Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Decker & Lazarus 08 - Doch jeder toetet, was er liebt

Decker & Lazarus 08 - Doch jeder toetet, was er liebt

Titel: Decker & Lazarus 08 - Doch jeder toetet, was er liebt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
Vom Netzwerk:
Bruchbude zum Stehen. Es war gar nicht mal ein schlechtes Haus, nur reparaturbedürftig. Die Außenverkleidung musste gestrichen werden, der Stuck bröckelte, und das Dach war alt und durchlässig. Von zwei Wannen im letzten Winter hatten wir es auf fünf beim letzten Regen gebracht. Der Aufstieg aufs Dach war eigentlich als Wochenendbeschäftigung für meinen Vater vorgesehen, aber er widmete sich lieber dem Schnaps und einer Sportübertragung im Fernsehen. Mein Vater war ein fauler Sack – einer von der Sorte, die sich bis zur Besinnungslosigkeit besäuft. Dabei entglitt er ganz langsam immer weiter, bis Jeans Gemäkel zur Musikuntermalung im Fahrstuhl wurde.
    Chris half Melissa mit ihrem Sicherheitsgurt. Als sie befreit war, sprintete sie zur Haustür und weiter im Galopp die Treppe hinauf, kaum dass das Schloss aufgesprungen war.
    »Heh, Moment mal, junge Dame«, rief ich hinter ihr her. »Die Spülmaschine ist noch nicht ausgeräumt.«
    »Das mache ich später«, brüllte sie von oben zurück.
    »Berühmte letzte Worte«, murmelte ich vor mich hin. Dann rief ich zurück. »Lass nur. Ich mach das schon.« Ich wandte mich Chris zu. »Setz dich doch. Möchtest du etwas trinken? Saft? Mineralwasser? Ich kann dir sogar einen Kaffee machen, so viel Zeit habe ich jetzt.«
    »Kaffee wäre großartig.«
    Ich sann über mein Glück nach, fast eine ganze Stunde gewonnen zu haben. Ich setzte Kaffee auf, dann warf ich einen Blick in den Eisschrank. Jean hatte ein Brathuhn vorbereitet. Ich nahm es heraus.
    »Das wird zäh wie Leder, wenn ich es jetzt reinschiebe«, sagte ich zu mir selber. »Am besten brate ich es auf kleiner Flamme ganz langsam.« Das sagte ich in den Ofen hinein und stellte die Temperatur auf 150° Celsius. Dann ging ich in den Wirtschaftsraum und warf die nassen Sachen von der Waschmaschine in den Trockner. Ich kam in die Küche zurück und nahm grünen Salat und Tomaten aus dem Gemüsefach und bereitete den Salat vor. Als ich aufschaute, sah ich Chris, der vom Esszimmer aus zu mir herüber starrte. Ich war so sehr in meine tägliche Routine versunken gewesen, dass ich ihn ganz vergessen hatte.
    Ich ließ den Salat stehen und trocknete mir die Hände ab. »Der Kaffee ist fast fertig.«
    Er kam zu mir in die Küche. »Machst du das jeden Tag?«
    »Was?«
    »Kochen, Waschen … Kinderbetreuung?«
    »Es gibt eine Geschichte über mich. Der Titel ist ›Aschenputtel‹.« Ich nahm zwei Kaffeebecher herunter. »Aber ich sag dir was. Ich warte nicht auf den Märchenprinzen. Da schaffe ich mir eher ein Dienstmädchen an.« Ich schaltete die Kaffeemaschine aus und holte Milch und Zucker. »Wie trinkst du deinen Kaffee?«
    »Einfach schwarz.«
    »Ein richtiger Mann.«
    »Total macho.«
    Ich tat reichlich Zusatzstoffe in meinen Kaffee, ging wieder ins Esszimmer und nahm meinen Kalender aus dem Rucksack. »Montags um acht habe ich noch was frei. Oder ich kann dir Dienstag um acht eine Stunde geben …«
    »Terry, warum setzt du dich nicht hin und lässt mich erzählen, worum es geht?« Er zeigte auf den Stuhl. »Bitte.«
    Ich setzte mich und fragte mich sofort, warum ich auf ihn hörte. Das hier war mein Haus, und er spielte den Gastgeber.
    Er trank einen Schluck Kaffee und sah mich mit ernstem Gesicht an. »Wenn alles gut geht, bekomme ich nächsten Herbst einen Platz an der Eastman School of Composition in New York. Im ersten Jahr hier habe ich mich so durchgemogelt. Diesmal habe ich keinen blassen Schimmer, aber ich komme bei den Klausuren schon durch, wenn ich mich genug reinhänge.«
    Ich nickte.
    Er pustete sich eine blonde Haarsträhne aus den blauen Augen. »Außerdem bin ich viel unterwegs. Ich übernehme Gigs.«
    »Gigs?«
    »Ich mache Vertretungen bei Ensembles, Orchestern, Kammerorchestern. Ab und zu spiele ich bei irgendeiner besonderen Gelegenheit in einer Kleinstadt auch schon mal ein Solo. Normalerweise sind das immer nur ein oder zwei Vorstellungen. Aber ich bin dann zusätzlich für ein bis zwei Tage vorher zum Proben weg. Ich bin also vielleicht auch mal eine ganze Woche nicht da. Ich verpasse viel Unterricht.«
    Er nippte wieder an seinem Kaffee.
    »Ich habe mit Bull Anderson gesprochen. Er sagt, du nimmst fünfzehn die Stunde.«
    »Das stimmt.«
    »Dann wirst du dir an mir eine goldene Nase verdienen. Ich denke nämlich, dass ich ungefähr zwei Stunden brauche, und zwar fünf Tage die Woche. Ich brauche dich als richtige Lehrerin, nicht nur zur Nachhilfe. Kriegst du das hin?«
    Er verstummte.

Weitere Kostenlose Bücher