Deckfarbe: Ein Künstlerroman (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)
gut für sie war.
Der Untersuchungsbeamte Warmbrandt schaltete sich ein: »Und wie war das mit dem anderen Künstler? Gustave Garoche? Hat er Sie auch angefasst?«
Gespannt setzte sich Gustave kerzengerade in seinem Bett auf: »Ja, zuerst schon und dann nicht mehr. Er war sehr zärtlich und lieb. Dann wollte er aber auf einmal nicht mehr. Ich weiß nicht, ob er eine andere Frau hatte. Eine kam mal zu Besuch, und sie wollten Schweinkram machen, da habe ich nicht mitgemacht.«
Dass sie dem Maler Modell gestanden hatte, und das mehr als einmal, verschwieg Ada geflissentlich, wohl auch aus Rücksicht auf ihr neues Leben als Frau Löffel und ihre entsprechende Stellung im Dorf. Die Zeichnungen, auf denen Ada zu erkennen war, wurden vor- und fürsorglich von ihrem zukünftigen Schwiegeronkel Heinrich Löffel beseitigt.
Mit dem ›Schweinkram‹, den Ada erwähnte, musste sie wohl das letzte Zusammentreffen mit Barbara Leville gemeint haben. Doch obwohl Garoche damals insgeheim eine Ménage-à-trois durchaus gereizt hätte, war außer der nackten Begegnung der beiden Frauen nie Unschickliches passiert – höchstens in der blühenden Fantasie der Ada Gerster.
In ihrer weiteren Aussage gab Ada an, Heinrich Löhner habe ihr Geld gegeben, damit sie für ein paar Tage zu ihren Eltern fuhr. Wie sich später herausstellen sollte, wollte er sie aus dem Haus haben, um Katuschke zu töten. Im Laufe der nächsten Wochen gab er der Hausangestellten noch mehr Geld, damit sie das plötzliche Verschwinden Erwin Katuschkes für sich behielt. Sie hätte sich aber sowieso nichts dabei gedacht, dass Katuschke nicht mehr da war. Ihr war es lieber so.
Gustave las die letzten Sätze noch einmal laut vor.
»Sie wollte mich für sich allein, und der Katuschke stand ihrem häuslichen Familienglück im Weg.«
»Na«, schmunzelte Eduard, »da war sie ja gerade an den Richtigen gekommen. Alter Schürzenjäger!«
Dass Ada den freiheitsliebenden Künstler begehrte, ihn aber nicht bekam, hätte Garoche um ein Haar an den Galgen gebracht. Denn die böswilligen Verleumdungen, glücklicherweise allesamt sehr unglaubwürdig, ließen sich nur so erklären. Gustave Garoche, so Ada, hätte ihr gegenüber die Mithilfe an der Ermordung Katuschkes gestanden. Sie hätten im Bett gelegen, und nachdem Ada ihn befriedigt habe, hätte der Maler die Tat gestanden, ja, sogar damit geprahlt, wie er den Kollegen an den Haken gehängt hatte. Auf die Nachfrage Detmers, warum sie denn nicht gleich zur Polizei gegangen sei, antwortete sie, Garoche habe gedroht, sie ebenfalls aufzuhängen oder die Kellertreppe hinunterzustoßen, wenn sie irgendjemandem etwas erzähle. Letztlich habe ihr Verlobter Jürgen Löffel ihr geraten auszusagen.
Gustave sah von seinem Schriftstück auf, direkt in das fragende Gesicht seines Freundes. »Seit dem Tod Katuschkes habe ich sie nicht mehr angefasst. Ich konnte einfach nicht mehr. Damit ist sie wohl nicht fertiggeworden.« Dann erzählte er ihm, wie er Ada und den Jungen beim Knutschen im Keller erwischt und ihn gedemütigt hatte.
»Nur gut, dass die Polizei ihren Angaben ebenfalls keinen Glauben schenkt, sonst stünde es in der Tat um dich nicht zum Besten. Aber so …«
Auf diese letzte Andeutung hin schloss Gustave erstaunt die Akte. Eduard verkündete seinem Freund die gute Nachricht, allerdings mit einem kleinen Wermutstropfen: »Die Behörden haben kein Interesse, die Sache an die große Glocke zu hängen. Da du nichts mit der Tötung dieses Katuschkes zu tun hast, lassen sie die Anklage wegen Urkunden- und Kunstfälschung fallen. Auch weil es keinen Kläger gibt. Die Geschädigten, in diesem Fall die betrogenen Maler, werden ihrerseits keine Möglichkeit dazu haben. Und die Behörden wiederum haben kein Interesse an einem Prozess um gefälschte Kunstwerke von in Deutschland verbotenen oder emigrierten Künstlern. Macht sich auch nicht gut, wenn sich eine der bekanntesten Galerien hierzulande, und damit Niewarth höchstpersönlich, an dieser undeutschen Kunst bereichert!«
»Und wo bleibt nun der Wermutstropfen?«
»Weil du Ausländer bist, hast du die Auflage, Deutschland binnen der nächsten zwei Wochen zu verlassen. Ich selbst habe die Aufgabe, dies zu veranlassen und dich in den Zug zu setzen. Nun, wohin wirst du reisen?«
»Ich denke, ich gehe zurück nach Venedig. Wenn ich Glück habe, ist mein Atelier noch nicht vermietet.«
Eduard schwenkte von dem amtlichen Ton zurück auf einen privaten. »Es ist jammerschade,
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