DEAD SHOT
Diagnostiziert wurden körperliche Erschöpfung, starker Sonnenbrand und Dehydrierung, aber keine äußeren Verletzungen. Juba streckte sich lang auf der Pritsche aus und genoss die kurze Ruhepause in der klimatisierten Luft.
Als der Tropf allmählich aufgebraucht war, trat ein höflicher US Intelligence Captain an Jubas Pritsche. Er hatte die britischen Kommandeure bereits wissen lassen, dass ihr Mann gerettet worden war. »Die glaubten, Sie wären tot«, sagte der Captain und nahm auf einem Stuhl Platz. Er fand, dass der Mann furchtbar aussah. »Also, was ist dort draußen passiert, Sergeant?«
Der Offizier machte sich ein paar Notizen, während Juba noch einmal von dem Auftrag erzählte, der schiefgelaufen war. »Tut mir leid, das mit Ihrem Kollegen«, sagte der Amerikaner und steckte das Notizbuch wieder ein. »Verdammter Mist.«
»Gehört eben zum Job.« Juba seufzte und legte den Kopf wieder auf das grüne Laken der Metallpritsche.
»Ihre Instruktionen lauten, dass Sie sich ausruhen sollen und erst dann zu Ihrer Einheit zurückkehren, wenn Sie gesundheitlich wiederhergestellt sind«, erklärte der Captain.
Der viel beschäftigte uniformierte Arzt kam noch einmal kurz zu Juba, untersuchte ihn und zog die Kanüle aus der Armbeuge. »Ihr Entlassungsschein ist schon unterschrieben, Sergeant«, sagte er. »Sie sind bald wieder fit, werden aber hier und da noch ein paar Schmerzen haben, nicht zuletzt wegen des Sonnenbrands. Trinken Sie viel und essen Sie ordentlich. Hier ist noch etwas Salbe gegen den Sonnenbrand. Wenn Sie noch mehr davon brauchen, dann kommen Sie einfach zur Medikamentenausgabe. Möchten Sie für heute Abend noch ein Schlafmittel?«
»Nein, Sir. Ich habe schon Schlimmeres durchgemacht.«
»Also gut. Dann dürfen Sie jetzt gehen. Viel Glück.«
Der Intelligence Officer hatte unterdessen gewartet. »Kommen Sie mit, Sergeant. Ich bringe Sie zur Kantine und besorge Ihnen für heute Nacht ein Bett in unserem Gästehaus. Sie ruhen sich aus und melden sich dann bei Ihrem Hauptquartier. In der Zwischenzeit sind Sie Gast auf Uncle Sams Kosten.«
Juba richtete sich auf der Pritsche auf, stand langsam auf und reckte sich. Sein Körper war schlank und muskulös. Er zog die Uniformjacke an. »Danke, Sir, aber ich habe da meine eigenen Pläne. Ich nehme mir ein Hotelzimmer, plündere die Minibar, werde lange duschen, etwas Anständiges essen und dann zwei Tage lang schlafen.«
»Verstehe«, sagte der Offizier. »Ich habe alles notiert, was ich wissen musste. Passen Sie auf sich auf.« Er brachte Juba zu den Duschräumen, wo der Scharfschütze sich in einer Kabine einschloss und die Hose herunterließ. Aus einer Plastikfolie, die genau über seinem rechten Stiefel gesteckt hatte, holte er Dokumente hervor und schob diese nun in seine Hemdtasche. Dann verließ er die Kabine, unterschrieb an der behelfsmäßigen Waffenausgabe einen Zettel, nahm sein Gewehr entgegen und verließ das Hospital. Er war wieder auf der Jagd. Und dem Ziel näher als zuvor.
Beim Überqueren des Militärgebiets in der Grünen Zone ließ er sich Zeit und hielt auf das neue Nineveh Hotel zu: ein Fünfsterneluxuspalast mit vierhundert Zimmern, der Sicherheit gewährte. Zur opulenten Ausstattung gehörten auch ein Schwimmbad, ein Feinschmeckerrestaurant und andere luxuriöse Angebote für ausländische Besucher, Diplomaten und Geschäftsreisende. Mit dem charakteristischen schlanken Turm und den Kommunikationssystemen auf dem Dach gehörte das Hotel zu den höchsten Gebäuden Bagdads.
Auf den ersten Blick unterschied sich die Hauptstadt des Irak kaum von den anderen Metropolen des Mittleren Ostens, aber selbst das geschäftige Treiben in den Straßen und die rege Handelstätigkeit konnten nicht darüber hinwegtäuschen, dass Bagdad nach wie vor eine militärisch kontrollierte Stadt war. Daher kam es dem Concierge an der Hotelrezeption keineswegs eigenartig vor, als Juba ihm die Papiere reichte, die er in der Plastikhülle aufbewahrt hatte. Die Dokumente ermöglichten Juba freien Zugang zu der Suite im zwölften Stock für eine nicht näher spezifizierte »notwendige militärische Maßnahme«. In der besetzten Stadt öffnete dieser Code einem Tür und Tor. Der Concierge führte den Soldaten zu der gewünschten Suite und scherzte während der Fahrt im Aufzug, dass die Lage sich doch allmählich stabilisierte. Leise unaufdringliche Musik dudelte aus dem Lautsprecher.
Juba bedankte sich, schloss dann die Zimmertür hinter sich ab und
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