Deception – Betörendes Trugbild – Teil 3 (German Edition)
besaß eine grandiose Aussicht auf einen See, wenn dieser auch nicht so groß war wie der Lago Maggiore. Ein kleiner Steg führte von ihrem Garten direkt ans Wasser und sie hatte sich schon vorgenommen, im Sommer den Tag so oft wie möglich mit einem Bad im See zu beginnen.
Wie versprochen tauchte ein Kellner mit einer großen, silbernen Kanne auf und goss den sehnlichst erwarteten Kaffee ein. Dankbar griff Sam nach der Tasse, lehnte den Kopf zurück und schloss genießerisch die Augen. Sie sog das Aroma ein und lächelte dann Scott an. „Wenn er so gut ist wie er riecht, sollen dir alle Sünden verziehen sein.“
Erwartungsvoll beobachtete Scott, wie Sam einen Schluck nahm und dann nickte. „Ja, der ist wirklich verdammt gut.“
Mit einem lauten Ausatmen wischte er sich den imaginären Schweiß von der Stirn und lachte erleichtert. „Da habe ich ja wirklich noch einmal Glück gehabt.“ Einen Moment lang schwiegen sie beiden, dann hielt Scott ihr den Brötchenkorb hin. „Ich muss mich auch für dein beherztes Eingreifen gestern Abend bedanken. So kalt das Wasser aus dem Gartenschlauch auch war, verdient hatte ich es.“
Sam kicherte leise. „Sei froh, dass ich den Schlauch gesehen habe. Mein erster Impuls war es, euch in den Pool zu werfen und zu gucken, ob ihr noch schwimmen könnt.“
Scotts Auflachen klang ehrlich und sympathisch. „Verdient hätten wir das vermutlich auch. Ich war auch einfach zu dämlich und habe mich von den Frauen überreden lassen – was soll ich sagen, hübschen Frauen konnte ich noch nie widerstehen.“ Er schenkte ihr ein 400-Watt-Lächeln und Samantha konnte die faule Lüge gegen den Wind riechen. Eve und Susan wirkten wie eher Mitläufer und sie war sich sicher, dass Scott der dazugehörige Anstifter war. Ethan hatte ihr gestern Abend schon verraten, dass Scott berauschenden Substanzen nicht abgeneigt war.
Plötzlich schrillten ihre Alarmglocken im Hinterkopf: Es passte überhaupt nicht zu Ethans Charakter, dass er dieses kleine Geheimnis so überaus bereitwillig ausgeplaudert hatte. Das gab ihr zu denken. Samantha beschloss, unauffällig nachzuforschen. „Kennst du Ethan schon lange?“
Für einen Moment erschien Scott nervös, dann hellte seine Miene sich auf. „Wir waren zusammen auf der Schule, also im Grunde kenne ich ihn schon ewig.“
Samantha speicherte die Information ab und wunderte sich darüber, dass Ethan behauptet hatte, sie seien vor nicht allzu langer Zeit Nachbarn gewesen. Solche Geschichten sollte man lieber untereinander absprechen – diese Anfänger. Ihre Neugier war geweckt; sie würde herausfinden, was es mit dem schüchternen Biologen auf sich hatte.
Scott erzählte eine amüsante Anekdote von einer Bootstour, die er, Ethan und Zachary angeblich gemeinsam mit ihren Vätern in Schottland unternommen hatten und Sam schaltete auf Autopilot. Mechanisch stimmte sie zu, während sie an dem Kaffee nippte und sich am Essen bediente.
Die Männer, die sie momentan umwarben, verwirrten sie allesamt. Wobei sie sich nicht sicher war, ob Michael überhaupt in diese Kategorie gehörte. Hätte sie all das vorher gewusst, hätte sie wahrscheinlich doch auf Becky gehört. „Wenn es dir um das Geld geht, kannst du dann nicht einfach einen Roman über die Männer schreiben? Eine Art Enthüllungsbuch mit den schrägsten Kunden, die du getroffen hast, meine ich. Verpass ihnen witzige Spitznamen, das ist doch sicher ein Knüller! Dann musst du jetzt nicht in die Schweiz reisen.“
Ihre beste Freundin hatte vermutlich Recht gehabt. Doch dieses Mal ging es Sam nicht um Geld oder darum, ihr Vermögen aufzustocken. Sie wusste, dass die Brüder Winters im Besitz des Originals waren, die „Madame Récamier“ hing irgendwo in diesem verdammten Haus.
Unzählige Gefallen hatte Samantha einfordern müssen, um endlich an diese Information zu kommen. Zum Glück hatte sie in ihrer Zeit als Diebin genug Druckmittel gesammelt, um jeden in die Knie zu zwingen – jeden außer Michael Hunt, wisperte die Stimme in ihrem Hinterkopf.
Ein wenig pikiert, dass ihr seine Kamera damals im Hotelzimmer entgangen war, war sie noch immer. Doch im Gegensatz zu Michael, der sie ständig daran erinnerte, was in München vorgefallen war, hatte sie offenbar eine etwas gelassenere Einstellung zur Vergangenheit – ändern konnte sie sie ohnehin nicht.
Jetzt galt es, das unvergleichliche Gemälde von Jacques-Louis David ausfindig zu machen und Michael dazu zu bringen, ihr das Original des Videos
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