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Die Erwaehlten

Die Erwaehlten

Titel: Die Erwaehlten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Westerfeld
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rex
    8.11 Uhr morgens
    1
    Am ersten Schultag waren die Flure der Bixby Highschool immer schrecklich hell. Leuchtstoffröhren summten unter weißen, frisch von toten Insektenkörpern gereinigten Plastikschirmen mit Wabenmuster von den Decken. Die frisch gebohnerten Fußböden blendeten in der harten Septembersonne, die durch die offenen Eingangstüren der Schule hineinschien.
    Rex Greene ging langsam, wobei er sich fragte, wie Schüler, die an ihm vorbeidrängelten, in dieses Gebäude hineinrennen konnten. Er musste um jeden Schritt ringen, kämpfte gegen den schmerzhaften Glanz der Bixby High, gegen das Wissen, hier für ein weiteres Jahr festzusitzen. Für Rex bedeuteten Sommerferien, sich verstecken können, und jedes Jahr überkam ihn an diesem Tag ein flaues Gefühl, als ob er gerade entdeckt, gefangen, wie ein Gefangener auf der Flucht im Suchscheinwerfer gebannt worden wäre.
    Rex blinzelte in der Helligkeit und schob seine Brille mit einem Finger hoch. Am liebsten hätte er dunkle Scheiben über den dicken Gläsern getragen. Eine Schicht mehr zwischen ihm und der Bixby Highschool.
    Die bekannten Gesichter waren alle da. Timmy Hudson, der ihn in der Fünften fast täglich verprügelt hatte, überholte ihn, ohne Rex eines Blickes zu würdigen. In der wogenden Menge fanden sich all die alten Peiniger und Klassenkameraden aus Kindertagen, aber nicht ein Einziger schien ihn noch zu erkennen. Rex zog seinen langen, schwarzen Mantel dichter an seinen Körper und quetschte sich an die Schrankreihe an der Wand, wartete darauf, dass sich die Menge zerstreuen würde, während er sich fragte, wann genau er unsichtbar geworden war. Und warum. Vielleicht lag es daran, dass ihm die Welt bei Tageslicht inzwischen so wenig bedeutete.
    Er schob sich weiter in Richtung Klassenzimmer.
    Dann sah er das neue Mädchen.
    Sie war in seinem Alter, vielleicht ein Jahr jünger. Sie hatte tiefrotes Haar und trug eine grüne Büchertasche über ihrer Schulter. Rex hatte sie noch nie gesehen, und das war in einer so kleinen Schule wie der Bixby High ziemlich ungewöhnlich. Dass sie neu war, wunderte ihn aber gar nicht so sehr.
    Er sah sie verschwommen.
    Ein leichter Film lag über ihrem Gesicht und den Händen, als ob sie hinter einer dicken Scheibe stehen würde. Die anderen Gesichter auf dem überfüllten Flur sah er deutlich im hellen Sonnenlicht, aber ihres wollte nicht schärfer werden, egal, wie sehr er hinstarrte. Sie schien außerhalb seines Fokus’ zu existieren, wie Musik, bei der man die Kopie von der Kopie auf einem alten Kassettendeck abspielte.
    Rex blinzelte, versuchte, seinen Blick zu schärfen, aber der unscharfe Film blieb über dem Mädchen, folgte ihr, als sie tiefer in die Menge eintauchte. Er verließ seinen Platz an der Wand und bahnte sich einen Weg hinter ihr her.
    Das war ein Fehler. Inzwischen war er sechzehn und viel größer, sein schwarz gefärbtes Haar auffälliger denn je, weshalb ihn seine Unsichtbarkeit verließ, als er sich zielstrebig durch die Menge drängte.
    Ein Stoß von hinten brachte ihn aus dem Gleichgewicht. Weitere Hände sorgten dafür, dass er heftiger schwankte, vier oder fünf Jungs arbeiteten gemeinsam daran, bis er durch einen Schlag zum Stehen kam, bei dem seine Schulter gegen die Schrankreihe an der Wand krachte.
    „Aus dem Weg, Trottel!“ Rex spürte, wie ihn eine Ohrfeige traf. Er blinzelte, als die Welt um ihn herum verschwamm, der Flur sich in einen Wirbel aus Farben und Klecksen auflöste. Das Ekel erregende Geräusch, mit dem seine Brille über den Fußboden schlitterte, erreichte sein Ohr.
    „Rex hat seine Brille verloren!“, ertönte eine Stimme. Timmy Hudson wusste also noch, wie er hieß. Gelächter setzte sich den Flur hinab fort.
    Rex fiel auf, dass er seine Hände von sich gestreckt hatte, wie ein Blinder, der in der Luft tastete. Er hätte genauso gut blind sein können. Ohne seine Brille sah die Welt aus wie ein Gemisch aus bedeutungslosen Farben.
    Die Glocke ertönte.
    Rex lehnte an den Schränken, wartete, bis sich der Flur leerte. Jetzt würde er das neue Mädchen nie mehr einholen. Vielleicht hatte er sie sich eingebildet.
    „Hier“, hörte er eine Stimme.
    Als er den Blick hob, klappte Rex’ Kiefer nach unten.
    Ohne Brille konnte Rex sie mit seinen schlechten Augen perfekt sehen. Der Flur hinter ihr war noch immer ein Durcheinander aus ineinanderfließenden Formen, aber ihr Gesicht stach hervor, klar und deutlich. Jetzt fielen ihm ihre grünen Augen auf, mit

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