Deathkiss - Suess schmeckt die Rache
Sie versuchte, sein Gesicht im Auge zu behalten, auf Hinweise darauf zu achten, was er als Nächstes vorhatte.
Aber wusste sie das nicht im Grunde bereits? Der Benzingeruch verhieß ihr einen sicheren, schmerzhaften Tod.
»Kannst du nicht schneller fahren?«, drängte Travis, als der Pick-up die schmale, kurvenreiche Holzfällerstraße hinaufraste. Draußen war es stockfinster, nur die Scheinwerfer durchschnitten die Schwärze.
»Wir wollen doch lebend ankommen, oder?«, knurrte Santana, trat dann jedoch aufs Gaspedal, dass die Reifen durchdrehten.
»Da ist sie!«, rief Dani, als die schmale Brücke ins Blickfeld kam. »Hier hat er seinen Wagen abgestellt.
Sie waren stetig durch bewaldete Berge gefahren, und mit jeder Minute, die verstrich, steigerte sich Travis’ Angst. Er betete, Shannon möge noch am Leben sein. Wenn sie sie nur rechtzeitig fanden, wenn Dani nur recht hatte und der Mörder Shannon wirklich in seinen Unterschlupf gebracht hatte.
Sonst würde er sie wohl nicht lebend wiedersehen.
Die Angst ließ ihm das Blut in den Adern stocken, und er hielt seine Tochter fest im Arm.
Gib, dass sie noch am Leben ist, betete er stumm. Gib, dass wir sie finden … o Gott, bitte!
Shannon zerrte so wild an ihren Fesseln, dass ihre Handgelenke schmerzten.
Ryan schritt auf und ab. Erklärte. Es schien ihn zu erleichtern, sich alles von der Seele reden zu können.
»Deine Brüder hatten sich diese großartige, lächerliche Zeremonie zurechtgelegt, wie in einem Geheimbund … Sie nahmen im Wald an den Zacken eines Sterns Aufstellung, und dann gelobte einer nach dem anderen, mich umzubringen. Kannst du dir das vorstellen?« Er beugte sich vor, bis seine Nase fast die ihre berührte. »Deinetwegen. Weil sie dich beschützen wollten, vor mir. Dabei war ich dein Mann! Dein Ehemann! Du solltest mich lieben und ehren! Erinnerst du dich an dein Gelöbnis, du Miststück?«, tobte er und hob die Hand, als wollte er sie schlagen.
Sie funkelte ihn an, ihr Herz hämmerte, ihre Nerven zuckten. Stumm forderte sie ihn heraus zuzuschlagen. Wie früher. Sein Gesicht verzerrte sich vor Wut, sein zugeschwollenes Auge verlieh ihm das Aussehen des Wahnsinnigen, der er letztendlich ja auch war.
»Ich wäre in jener Nacht getötet worden, wenn nicht Oliver mit seinen Gewissensbissen gewesen wäre. Er hat es mir verraten. Hat mich in das Geheimnis eingeweiht. Erklärt, was geschehen sollte, und mich gedrängt, die Stadt zu verlassen.«
»Aber das hast du nicht getan.«
»Du kennst mich doch, Shannon, ich laufe nicht davon.« Er lachte höhnisch. »Ich rechne ab. Es war ganz einfach. Neville war genauso groß wie ich. Er hat nichts geahnt.«
»Neville?«, flüsterte sie und wappnete sich für eine grauenhafte Wahrheit.
»Deshalb hat niemand je erfahren, dass ich die Nacht überlebte: Ich verwandelte mich in Neville. Ich habe ihn entführt, ihn verhört und herausgefunden, dass sein verrückter Zwilling die Wahrheit sagte. Dann habe ich die Rolle mit ihm getauscht, habe seine blöde Verkleidung getragen und bin zu dem Treffen im Wald gegangen, um zu erfahren, dass alles der Wahrheit entsprach. Deine Brüder planten meine Ermordung. Sie machten eine große Show daraus, und der Anführer – nach Nevilles Aussage Shea, auch wenn es keiner wissen sollte – erklärte den Plan. Sie alle gelobten in jener Nacht, Ryan Carlyle zu töten. Kapierst du?« Er umrundete sie immer noch, jetzt in rasender Wut. Shannon war übel von dem Benzingestank. »Ich bin ihnen lediglich zuvorgekommen. Ich habe meine Brieftasche bei Neville zurückgelassen, habe sie halb im Boden vergraben, damit sie nicht völlig von den Flammen vernichtet wurde. Ich ging davon aus, dass Neville bis zur Unkenntlichkeit verbrennen würde. Zu meinem Glück hatte deine Familie ein paar kleine Geheimnisse, die sie hüten wollte. Deine Brüder identifizierten Nevilles sterbliche Überreste als meine.«
»Das hätten sie nie getan. Sie würden keine Lügen über Nevilles Tod erzählen.«
»Nicht? Nun, vielleicht waren sie sich auch nicht ganz sicher. Jedenfalls wurde der Tote als Ryan Carlyle identifiziert, und alle waren glücklich und zufrieden.«
Shannon konnte es nicht fassen. Sie versuchte, auf taub zu schalten, nur an ihre Flucht zu denken.
»Dabei ist das hier passiert.« Er wies auf seinen Rücken. »Auf der Flucht bin ich gestolpert und wurde von den Flammen eingeholt. Aber ich konnte entkommen. Neville nicht.«
Shannon zuckte vor dem Anblick von Ryans
Weitere Kostenlose Bücher