahmen diese Seite des Hauses ein. Es war der 11. Februar nachmittags halb drei, und sie besichtigte ein Haus auf Sanibel Island in Florida, das sich ohne Probleme auch auf einem Immobilienmarkt, der ganz in den Keller gerutscht war, für fünf Millionen Dollar hätte verkaufen lassen. Die Maklerin verlangte fünftausend Dollar Miete die Woche.
„Außerdem sind Sie hergeschwommen. Die meisten Leute würden mit dem Auto kommen.“
„Wollen Sie mir damit auf nicht eben feinfühlige Weise vorwerfen, dass ich Salzwasser auf die Böden getropft habe? Außerdem musste ich den unglaublich üppigen Brownie Sunday, den ich zum Frühstück gegessen habe, abtrainieren. Wo sind die Waschmaschine und der Trockner?“
„Gleich hier drüben.“ Die Maklerin, deren Namen Fred vergessen hatte, öffnete eine Tür und machte eine einladende Geste mit der Hand. Fred folgte ihr mit den Blicken und sah einen Wäschetrockner in einem makellos sauberen Haushaltsraum vor sich.
„Hmmm.“
Das gesamte Erdgeschoss (außer der Toilette) war ein einziger riesiger Raum. Vom Flur aus kam man direkt in eine Essdiele, die in die Küche und in das anschließende Wohnzimmer überging. An dieses schloss sich eine große Veranda an, die sich beinahe über die ganze Länge des Hauses hinzog. Die Wände waren milchpulverfarben gestrichen; Mobiliar und Dekor waren ganz im Stil Moderner Millionär gehalten. Durch die weit geöffneten Fenster kam eine frische Brise und bauschte die Vorhänge.
Im Obergeschoss befanden sich die Schlafzimmer und drei Badezimmer, eines davon mit einem Whirlpool, in dem eine Fußballmannschaft Platz gefunden hätte. Zwei der Schlafzimmer hatten ebenfalls Meeresblick. Durch die cremefarbenen Wände wirkte das große Haus sogar noch geräumiger, als es ohnehin schon war.
Fred blickte nachdenklich über die Rasenfläche, hinüber zu den
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